COP27: Kontroverse Klimaschutz-Offensive der USA spaltet die Meinungen
Es ist eines der großen Ziele der UN-Klimakonferenz COP27, die aktuell in Ägypten über die Bühne geht: die Entschädigung der ärmeren Länder dieses Planeten, oft im globalen Süden angesiedelt, für die Schäden, die die Emissionen der nördlichen Industrieländer angerichtet haben. Dazu wurde bereits 2020 versprochen, dass die reichen Länder pro Jahr 100 Milliarden Dollar bezahlen – nur waren es bisher bloß etwa 83 Milliarden Dollar, die Entwicklungsländer insbesondere in Afrika, die so genannten „am wenigsten entwickelten Länder“ (Least Developed Countries; LDCs) und die SIDS (Small Island Development States) bekommen haben.
Nun gibt es einen neuen Plan des US-Präsidenten Joe Biden und seines Klimabeauftragten John Kerry, der nun auf der COP27 viel diskutiert wird. Die US-Klimaschutzoffensive soll im Rahmen der Klimakonferenz noch offiziell vorgestellt werden, aber erste Details sind via Financial Times und Reuters bereits durchgesickert. Der Plan sieht vor, dass die größten Unternehmen der Welt Geld zur Verfügung stellen sollen, um den Entwicklungsländern bei der Verringerung ihres Verbrauchs an fossilen Brennstoffen zu unterstützen – ergo den Umstieg auf erneuerbare Energiequellen mitfinanzieren sollen.
Reduzieren geht über Kompensieren
Dutzende Milliarden Dollar sollen so eingesammelt werden, um die Klimakatastrophe vielleicht doch noch in den Griff zu bekommen. Denn was die COP27 auch zeigt: Es steht nicht mehr nur die Erreichung des 1,5-Grad-Ziels im Vordergrund, viele scheinen sich mit dramatischen Auswirkungen des Klimawandels abgefunden zu haben. Deswegen geht es auch verstärkt um „Climate Adapation“ – also Wege und Lösungen, um sich mit Folgen wie Dürren, Überflutungen, Hungersnäte und Waldbränden zu arrangieren. „Wir sind auf dem Highway zur Klimahölle – mit dem Fuß auf dem Gaspedal“, sagte UN-Generalsekretär António Guterres am Montag im Rahmen der Konferenz in Anwesenheit von vor mehr als 110 Staats- und Regierungschefs in Scharm el-Sheich. „Wir kämpfen den Kampf unseres Lebens und sind dabei, ihn zu verlieren.“
Diese Milliarden, die Unternehmen den USA zufolge in den weniger entwickelten Ländern der Welt investieren sollen, sind aber kontrovers. Denn in dem Plan ist auch vorgesehen, dass diese Unternehmen ihre eigene Klimabilanz durch die grünen Investitionen aufbessern können. Es soll ein neuer Markt für CO2-Zertifikate entstehen, und zwar im großen Maßstab. Eine Firma in Europa, die eine Solar-Farm in Afrika finanziert, könnte sich dann theoretisch die Carbon Credits für die dortige Reduktion von CO2-Emissionen gutschreiben. Zu Beginn soll das System freiwillig sein. Die Hoffnung ist, dass vor allem die schmutzigsten Unternehmen so einen Anreiz bekommen, mehr in erneuerbare Energien zu investieren.
Doch das CO2-Offsetting hat seine Tücken, hätte es doch die inhärente „Erlaubnis“ für Unternehmen etwa in Europa, vor Ort mehr Emissionen auszustoßen, weil sie ja im Süden in Erneuerbare investieren. Diese Art der Kompensation wird vor allem von Umweltschützer:innen kritisch gesehen, weil man so auch Gefahr läuft, dass eingesparte CO2-Mengen doppelt gerechnet werden. „Unternehmen müssen ihre Emissionen reduzieren, wenn wir die Pariser Klimaziele einhalten wollen, nicht kompensieren“, so etwa der EU-Klimapolitiker Michael Bloss von den Grünen, gegenüber dem Handelsblatt. „Anstatt auf ein freiwilliges Kreditsystem zu setzen, sollten die USA einen funktionierenden Emissionszertifikatehandel einführen.“
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