Ägypten

COP27: Nahtod-Erlebnis für das 1,5-Grad-Ziel auf der Klimakonferenz

Vertretung der Malediven auf der COP27. © UNclimatechange (CC BY-NC-SA 2.0)
Vertretung der Malediven auf der COP27. © UNclimatechange (CC BY-NC-SA 2.0)
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Bis in die Nach von Samstag auf Sonntag wurde sie verlängert – doch wirklich große, handfeste Ergebnisse gibt es keine. Auf der UN-Klimakonferenz COP27 im ägyptischen Sharm El Sheikh konnten sich die etwa 200 Teilnehmerländer am Ende doch noch zu einer gemeinsamen Abschlusserklärung durchringen. Ein großer Wurf sieht aber sicher anders aus.

Immerhin gibt es endlich – nach drei Jahrzehnten der Forderungen – endlich das Bekenntnis zu einem eigenen Ausgleichsfonds für ärmere Länder, aus dem Schäden und Verluste (Loss and Damages) bezahlt werden sollen. Gerade Länder des globalen Südens sind viel häufiger von Überschwemmungen, Hitzewellen, Waldbränden oder Dürren ausgeliefert als die Industrieländer des Nordens – und die haben sich nun dazu bekannt, für diese Schäden aufkommen zu wollen. Nur: Welche Länder wie viel in diesen Topf einzahlen sollen, diese Entscheidungen wurden auf später vertagt. Österreichs Klimaschutzministerin Leonore Gewessler hat bereits angekündigt, 50 Millionen Euro zu diesem Fonds beitragen zu wollen.

COP27: Eher „Highway zur Klimahölle“ als Ausstieg aus den Fossilen

„Symptombekämpfung statt Ursachenbekämpfung“

Dass es ein Bekenntnis zu diesem Ausgleichsfonds gibt, geht zuletzt auf Initiative der EU zurück, die damit drohte, andernfalls die Verhandlungen abzubrechen. Sie war zuerst zurückhaltend, letztendlich dann für den Ausgleichsfonds. Die G77 (eine Gruppe von mehr als 130 Entwicklungsländern) und China waren vehement dafür, die USA dagegen. Aus gutem Grund: Denn China mittlerweile die mittlerweile zweit größte Volkswirtschaft der Welt und größter CO2-Emittent, will sich weiter als Entwicklungsland einstufen lassen, so wie es im Kyoto-Protokoll vor 30 Jahren festgelegt wurde. Die USA hingegen will, dass China seine Finanzkraft einsetzt, um selbst in den Fonds einzuzahlen, anstatt Geld zu bekommen.

„Die Einigung auf einen Ausgleichsfonds für Schäden und Verluste ist ein historischer Meilenstein. Damit wird eine lange gehegte Forderung des Globalen Südens endlich erfüllt. Für die am stärksten von der Klimakrise betroffenen Menschen bedeutet dies nach langem Warten erstmals Hoffnung. Zu echter Klimagerechtigkeit ist es aber noch ein weiter Weg“, so Joachim Raich von der NGO Südwind. „Ohne intensivere Anstrengungen bei der Ursachenbekämpfung der Klimakrise bleibt diese Einigung allerdings Symptombekämpfung. Wenn wir unsere Emissionen nicht senken, wird dieser Fonds ansonsten zum ‚Fonds für das Ende der Welt'“, so WWF-Klimasprecher Thomas Zehetner.

Der große Wurf ist die COP27-Abschlusserklärung aber nicht nur wegen fehlender Details zu diesem Ausgleichsfonds, sondern wegen anderer Punkte, die vor allem Aktivist:innen und Klimaschützer:innen vermissen. Wie auch bereits auf der COP26 in Glasgow im Vorjahr findet sich in der Erklärung wieder kein Bekenntnis zum Ausstieg aus Öl und Gas, lediglich die Reduktion der Kohle wird wie im Vorjahr betont. „Das Ergebnis der Klimakonferenz ist ein Minimalkompromiss“, sagt Jasmin Duregger, Klima- und Energieexpertin bei Greenpeace in Österreich, die als Beobachterin die Verhandlungen in Ägypten vor Ort verfolgt hat. „Die Staatengemeinschaft ist einmal mehr davor zurückgeschreckt, den Teufel beim Namen zu nennen und das klare Ende von Öl und Gas einzuläuten.“ Länder wie Indien haben bereits auf den Ausstieg aus Gas und Öl plädiert.

COP27: Carbon Capture wird zum Feigenblatt der Fossilindustrie

Es sieht nach 2,7 Grad Erderwärmung aus

Ebenfalls hervorzuheben: In der Abschlusserklärung steht weiter, dass das Ziel der Begrenzung der globalen Erwärmung auf 1,5 Grad Celsius seit der vorindustriellen Zeit weiter verfolgt wird. Wie berichtet gab es bereits einen Entwurf, in dem drin stand, dass man streben solle, den Anstieg der globalen Durchschnittstemperatur auf deutlich unter 2 °C über dem vorindustriellen Niveau zu halten“. Aktuell sieht es danach aus, als würde die Welt auf eine Erwärmung um 2,7 Grad bis zum Jahr 2100 zusteuern.

Wie knapp die Angelegenheit war, verdeutlicht der Tweet von EU-Chefunterhändler Frans Timmermanns. Der twitterte noch am Samstag in drastischen Worten: „Die #COP27 ist in die Verlängerung gegangen. Die EU ist sich einig in ihrem Bestreben, voranzukommen und auf dem aufzubauen, was wir in Glasgow vereinbart haben. Unsere Botschaft an die Partner ist klar: Wir können nicht akzeptieren, dass das 1,5 °C-Ziel hier und heute stirbt.“ Beim WWF sieht man das drastischer: „Die Klimakonferenz in Scharm El-Scheich wird in die Geschichte eingehen: Als Moment, in dem das Erreichen des 1,5-Grad-Ziels aufgegeben wurde“, so WWF-Klimasprecher Thomas Zehetner. „Die auf der Klimakonferenz beschlossenen Emissions-Minderungen reichen nicht aus, um den globalen CO2-Ausstoß bis 2030 um die Hälfte zu reduzieren.“

Wir wollten das 1,5 Grad-Ziel erreichen. Derzeit sieht es eher nach 2,7 Grad aus.

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