Corporate Startups: Darauf müssen Gründerunternehmen achten
„Die meisten Unternehmen unterschätzen die Komplexität und den Ressourcenbedarf beim Aufbau neuer Corporate Startups“, sagt Philippe Thiltges, CEO des Corporate Company Builder WhatAVenture. Thiltges und sein Team haben in einer Studie untersucht, wie Corporate Startups Erfolg haben können und worauf Unternehmen bei der Gründung achten müssen. Dafür haben sie die im DACH Raum mehr als 40 Firmen befragt.
Radikale Ideen fallen oft durch
Bei Corporate Startups handelt es sich um Jungfirmen, die innerhalb bzw. durch den Ressourceneinsatz von etablierten Unternehmen entstehen. „Das ist vor allem dann sinnvoll, wenn ein Unternehmen an einer Geschäftsidee arbeitet, die nicht zum Kerngeschäft des etablierten Unternehmen passt und/oder unter einem Geschäftsmodell operiert, dass sich sehr stark von jenem des Mutterunternehmens unterscheidet“, erklärt Thiltges.
Laut der Studie entspringen in etwa die Hälfte der Corporate Startups aus Intrapreneurship Programmen und Ideenwettbewerben. Jedoch bieten nur wenige der Programme oder Wettbewerbe die notwendige Unterstützung, die eine radikale neue Geschäftsidee brauchen würde. Deswegen sei das Commitment vom Top-Management unumgänglich, um mit einem Corporate Startup erfolgreich zu sein.
Anhand der Studie konnte WhatAVenture sechs Erfolgsfaktoren für Corporate Startups identifizieren. Wichtig sei vor allem ein „unfairer Vorteil“, der für das Corporate Startup durch die Nutzung von strategisch relevanten Assets des Mutterkonzerns entsteht. Ohne einen unfairen Vorteil sollten Unternehmen die Gründung eines Corporate Startups gar nicht erst in Betracht ziehen. Denn sonst würden nur nur die unfairen Nachteile bleiben.
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Ausgründen oder in der Linie verankern?
43 Prozent der befragten Corporate Startups sind aktuell in der Innovationsabteilung angesiedelt. 18 Prozent sind in der Firmenlinie und ebenfalls 18 Prozent sind eigenständige Spin-Offs. „Das Ausgründen eines Corporate Startups ziehen die meisten Unternehmen viel zu spät in Erwägung, da eine Ausgründung auch den Erfolg oder Misserfolg eines Innovationsprojekts für alle Shareholder sichtbar macht. Somit tragen Manager ein größeres Risiko und müssen sich bei Misserfolg gegebenenfalls rechtfertigen“, beschreibt Thiltges das Problem.
Viel wichtiger jedoch als die Frage einer eigenen Rechtsidentität sei, dass jedes Corporate Startup sehr unabhängig und eigenständig agieren können muss. Das beginne bei der Vertragsgestaltung mit neuen Mitarbeitern, die nicht zwangsläufig demselben Karriere-Schema des Mutterkonzerns unterliegen sollten. Flexibilität sei auch bei der Rechnungslegung bis hin zu Einkaufsprozessen wichtig. Ein Jungunternehmen müsse sehr schnell agieren können, während Großunternehmen ihre Prozesse auf Effizienz getrimmt haben. Hier sei das Abweichen von diesen Prozessen nur schwer möglich.
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„Keine Null-Toleranz-Politik bei Fehlern“
„Einige Branchen haben eine Null-Toleranz-Politik bei Fehlern. Das funktioniert aber bei Startups nicht, da zu Beginn sehr viel Unsicherheit existiert, die durch schrittweises Lernen und Experimentieren reduziert werden muss. Nur so entstehen innovative Unternehmen“, so Thiltges. Deswegen seien auch die frühen Entscheidungen über ausreichend Budget und das Vertrauen der Stakeholder in die Gründer des Corporate Startups wichtig. Nur so könnten sie das Budget auch weise einsetzen.
Unerlässlich sei auch ein gutes Team aus unternehmerischen Persönlichkeiten. „Die meisten Teams in Corporate Startups finden sich zufällig, zum Beispiel im Rahmen eines Ideenwettbewerbs oder eines Intrapreneurship Programms. Doch hinterfragt nachher niemand mehr, ob die Team-Zusammensetzung auch zu den Bedürfnissen des Startups passt“, erläutert Thiltges. Dieses Phänomen trete bei Corporate Startups häufig auf.
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Incentivierung der Gründer entscheidend
Unternehmen sollten früh mit den Personen sprechen, die ein Innovationsprojekt starten. Wichtig sei dabei, ob sie sich selbst in der Rolle von Gründern sehen. Denn mit der Rolle komme meistens auch die Notwendigkeit von Arbeitswochen jenseits der 50-Stundenwoche. Viele Mitarbeiter wollen ihre aktuelle Position gar nicht permanent verlassen. Sie hätten nur kurz- bis mittelfristig Interesse daran, ein neues Projekt voranzutreiben. Die Lösung für diese Situation sei die Suche nach einem Gründer, der zu einem späteren Zeitpunkt das Ruder im Corporate Startup übernehmen kann.
Ein überraschendes Ergebnis der Studie war laut WhatAventure, dass bei kaum einem Corporate Startup die Gründer signifikante Anteile des Spin-Offs hielten. Die Motivation für die Mitarbeit war vielmehr intrinsischer Natur und durch etwaige Besserstellung durch einen neuen Vertrag in dem Corporate Startup.