Interview

Sind die neuen Crowdfunding-Regeln der EU ein großer Wurf, Daniel Horak?

Daniel Horak, Mitgründer und Geschäftsführer von Conda. © startup300
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Den Pool potenzieller Investoren für Startups, Innovatoren und kleine Unternehmen vergrößern und Investoren eine größere Auswahl an Projekten sowie besseren Schutz bieten: Die EU hat sich endlich, nach Jahren der Debatte, zu neuen Regeln für Crowdfunding in den Mitgliedstaaten durchgerungen. War zuvor befürchtet worden, dass eine Obergrenze von nur einer Million Euro eingezogen wird, sind es nun fünf Millionen Euro. Zudem soll es einfacher werden, in mehreren Ländern gleichzeitig Schwarmfinanzierungen zu machen (Trending Topics berichtete).

Ist das ein großer Wurf, oder steckt der Teufel im Detail? Im Interview spricht Daniel Horak, Mitgründer und Geschäftsführer der österreichischen Crowdinvesting-Plattform Conda, über die neuen Chancen und Einschränkungen und was das alles mit Finanzbildung und der Corona-Krise zu tun hat.

Trending Topics: Das EU-Parlament hat neue Regeln abgesegnet, die Crowdfunding-Kampagnen EU-weit bis zu fünf Millionen Euro möglich machen sollen. Ist das erst mal eine gute Nachricht? Ein großer Wurf?

Daniel Horak: Diese Initiative läuft nun seit Jahren und generell begrüßen wir natürlich, dass es auch auf EU-Ebenen nun eine Vereinheitlichung gibt – es zeigt auch, dass die EU sieht, dass das Thema Crowdinvesting immer wichtiger wird und daher auch breitere Akzeptanz erfährt. Wenn man sich diese neue Regelung genauer ansieht, dann liegen Chancen und Herausforderungen im Detail, denn es handelt sich hierbei um eine neue Regelung welche ergänzend zu bestehenden, nationalen Gesetzen etabliert werden soll. Neben dem höheren Rahmen von 5 Millionen Euro wird es auch möglich für Plattformen, weitere Instrumente wie etwa Wertpapiere zu nutzen – dies eröffnet natürlich neue Chancen.

Was ändert sich dadurch zum derzeitigen Ist-Zustand aus österreichischer Sicht? Kann man nun einfacher mehr Geld einsammeln, oder gibt es Stolpersteine?

Zunächst ändert sich einmal gar nichts, denn die Modelle, die es heute in Österreich gibt, sind weiter erlaubt und möglich, d.h. es bleibt abzuwarten, welche Plattformen sich freiwillig der neuen ECSP-Lizenz „unterwerfen“ werden. Wie erwähnt handelt es sich hier quasi um ein Opt-in, d.h. ich muss mich beim Regulator in Österreich, der FMA, aktiv für eine solche Lizenz bewerben. Mit dieser sind gewisse Erfordernisse verbunden, die ich dann als Plattformbetreiber einhalten muss. Es ist also nicht so, dass man „einfach“ mehr Geld einsammeln darf, sondern zuerst muss ich überhaupt diese neue Lizenz erwerben – dies ist ähnlich zu anderen regulierten Bereichen wie etwa die für Wertpapierdienstleistungsunternehmen.

Bisher gibt es in Österreich die komplizierte Konstruktion von Nachrangdarlehen. Wird es künftig möglich sein, dass sich Crowd-Investoren wirklich echte Shares an einem Startup via Crowdinvesting kaufen können?

Die ECSP-Regelung definierten einen Rahmen, in welchem geregelt wird, wie Plattformen zu informieren und agieren haben, welche Instrumente vermittelt werden dürfen, etc. – unabhängig davon bleibt das nationale Gesellschaftsrecht unberührt. Wenn ich jetzt einen Notar brauche, um GmbH-Anteile in Österreich zu zeichnen, dann werde ich diesen auch später hinzuziehen müssen. Das Nachrangdarlehen wird vor allem deshalb genutzt, weil es europaweit bekannt ist und relativ flexibel adaptierbar und somit nutzbar um Eigenkapital nahe bzw. Mezzanine-Beteiligungsstrukturen abzubilden.

Uns als Plattform wäre es natürlich lieber, hier echtes Eigenkapital anzubieten, doch im aktuellen rechtlichen Rahmen ist dies kaum möglich. Dies sieht man ja auch in der aktuellen Diskussion zum Thema „Austrian Limited“. Egal ob Adaption bestehender Gesellschaftsformen wie AG oder GmbH bzw. Schaffung einer neuen Rechtsform – das Thema Crowdinvesting sollte hier jedenfalls mit betrachtet werden, d.h. elektronische Zeichnung, kein Notariatsakt, einfache Übertragbarkeit, verschiedene Anteilsklassen, etc.

Um Investoren zu schützen, soll es künftig ein verpflichtendes Basisinformationsblatt geben. Was muss da drinnen stehen? Was ist der Unterschied zum Kapitalmarktprospekt?

Es gibt ja in Österreich bereits jetzt schon ein verpflichtendes Informationsblatt, welches im Rahmen von Crowdinvesting-Projekten genutzt wird, es ändert sich hier daher nicht viel. Aktueller Stand ist, dass das ECSP-Basisinformationsblatt etwas mehr Inhalte fordert wie das AltfG-Infoblatt – und somit einen Standard europaweit schaffen soll, welche Informationen InvestorInnen erhalten, um eine Investitionsentscheidung zu treffen. Das ist sicherlich sinnvoll und es wird sich in der Praxis weißen, ob die geforderten Informationen auch tatsächlich eruierbar und nutzbar sind.

Wie könnten sich die Regeln auf die Player am Markt auswirken? Müssen sich kleine, nationale Player nun auf internationale Player gefasst machen?

Aktuell ist hier noch nicht wirklich abschätzbar, wie sich die Regulierung auswirken wird, denn wie gesagt ist noch nicht abzusehen, welche Plattformen die neue Lizenz nutzen werden. Wie erwähnt bleibt das Thema der Gesellschaftsform etwas sehr Regionales und wir sehen auch aufgrund der Daten, dass Investments oftmals sehr lokal angesiedelt sind. Wie so oft wird es darauf ankommen was der Markt aus den Chancen und Herausforderungen macht und in wie weit wir auch in Kontinentaleuropa an die Größenordnungen von UK anschließen können, denn aktuell ist dies der mit Abstand beherrschende Markt. Ich glaube per se, dass es nicht nur ein Regulierungsthema ist, sondern auch ein kulturelles Thema.

So lange das Thema Finanzbildung weiter ein Nischenthema bleibt und das Sparbuch die beliebteste Anlageform, werden wir die Nadel nicht wirklich bewegen können. Gerade in der aktuellen Krise haben wir aber gesehen, wie wichtig Eigenkapital für Unternehmen ist, um hier auch durch Herausforderungen hindurch zu kommen, und bin daher guter Dinge, dass das Thema Crowdinvesting nach wie vor enormes Potential hat.

Die EU will mit MiCA (Markets in Crypto-Assets) auch neue Regeln für Token-Sales von Firmen. Passt das mit den Crowdfunding-Regeln zusammen?

Ehrlichweise sehen wir uns dies gerade an bzw. sind im Austausch mit Vertretern in Österreich und Deutschland, um die tatsächlichen Auswirkungen einschätzen zu können. Unsere aktuelle Analyse zeigt schon, dass hier gewisse Bereich auch für Crowdinvesting-Plattformen relevant ist. Wie so oft gilt es hier jedoch, jetzt die unterschiedlichen Abhängigkeiten und Details herauszuarbeiten und gegebenenfalls Adaptionen zu fordern.

Disclaimer: Conda ist eine Tochter der startup300 AG, die ein Investor von Trending Topics ist.

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