Das Geld von Vielen

Crowdfunding: Rechtsanwältin warnt vor Steuerfallen und „hohen finanziellen Belastungen“ für Start-ups

Wohin fließen die Moneten? © Fotolia/alphaspirit
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„Was hier passiert, ist die schö­pferische Zerstörung im Schumpeter’schen Sinne. Die Masse übernimmt die Funktion einer Bank, weil diese aufgrund der Restriktionen durch Basel II und III ihren Kernaufgaben nicht mehr nachkommen kann. Und auf der anderen Seite gibt es eben Kleinanleger, die ihr Geld nicht nur aufs Sparbuch legen oder in Immobilien stecken wollen.“ So ­erklärt der österreichische Jungunternehmer Julian Juen den aktuellen Boom von Crowd­investing in Österreich, der durch das neue Alternativfinanzierungsgesetz (AltFG, in Kraft seit 1. September) zusätzlich angefeuert wurde.

Juen (hier im ausführlichen Interview) ist einer der Nutznießer des Trends: Seine Firma Kaahée, die 2014 einen Anti-Hangover-Drink auf den Markt gebracht hat, hat über die österreichische Crowdinvesting-Plattform Conda als erstes Projekt mehr als eine Million Euro gesammelt. Knapp 1.000 Personen haben bei Kaahée Beträge zwischen 300 und 5.000 Euro eingezahlt. Anders als man vielleicht vermuten würde, sind die Crowdinvestoren nicht zu Firmenteilhabern geworden, sondern haben Kaahée ein Darlehen gegeben.

„Das Ganze nennt sich Equity-based Crowdinvesting, rechtlich gesehen ist es ein erfolgsabhängiges Nachrangdarlehen. Sie bekommen einen Basiszinssatz von 4,5 Prozent auf das investierte Kapital, und nach Laufzeitende bekommt man außerdem einen Wertsteigerungsbonus. Aufgrund dieses Wertsteigerungsbonus ist es vergleichbar mit einer Equity-Beteiligung“, so Juen. „Die Crowdinvestoren profitieren also vom Unternehmenserfolg, fairerweise muss man aber auch sagen, dass sie das Risiko mittragen.“

„Zinsen nicht den Banken, sondern den Fans zahlen“

Noch ist Crowdfunding in seinen vielen verschiedenen Spielarten ein zartes Pflänzchen – jedoch eines, das schnell größer wird. Der Wirtschaftskammer zufolge werden 2015 etwa sieben Millionen Euro in Österreich in Crowdinvesting-Projekte gesteckt, ein Vielfaches mehr als noch 2013 – damals waren es nur 600.000 Euro. Welche Dimensionen das Phänomen Crowdfunding ganz generell annehmen kann, zeigt die New Yorker Internet-Plattform Kickstarter, die seit Juni 2015 auch offiziell für Österreicher verfügbar ist und kein Investing anbietet, sondern ihre User mit Gegenleistungen in Form von Produkten oder Dankeschöns lockt. Sie hat bis dato dafür gesorgt, dass mehr als zwei Milliarden US-Dollar von Privatpersonen in rund 97.000 erfolgreich finanzierte Projekte gesteckt wurden (bei Kickstarter handelt es sich um so genanntes „Redwards-based Crowdfunding“). Zu den bekanntesten finanzierten Projekten zählen die Virtual-Reality-Brille „Oculus Rift“, die Facebook um zwei Millarden US-Dollar aufkaufte, oder die Smartwatch Pebble, die dank der Crowd lange vor der Apple Watch auf den Markt kam.

In Österreich ist vor allem die Plattform Conda eine treibende Kraft. Seit ihrem Start Anfang 2013 hat Conda dafür gesorgt, dass 39 Projekte mit insgesamt 5,32 Millionen Euro erfolgreich finanziert wurden. Selbstfahrende Traktoren, kalorienarmes Bier oder eben ein Anti-Hangover-Drink – bis jetzt haben es eher ausgefallene Nischenprodukte via Conda zum Durchbruch geschafft. Doch ein gänzlich neues Projekt schickt sich derzeit an, die Crowdinvesting-Idee in die breite Masse zu tragen: Niemand anderes als der Traditionsclub SK Rapid hat auf Conda eine Kampagne gestartet – mit dem Ziel, bis zu drei Millionen Euro von Fans für den Bau des neuen Allianz-Stadions in Hütteldorf aufzustellen. Nach nur ­einer Woche hat man die Eine-Million-Euro-Grenze durchbrochen (TrendingTopics.at berichtete).

„Ziel dabei ist es, die Zinsen für die Kredite nicht den Banken, sondern unseren Fans und Mitgliedern zu zahlen“, so Rapid-Präsident Michael Krammer (hier im großen Interview). Wie auch bei Kaahée geben Crowd-Investoren dem Fußballclub ein nachrangiges Darlehen mit einer Laufzeit von wahlweise fünf, sieben oder neun Jahren. Sie bekommen den Betrag samt jährlichen Basiszinsen (je nach Laufzeit zwei, zweieinhalb oder drei Prozent) zurück und erhalten optional Bonuszinsen, die vom sportlichen Erfolg des SK Rapid im Rahmen der UEFA Champions League und der UEFA Europa League abhängig sind.

Warnung vor Steuerfallen

Die in- und ausländischen Erfolgsbeispiele haben das Crowd-Konzept populär gemacht. Vor allem für Jungfirmen, die in irgendeiner Form Produkte herstellen und verkaufen wollen (siehe Beispiele rechts), haben sich Kickstarter oder Indiegogo zu jenen Plattformen entwickelt, über die man den Markt abtestet und versucht, für die Produktion der ersten Charge genügend Kapital aufzustellen. Doch Vorsicht ist beim Umgang mit dem Geld geboten, das die Crowd gibt.

Wie die Rechtsanwältin Anna Wieser, tätig bei CMS Reich-Rohrwig Hainz Rechtsanwälte in Wien, warnt, sind bei den verschiedenen Varianten von Crowdfunding auch unterschiedliche Steuern fällig. „Hinter den verschiedenen Crowdfunding-Modellen verbergen sich viele steuerliche Fallstricke, die im schlimmsten Fall zu hohen finanziellen Belastungen für junge Unternehmen führen und Crowdfunding-Erlöse empfindlich mindern können“, so Wieser. Sie hat TrendingTopics.at untenstehenden Text, der die vier Grundmodelle von Crowdfunding hinsichtlich Steuerfallen behandelt, zur Verfügung gestellt:

1. Donation-based Crowdfunding

Beispiele: www.crowdfunding.at, www.respekt.net

Bei diesem Modell leisten Investoren finanzielle Zuwendungen ohne eine Gegenleistung zu erhalten bzw. gegen eine nur geringfügige (ideelle) Gegenleistung (zB. Nennung der Geldgeber auf der Projekt-Website). Es dient typischerweise kreativen, kulturellen oder karitativen Projekten zur Beschaffung der für die Realisierung erforderlichen finanziellen Mittel.

Wie der Name bereits vermuten lässt, verbirgt sich hinter dem Donation-based Crowdfunding eine unentgeltliche Zuwendung, die – sofern es sich beim Projektbetreiber um einen spendenbegünstigten Empfänger handelt – eine Spende im Sinne des Steuerrechts darstellen kann. Diesfalls sind die Zahlungen beim Geldgeber betraglich begrenzt als Betriebsausgaben (bei Leistung aus dem Betriebsvermögen) bzw. als Sonderausgaben (wenn aus dem Privatvermögen geleistet) abzugsfähig. Unentgeltliche Zuwendungen an andere als die zuvor genannten Empfänger sind als Schenkungen zu qualifizieren und als solche für die Investoren steuerlich nicht absetzbar.

Für den Projektbetreiber als Kapitalnehmer gilt, dass die beim Donation-based Crowdfunding zur Verfügung gestellten Gelder als Betriebseinnahmen zu versteuern sind, da sie typischerweise in Hinblick auf eine unternehmerische Tätigkeit gesammelt werden. Das gilt in der Regel auch für Freiberufler, Musiker und Autoren, etc., die aus ertragsteuerlicher Sicht ebenso als Unternehmer zu qualifizieren sind, wenn sie beabsichtigen Gewinne zu erzielen. Sofern das Projekt außerhalb des Betriebszweckes liegt, handelt es sich bei der Zahlung um eine Schenkung, die steuerfrei, jedoch ab einer Wertgrenze von EUR 15.000 dem Finanzamt anzuzeigen ist.

Spenden und Schenkungen unterliegen weder auf Kapitalgeber- noch auf Kapitalnehmerseite der Umsatzsteuer, da vom Projektbetreiber keine der Umsatzsteuer unterliegenden Lieferungen oder sonstigen Leistungen erbracht werden.

2. Rewards-based Crowdfunding

Beispiele: www.kickstarter.com, www.indiegogo.com, www.wemakeit.com, www.startnext.com

Viele Unternehmen nutzen Crowdfunding-Plattformen, um das für die Entwicklung bzw. die Serienfertigung ihrer Produkte notwendige Kapital zu beschaffen. Geldgeber erhalten, in Abhängigkeit von der Höhe des zur Verfügung gestellten Betrages, zu einem späteren Zeitpunkt verschiedene Produkte nach deren Herstellung oder eine (Werbe-)Leistung vom Projektbetreiber.

Rechtlich ist diese Variante als Vorfinanzierung bzw. Kauf mit Lieferfrist und im Fall der Erbringung einer Werbeleistung, bei entsprechender Breitenwirkung, als Sponsoring zu qualifizieren. Werbeleistungen, die der Projektbetreiber anbieten kann, sind etwa die Platzierung des Firmenlogos des Sponsors in Katalogen oder Presseaussendungen, die Nennung des Sponsors im Nachspann eines Films, in öffentlichen Reden, auf Pressekonferenzen oder auch auf Werbeflächen im Bereich von Veranstaltungen.

Steuerlich generiert der Projektbetreiber Betriebseinnahmen, die bei Kapitalgesellschaften der Körperschaftssteuer und bei Einzelunternehmen oder Personengesellschaften der Einkommensteuer unterliegen. Umgekehrt ist die Zahlung für den unternehmerisch tätigen Kapitalgeber als gewinnmindernde und damit steuerreduzierende Betriebsausgabe zu werten, sofern die erhaltene Gegenleistung (Produkt oder Werbeleistung) einen angemessenen Wert besitzt.

Für Zwecke der Umsatzsteuer reicht es bereits aus, dass eine nachhaltige Tätigkeit zur Erzielung von Einnahmen betrieben wird. Im Gegensatz zur Einkommensteuer kommt es auf eine Gewinnerzielungsabsicht nicht weiter an. Im Rahmen des Rewards-based Crowdfunding bezahlte Beträge unterliegen der Umsatzsteuer, die in der Kalkulation des Projektbetreibers zu berücksichtigen ist (in der Regel 20%, für bestimmte Lieferungen und sonstige Leistungen, etwa Bücher oder Kunstgegenstände, gelten ab 01.01.2016 ermäßigte Steuersätze von 10% bzw. 13%). Umgekehrt ist der unternehmerisch tätige Kapitalnehmer auch zum Vorsteuerabzug berechtigt.

Kleinunternehmer mit Umsätzen bis höchstens 30.000 Euro pro Jahr sind grundsätzlich von der Umsatzsteuer befreit. Allerdings entfällt damit auch das Recht auf Vorsteuerabzug.

3. Equity-based Crowdfunding (a.k.a. Crowdinvesting)

Beispiele: www.conda.eu, www.greenrocket.com, www.1000x.1000.at

Steuerlich abweichend von den vorstehenden Modellen ist das Equity-based Crowdfunding zu beurteilen, bei dem die Kapitalgeber für ihr Investment Anteile an Start-ups (etwa infolge einer Kapitalerhöhung) erwerben oder über (Substanz-) Genussrechtsbeteiligungen am Gewinn sowie an Unternehmenswertsteigerungen bzw. am Liquidationserlös partizipieren.

Die Ausgabe von Gesellschaftsanteilen im Wege einer Kapitalerhöhung sowie auch die Begebung von Genussscheinkapital stellen für das Start-up einen steuerneutralen Vorgang dar, d.h. es fällt keine Einkommensteuer an. Umgekehrt sind die laufenden Dividendenausschüttungen bzw. Gewinnbeteiligungen für das Start-up auch nicht abzugsfähig.

Aus Sicht des Investors handelt es sich bei Dividenden um Einkünfte aus dem Kapitalvermögen, die mit der Kapitalertragsteuer in Höhe von 25%  (bzw. 27,5% ab dem 01.01.2016) endbesteuert sind. Gleiches gilt für einen allfälligen Gewinn aus der Veräußerung des Anteils des Investors an einer Kapitalgesellschaft (Start-up). Umsatzsteuer fällt weder im Zuge der Beteiligung am Start-up noch beim Bezug von Dividendenzahlungen oder bei der Anteilsveräußerung an.

4. Peer-to-Peer Crowdfunding (auch: Lending-based Crowdfunding)

Beispiele: www.dasertragreich.at, Causa Heinrich Staudinger

Eine in Österreich zuletzt für Immobilien-Crowdfunding mehrfach gewählte Finanzierungsform besteht in der Gewährung einer großen Zahl an (Mikro)-Darlehen seitens der Geldgeber an den Projektbetreiber. Beim sogenannten Peer-to-Peer (oder auch Debt-based) Crowdfunding erhält der Investor nach einer bestimmten Laufzeit den zur Verfügung gestellten Betrag samt Zinsen wieder zurück.

Im Regelfall der Gewährung von privaten Darlehen sind die Zinsen aus Sicht der Geldgeber mit dem Normalsteuersatz, gemeinsam mit dem restlichen Einkommen, als Einkünfte aus dem Kapitalvermögen zu versteuern. Auf Seiten des Kapitalnehmers besteht die Möglichkeit, die Zinsen als Betriebsausgaben von der Einkommen- bzw. Körperschaftsteuer abzusetzen, wenn die Darlehensfinanzierung durch den Betrieb des Projektes veranlasst ist. Bei der Gewährung von Darlehen fällt keine Umsatzsteuer an.

Update: Die Crowdinvesting-Plattform Conda.eu hat TrendingTopics.at eine nähere Erläuterung zukommen lassen, welche Steuern konkret auf ihrer Plattform zu berücksichtigen sind:

„Alle aktuellen CONDA Crowdinvesting-Projekten (=equity-based Crowdfunding), werden seit Ende 2014 über das Beteilligungsmodell „Nachrangdarlehen“ (qualifiziertes partiarisches Nachrangdarlehen) abgewickelt. Im Allgemeinen sind beim Nachrangdarlehen die Ausschüttungen   (jährliche Zinsen bzw. Unternehmenswertbeteiligung am Ende der Laufzeit) nicht endbesteuert (Keine KEST Besteuerung) sondern sind durch den österreichischen Investor im Rahmen der Einkommenssteuererklärung selbständig anzugeben. Im Idealfall, sofern der Steuer-Freibetrag von EUR 730,— (bei unselbstständig Beschäftigten) nicht ausgeschöpft wird, sind die Ausschüttungen damit sogar steuerfrei.“

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