Analyse

Das CO2-Problem von Bitcoin kann man leider nach Belieben klein oder groß reden

ASICs-Mining-Rigs von HydroMiner. © Jakob Steinschaden
ASICs-Mining-Rigs von HydroMiner. © Jakob Steinschaden
Startup Interviewer: Gib uns dein erstes AI Interview Startup Interviewer: Gib uns dein erstes AI Interview

Bitcoin verbraucht so viel Energie wie alle anderen Rechenzentren der Welt zusammen, lässt die Ozeane verdampfen und stößt so viel Emissionen aus wie ganz London: Wer sich mit dem Energiehunger der größten Kryptowährung der Welt auseinandersetzt, der wird viele Vergleiche finden. Und was man auch bemerkt: Wer Bitcoin-Afficionados auf den Energieverbrauch und die damit einhergehende CO2-Produktion anspricht, bekommt gleich Vergleiche zum Energiehunger von Gold, Fiatwährungen und dem gesamten Bankensystem vor den Latz geknallt.

Wie sieht die Welt von Bitcoin, Ethereum und dem Energieverbrauch beim Mining also aus? Es gibt viele Antworten.

Die Zahlen von Digiconomist

Wenn man zeigen will, wie groß der Energiehunger der Mining-Prozess von Krypto-Assets ist, dann schaut man beim Digiconomist-Blog von Alex de Vries vorbei. Dort wird der Stromverbrauch der Mining-Rigs von Bitcoin und Ethereum auf Basis verschiedener Faktoren (Stromkosten, Stromverbrauch der ASICS-Miner, Rewards für Miner, etc.) geschätzt und mit jenem von ganzen Ländern verglichen. So erfährt man etwa:

  • Bitcoin hat einen jährlichen CO2-Fußabdruck so groß wie Finnland (46,2 Mt CO2)
  • Bitcoin hat einen jährlichen Stromverbrauch so groß wie Kasachstan (97,26 TWh)
  • Bitcoin verursacht so viel Elektroschrott pro Jahr wie Luxemburg (11,1 Tonnen)
  • Eine Ethereum-Transaktion entspricht dem CO2-Fußabdruck von 76.752 Visa-Transaktionen (34,63 kg CO2)

Für Ethereum kann man folgendes herausfinden:

  • Ethereum hat einen jährlichen Stromverbrauch so groß wie Kasachstan (34,35 TWh)
  • Ethereum hat einen jährlichen CO2-Fußabdruck so groß wie Litauen (16,32 Mt CO2)
  • Eine Ethereum-Transaktion entspricht dem CO2-Fußabdruck von 76.752 Visa-Transaktionen (34,63 kg CO2)

Weil die Zahlen von Alex de Vries nur auf Schätzungen beruhen und und er annimmt, dass 70 Prozent des Bitcoin-Minings in China stattfindet und 30 Prozent des Minings mit komplett sauberer Energie durchgeführt wird, werden sie gerne kritisiert. Denn es gibt andere Analysen, die zeigen, dass der Anteil an erneuerbarer Energie, die kein oder weniger CO2 verursacht, beim Bitcoin-Mining größer ist als die 30 Prozent.

Die Cambridge-Studie

Der Cambridge Bitcoin Electricity Consumption Index (CBECI) wurde ursprünglich von Marc Bevand entwickelt. Der CBECI berechnet ebenfalls auf Basis von durchschnittlichen Energiekosten jenes Stroms, den die Miner verbrauchen. Daraus ergibt sich eine (durchaus große) Bandbreite an Schätzungen, wie viel Bitcoin pro Jahr an Energie verbraucht.

  • Theoretische Untergrenze: 44,97 TWh
  • Theoretische Obergrenze: 494,21 TWh
  • Durchschnittlicher Schätzwert: 143,67 TWh

Diese knapp 144 Terrawattstunden pro Jahr sind doch deutlich mehr als jene 97 TWh, auf die Alex de Vries von Digiconomist kommt. In Cambridge traut man sich übrigens anders als de Vries nicht, den CO2-Fußabdruck von Bitcoin zu berechnen. Dazu will man zuerst die Standorte der Bitcoin-Mining-Anlagen weltweit erfassen, dann den dort verwendeten Strommix erheben, und erst dann einigermaßen verlässlich Aussagen über den CO2-Impact von BTC treffen. Seitens dem Cambridge-Projekt heißt es nämlich auch, dass es Schätzungen zum Anteil erneuerbarer Energien beim Bitcoin-Mining gibt, die von 20 Prozent bis 70 Prozent reichen. Offenbar weiß es also niemand genau, wie es wirklich ist.

Am Ende ist Bitcoin eine Glaubensfrage

Die Coinshares-Analyse

Wer gerne optimistisch ist und Bitcoin eine möglichst Umweltbelastung nachsagen möchte, der bedient sich dem Report Bitcoin Mining Network der beiden Autoren Christopher Bendiksen und Samuel Gibbons von CoinShares Research. Dieser stammt aus dem Jahr 2019 und kommt mit folgender zentralen Zahl daher:

  • „Wir schätzen den Anteil erneuerbarer Energien am Energiemix, der das Bitcoin-Mining-Netzwerk versorgt, auf 73 Prozent.“ (das sind die 70 Prozent am oberen Ende jener Skala, auf die man sich in Cambridge bezieht)
  • Im Dezember 2019 wurde der jährliche Energieverbrauch des Bitcoin-Netzwerks auf 61 TWh geschätzt (das ist auch mehr als zwei Jahre her und deutlich weniger als die 144 Terrawattstunden pro Jahr von Cambridge und die 97 TWh von Digiconomist)
  • CoinShares Research bietet aber keine Schätzung zum CO2-Fußabdruck von Bitcoin

Zu CoinShares muss man wissen: Das Unternehmen bietet ETPs (Exchange Traded Products) zu Bitcoin, Ethereum und Litecoin institutionellen Investoren an und ist jetzt nicht unbedingt ein Player, den man als komplett unabhängig bezeichnen würde – immerhin verdient es ja unter anderem mit BTC und ETH sein Geld.

Die Zahlen von Dan Held & ARK Investment

Wenn wir bei CoinShares schon bei Investoren aus der Krypto-Industrie sind, dann dürfen wir nicht ARK Investment rund um Investorin und CEO Kathie Wood vergessen. Sie gilt in Sachen Bitcoin als extrem „bullish“ und wird gerne zitiert, wenn es darum geht, neue Kurshöhen von BTC vorherzusagen. ARK Investment hat sich zuletzt auch ins Rennen geworfen, um „verbreitete Bitcoin Mythen“ zu entlarven. Mit dabei: Bitcoin-Mining würde ja gar nicht so viel Energie vergeuden wie immer behauptet wird.

ARK Investment bezieht sich auf Zahlen von Dan Held (das ist der Growth- a.k.a. Marketing-Chef der Krypto-Börse Kraken) und sagt:

  • Bitcoin Mining verbraucht pro Jahr 183 Millionen Gigajoule (= 50,8 TWh)
  • Das Bankensystem benötigt pro Jahr 2.340 Millionen Gigajoule (= 650 TWh)
  • Goldschürfen benötigt pro Jahr 450 Millionen Gigajoule (= 125 TWh)

Damit soll unterstrichen werden, dass Bitcoin viel effizienter als sowohl das weltweite Bankensystem als auch die Produktion von Gold ist. Die angenommenen etwa 51 TWh pro Jahr, die das Bitcoin-Netzwerk braucht, liegen noch einmal niedriger als die 61 TWh von CoinShares, die 144 TWh pro Jahr von Cambridge und die 97 TWh von Digiconomist. Wie viel der Energie aus erneuerbaren Quellen wie Solar, Wind oder Wasser stammen, geht aus den Berechnungen auch nicht hervor.

Conclusio

Wie man sieht, kann man Belege für alles zwischen 45 und 494 Terrawattstunden Stromverbrauch pro Jahr finden, den das Bitcoin-Netzwerk verursachen könnte. Und man kann auch Annahmen für alles zwischen einem Anteil an erneuerbaren Energien im Strommix zwischen 20 und 70 Prozent beim BTC-Mining finden. Die Bandbreite ist also enorm groß. Solange man aber nicht weiß, wo Bitcoin nun genau gemined wird, welche Rechner genau zum Einsatz kommen und wie der verwendete Strom für die Mining-Hardware genau produziert wird, wird man weiter im Dunkeln tappen.

CO2-Pooling: Teslas Milliardengeschäft mit anderen Automarken

Werbung
Werbung

Specials unserer Partner

Die besten Artikel in unserem Netzwerk

Deep Dives

#glaubandich CHALLENGE Hochformat.

#glaubandich CHALLENGE 2025

Österreichs größter Startup-Wettbewerb - 13 Top-Investoren mit an Bord
© Wiener Börse

IPO Spotlight

powered by Wiener Börse

Austrian Startup Investment Tracker

Die Finanzierungsrunden 2024

Trending Topics Tech Talk

Der Podcast mit smarten Köpfen für smarte Köpfe

2 Minuten 2 Millionen | Staffel 11

Die Startups - die Investoren - die Deals - die Hintergründe

The Top 101

Die besten Startups & Scale-ups Österreichs im großen Voting

BOLD Community

Podcast-Gespräche mit den BOLD Minds

IPO Success Stories

Der Weg an die Wiener Börse

Weiterlesen