Dach-Fonds für Startups:“Es wird uns überall vorgehüpft, wie es funktioniert“
Am 29. September 2024 wird in Österreich gewählt – und wie auch immer die Wahl ausgehen wird: Jede Branche will im künftigen Koalitionsvertrag mit möglichst viele ihrer Forderungen drin stehen. Deswegen haben invest.austria, AustrianStartups, Junge Wirtschaft und StartupNOW am Donnerstag Mittag in Wien gemeinsam ihre Forderungsliste für bessere Startup-Rahmenbedingungen präsentiert.
Oder besser gesagt: erneuert. Denn manche der Empfehlungen an eine künftige Regierung sind tatsächlich zehn Jahre alt, neu dazu gekommen zu bekannten Forderungen sind eigentlich keine. „Wir erreichen bei weitem nicht das, was wir erreichen könnten“, sagt Nikolaus Futter, seines Zeichens Vorstandsvorsitzender von invest.austria. „Das ist ein Armutszeugnis für ein so hoch entwickeltes Land.“ Beispiel Spin-offs: Österreich sei ein „hervorragender Forschungsstandort, aber es gehe nur ganz wenig davon international hinaus.“ Kernproblem, dass Österreich immer noch kein Startup- und Gründer:innenland ist: das liebe Geld.
Dach-Fonds bei der ÖBAG ansiedeln
Und da kommt eine nun wirklich zehn Jahre alte Forderung neu aufgelegt daher: ein Dach-Fonds. Der könnte so funktionieren: Angesiedelt bei der ÖBAG, würde dieser Dach-Fonds bei den österreichischen Pensionskassen (es gibt fünf überbetriebliche und drei betriebliche Pensionskassen, also acht) Geld einsammeln und noch mit Dividenden, die die ÖBAG von ihren Staatsbeteiligungen bekommt, aufstocken. Zusätzlich könnte man auch international von institutionellen Investor:innen Kapital aufstellen – und plötzlich sehen 500 Mio. Euro gar nicht mehr so unrealistisch aus.
Dieses Geld würde man dann in privatwirtschaftlich betriebene Fonds in Österreich stecken, und diese machen dann die Startup- und Scale-up-Investitionen. International, verweist man bei invest.austria, sei das längst Usus. Einige Beispiele:
- Dänemark: Der Danish Growth Fund (Vækstfonden) hat seit 1992 7.900 Unternehmen finanziert und 3 Mrd. Euro allokiert
- Deutschland: Der Zukunftsfonds mit 10 Milliarden Euro Volumen wird seit 2021 betrieben
- Singapur: Temasek, die Holdinggesellschaft von Singapur, ist einer der wichtigsten internationalen Scale-up-Investoren und unter anderem bei Adyen oder Waterdrop investiert
Der Ruf nach einem österreichischen Dachfonds für mehr Risikokapital wird lauter
Wo soll das Geld herkommen?
Geld gebe es genug, heißt es im Visionspapier für 2030 von invest.austria. 290 Mrd. Euro würden auf den Sparbüchern der österreichischen Kleinanleger:innen liegen, 280 Mrd. bei institutionellen Investor:innen (Pensionskassen, Versicherungen, Banken, Stiftungen). Bruchteile davon würden schon reichen, um die FInanzierungslage für Startups, Scale-ups und KMU zu verbessern. „Dieses Geld finanziert die Wirtschaft in Asien, den USA und Europa, aber nicht bei uns“, so Futter. Neu erfinden brauche man nichts, nur internationale Erfolgsbeispiele kopieren. „Es wird uns überall in Europa vorgehüpft, wie es funktioniert.“
Hier alle Forderungen noch einmal im Überblick:
Stärkung des Kapitalmarktes:
- Dachfonds für institutionelle Anleger:innen gründen
- Bestehendes Wagniskapitalfondsgesetz reformieren
- Beteiligungsfreibetrag einführen
Stärkung des Wirtschaftsstandorts
- Mitarbeiterbeteiligungsmodelle optimieren
- Verlustausgleich ermöglichen
- Rechtsgrundlage für digitale Wertpapiere schaffen
- Rechtliche Unterstützung für junge Unternehmen sicherstellen
Stärkung des Wirtschaftsstandorts
- Entrepreneurshipwoche auf alle Schulen ausweiten
- Unternehmerische Projekte bei der Matura ermöglichen
- Spinoff-Fellowship ausbauen und langfristig verankern
- Gründungsstipendium einführen