Dachfonds: So könnte Österreich mehr als eine Milliarde Euro Risikokapital heben
Institutionelle Anleger sind an der Wiener Börse mit rund 70 Prozent die größte Investorengruppe. Versicherungen, Pensionsfonds und Banken machen derzeit in Österreich aber kaum Risiko- und Wachstumskapital für Jungunternehmen locker, kritisiert Rudolf Kinsky, Präsident der Austrian Private Equity and Venture Capital Organisation (AVCO). Hinter der AVCO als Dachverband der österreichischen Risikokapitalgeber stehen Mitglieder wie Speedinvest, capital300, Apex Ventures aws-Fonds oder die FFG.
Kinskys Idee: Ein privatwirtschaftlich geführter Austrian Growth Fund (Dachfonds). Dieser soll in rund ein Dutzend Fonds investiert sein, die zumindest ihr Management in Österreich haben und die Strategie verfolgen, in den heimischen Markt zu investieren. Etwa ein Drittel der Investments sollen in Venture Fonds und somit Unternehmen fließen (VC) und etwa zwei Drittel als Wachstumskapital (PE) zur Verfügung gestellt werden. Nach der Vorstellung von Kinsky sollte dieser österreichische „Fund of Funds“ rund 300 Millionen Euro einsammeln und so insgesamt 1,2 Milliarden Euro Wachstumskapital in Österreich mobilisieren.
Vorbild Dänemark
Internationale Vorbilder für solche Fonds gibt es viele. Kinsky zieht besonders gerne das ebenfalls kleine Land Dänemark heran. Dort investierte der staatliche Danish Growth Fund seit 2012 in mittlerweile 24 Fonds rund eine halbe Milliarde Euro. In Österreich würde das in etwa dem Austria Wirtschafts Service (aws) entsprechen, das bereits jetzt jährlich rund fünf Millionen Euro in VC Fonds investiert.
Das Problem sieht Kinsky darin, dass ein staatlich geführter Fonds natürlich nur in heimische Startups investiert – das ist auch in Dänemark der Fall. Das Geld, mit dem sich das aws etwa an den Fonds von Speedinvest und auch ausländischen Fonds beteiligt hat, ist ebenfalls für österreichische Startups reserviert. „Um für Investoren interessant zu sein, müsste ein solcher Fonds aber eine stärkere Streuung haben dürfen“, so der AVCO-Präsident. Kinsky würde den Dachfonds deshalb privatwirtschaftlich organisieren und die Leitung international ausschreiben.
Staatsgarantie würde Anleger locken
Der Staat soll nach diesem Konzept lediglich eine Ausfallsgarantie stellen. „Dadurch wird der Fonds auch für lokale institutionelle Anleger interessant“, meint Kinsky. Steuergeld müsste nur dann fließen, wenn die Garantie fällig wird. Wenn die Regierung zumindest mit einer Garantie hinter dem Fonds stehe, wäre das ein sehr positives Signal für institutionelle Anleger, ist der Experte überzeugt. Für den Staat könnte ein solcher Dachfonds ebenfalls ein gutes Geschäft sein, denn die Garantie würde über die Rückflüsse bezahlt werden. Nach der Vorstellung der AVCO würde der Staat ab einer Rendite von 6 Prozent partizipieren. Das garantierte Kapital würde in Österreich investiert werden müssen.
Die Regierung ist auch gefragt, wenn es darum geht, die notwendigen Fonds, in die der Dachfonds investieren soll, nach Österreich zu locken. Derzeit ist das Angebot mit 3TS Capital, Redstar, Speedinvest, Apex Ventures, Capital300 und ein paar kleineren Playern nämlich noch überschaubar. Vor allem beim Anschlusskapital sieht Kinsky Handlungsbedarf. „Die Regierung muss hier bessere Rahmenbedingungen schaffen“, fordert der AVCO-Präsident. „Wir haben kein Private-Equity-Gesetz und es gibt auch noch einige steuerliche Themen, die Österreich derzeit für Fonds wenig attraktiv machen“.
Dachfonds könnte Ende 2019 startklar sein
Betreiben würde die AVCO den angedachten Dachfonds nicht selbst. Der Verband will aber die Initialzündung geben und hat eine eigene Arbeitsgruppe aus Steuerexperten, Bankern und Anwälten ins Leben gerufen, die sich mit dem Thema Dachfonds beschäftigt. „Es wäre schön, wenn diese Arbeitsgruppe von der Regierung einen Auftrag bekäme, ein Konzept zu erarbeiten“, so Kinsky. Im Fall der Fälle könnte die AVCO auch die internationale Ausschreibung organisieren. Kinsky glaubt, dass der österreichische Fund of Funds schon Ende 2019 startklar sein könnte.
Schon Christian Kern ist damit gescheitert
Die Idee, eines staatlich gestützten Risikokapital-Fonds ist in Österreich allerdings nicht ganz neu und schon einmal gescheitert. Aufgetaucht ist sie bereits im „Plan A“ des ehemaligen Bundeskanzlers Christian Kern (SPÖ). Die Maßnahme hätte eine staatliche Anschubfinanzierung von 30 Millionen Euro vorgesehen, mit der ein Fonds über private Investoren insgesamt 300 Millionen Euro Kapital hätte hebeln sollen. Die Idee schaffte es allerdings nicht in das Arbeitsprogramm der damaligen SPÖ-ÖVP-Regierung.
Große VC-Initiative der EU
Die EU hat heuer ebenfalls eine große Initiative gestartet, um mehr Risikokapital in Europa locker zu machen. 410 Millionen Euro hat die Union als Ankerinvestment zur Verfügung gestellt. Sechs internationale Fondsmanager (IsomerCapital, Axon Partners Group, Aberdeen Standard Investments, LGT, Lombard Odier Asset Management und Schroder Adveq) sollen das Kapital mit privaten Geldern auf bis zu zwei Milliarden Euro aufstocken und dann in europäische VC-Fonds investieren. Die EU hofft durch diese Initiative die VC-Investments in Europa zu verdoppeln. Kinsky schätzt die Chancen, dass von dem Geld etwas nach Österreich fließt aber eher gering ein: „Bei 27 Ländern können wir lange warten“.