Interview

Damn Plastic: „Wir zeigen auch auf, wie blöd manchmal verpackt wird“

Stephanie Sinko und Victoria Neuhofer. © DamnPlastic
Stephanie Sinko und Victoria Neuhofer. © DamnPlastic
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Victoria Neuhofer und Stephanie Sinko haben „Damn Plastic“ gegründet, um Alternativen zu Einwegplastik aus der Öko-Nische zu holen. Doch bald nachdem sie ihren ersten Shop in der Salzburger Altstadt eröffnet hatten und damit auch sehr erfolgreich waren, kam das Coronavirus und der Lockdown. Im Interview mit Tech & Nature erzählen die beiden Jungunternehmerinnen, was man in ihren Geschäften findet, warum Nachhaltigkeit auch sexy sein sollte und was eigentlich die guten Seiten von Plastik sind.

Damn Plastic, das ist eine klare Ansage. Victoria, Wie seid ihr auf die Idee gekommen, Plastik zu verteufeln und das auch zu eurem Beruf zu machen?

Victoria Neuhofer: Ich möchte gleich einmal sagen: It’s not about damn plastic, it’s about damn people. Plastik ist eigentlich nicht schlecht, es ist eher der Umgang damit. Der Erfinder hat damit viele Probleme gelöst, auf der anderen Seite sind einfach zu viele Menschen zu bequem und gehen damit übermäßig um. Das wollen wir verhindern.

Hier geht es zur Website von Damn Plastic.

Ich glaube, ihr seid die ersten, die ich kenne, die beim Feiern auf die Geschäftsidee ihres Startups gekommen sind.

Stephanie Sinko: Wir hatten ja schon davor dieses Ding mit Plastik. Wir haben überall Plastik gesehen und das Thema war für uns sehr präsent. Nach dem Feiern haben wir dann oft diesen ganzen Teppich aus Müll am Boden gesehen und festgestellt, dass wir dafür einfach nicht mehr verantwortlich sein wollen. Unser erstes Standbein waren dann plastikfreie Events und wir haben Gastronomen und Hotellerie dabei geholfen, die richtigen Schritte zu setzen. Erst dann sind die Flagship-Stores und das Franchise-System entstanden.

Ihr hab zuerst Events beraten, dann auch einen Shop in der Salzburger Altstadt eröffnet – jetzt gibt es euch auch als Franchise-Konzept, wie funktioniert das?

Victoria: Es gibt jetzt einen Shop in Linz und Leipzig und Dresden werden gerade aufgebaut. Durch Corona hat sich das natürlich verzögert. Generell war aber nicht einmal unser erstes Geschäft wirklich geplant, das war eigentlich eher so eine spontane Idee, die super aufgegangen ist. Schon vor Corona hatten wir so viele Anfragen von Kunden, ob sie das franchisen können.

Für uns war die schwierige Frage, ob wir das aus der Hand geben wollen und können oder ob wir selbst mehrere Filialen aufbauen wollen. Das Ziel von Damn Plastic ist es, dass Menschen ganz einfach nachhaltig einkaufen können, ohne dass sie sich besonders bemühen müssen. Menschen sollen nicht in unser Geschäft kommen, weil sie öko sind, sondern weil sie zum Beispiel eine coole Tasche kaufen wollen. Wir wollen auf eine lustige, sexy Art und Weise Nachhaltigkeit normalen Verbrauchern näher bringen.

Was finde ich für Produkte in euren Shops?

Stephanie: Ganz unterschiedlich. Von Vibratoren bis hin zu Schuhen, Lebensmittel, Getränke, Einrichtung, Beauty und Hygiene, Verpackungen und Geschenke.

Victoria: Wir versuchen, alle Produkte so zu integrieren, dass sie entweder aus Müll entstanden sind oder helfen, gar keinen Müll zu produzieren. Wir sind kein Bio- oder Unverpackt-Laden. Wir sind eine coole, lustige Boutique – die Wände sind schwarz, alles andere in Neonfarben. Man fühlt sich anderes, wenn man da reinkommt.

Stephanie: Wir erzählen unseren Kunden auch die Geschichten hinter den Produkten.

Victoria: Ja – From knowing comes caring and from caring comes change. Ich war früher auch nicht gerade die Ober-Recycling-Queen. Ich war bequem und hab viel Single-Use-Plastic gekauft. Das Wichtigste ist es, sich zu informieren.

Stephanie: Wir wollen die Normalverbraucher erreichen, nicht die, die das schon seit Jahren tun. Es gibt einfach so viele Leute, die sich damit nicht beschäftigen wollen, weil es ihnen zu mühsam ist. Dabei ist es ja ganz einfach.

Ihr habt es schon angesprochen: Plastik ist nicht nur schlecht, es hat auch positive Aspekte. Welche sind das aus eurer Sicht?

Victoria: Da fällt mir gleich der Transport ein. Holzkisten von früher sind superschwer und wir würden sehr viel mehr Treibstoff brauchen. Auch die Medizin kann man sich gar nicht ohne Plastik vorstellen. Gerade, wenn es um das Thema Gewicht geht, hat Plastik Vorteile. Immer, wenn es nicht nur einmal verwendet wird, wie zum Beispiel bei Eis oder Lutschern. Das sind Verpackungen, die unnötig sind. Selbst, wenn wir es recyceln wollen würden, hätten wir noch nicht einmal die Anlagen, die notwendig sind, um diese Mengen richtig zu verwerten. Es wird entweder alles gepresst und nach China geschickt oder es wird verbrannt. Es muss weniger werden.

Stephanie: Es muss weniger werden und es muss im Kreislauf bleiben. Es gibt auch Startups, die aus Plastik wieder Öl machen, mit dem Maschinen geschmiert werden.

Wie geht es euch mit den Geschäftslokalen in diesem Lockdown-Jahr?

Stephanie: Was soll man sagen. Man eröffnet einen Shop im November, läuft super an, dann kommt der Jänner und der Februar, wo im Handel nicht so viel los ist und dann kommt der März und der Lockdown. Natürlich ist das scheiße. Im Sommer gings dann wieder, aber der zweite Lockdown hat auch richtig weh getan.

Victoria: Wir sind nicht gefördert worden, haben auch keine Mietreduktion bekommen. Fixkostenzuschuss wurde auch abgelehnt. Da will Österreich Jungunternehmer fördern und dann sowas. Wir haben beide unsere Familienunternehmen verlassen. Ich hab wirklich viel aufs Spiel gesetzt, damit ich das aufbauen kann. Und jetzt sind wir an einem Punkt angekommen, wo wir nicht wissen, ob wir den Store in Salzburg mit der hohen Miete überhaupt halten können.

In der Coronakrise boomen dafür Lieferdienste für Essen und der Versandhandel – rechnet ihr mit einer neuen Plastikflut?

Victoria: Definitiv. Ich habe zuletzt gelesen, dass wir fast das Doppelte verbrauchen. Das ist auch getrieben durch Einweg-Handschuhe und -Masken, die dann oft am Boden landen. Hygiene und Gesundheit gehen vor, aber es stellt sich schon die Frage, ob es nicht auch anders gehen würde. Die Schutzschilde, die wieder verboten wurden – da liegen jetzt Millionen Stück in Lagern. Aber das passiert auch bei alternativen Stoffen wie Hanf oder Gras – klar, man kann das nachher leichter verbrennen, aber in der Produktion davor verbraucht es wahnsinnig viele Ressourcen.

Stephanie: Papierstrohhalme sind ein gutes Beispiel. Haben wir nie angeboten.

Warum?

Stephanie: PLA ist ein Pflanzenkunststoff, der auf Milchstärke, Reis- oder Maisbasis basiert. Das zersetzt sich nicht einfach so. Es braucht mindestens 6 Monate – aber in einer Kompostieranlage. Solche Anlagen haben wir nicht. Unsere Anlagen brauchen schon vier bis sechs Wochen für Bananenschalen oder Erdäpfelschalen. Dafür sind die Anlagen gebaut worden. Außerdem verbraucht ein PLA-Strohhalm bis er bei uns ist schon so viel mehr Energie als ein Plastikstrohhalm.

Jetzt sind wir auch in der Jahreszeit des Black Friday und der Weihnachtseinkäufe – wie kann man denn das Müllproblem des Versandhandels in den Griff bekommen?

Victoria: Da gibt es mehrere Ansätze. Wir zeigen auch auf, wie blöd manchmal verpackt wird. Ein kleiner USB-Stick kommt mal in einen Blister, der kommt in einen größeren Karton, der mit Luftpölsterchen gefüllt wird, dann kommt noch eine Schicht drüber und dann wird es zugeklebt. Der Karton ist dann einen halben Meter groß. Das ist wirklich so. Warum? Ich komme aus einem Produktionsunternehmen und verstehe das gut: Es ist effizient, nur drei bis vier Kartongrößen zu haben. Aber es ist halt nicht nachhaltig und es ist die Frage, worum es geht: Geht es nur ums Geldverdienen und Effizienz? Wir müssen uns fragen, ob wir das auch so machen können, dass es gut für die Umwelt ist. Irgendwann werden uns Umweltprobleme so viel Geld kosten, dass uns das was wir jetzt verdienen nichts mehr bringen wird.

Gerade beim Essen gibt es immer mehr Startups, die Mehrweg-Behälter anbieten. Wie funktioniert das und glaubt ihr, dass sich das durchsetzt?

Victoria: Wir arbeiten schon seit über einem Jahr mit einem Startup. Das ist die Firma Vytal aus Deutschland. Die bieten Mehrwegbehälter für Burger, Suppen und ähnliches an. Das Restaurant fit.smartfood in Salzburg hat über 500 Sendungen am Tag und verwendet dieses System. Ich bin ein Fan davon, auch wenn die Mehrwegschüssel in der Produktion natürlich mehr Ressourcen verbraucht hat, kann es das über die Lebensdauer hinweg wieder wett machen.

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Es gibt in Österreich heuer auch eine große Debatte um ein Pfand auf Einwegplastik – die Regierung will das noch heuer in einen Entwurf gießen. Wie seht ihr diese Debatte?

Victoria: Definitiv ja, man sieht ja in der Schweiz und Deutschland, dass das funktioniert. Man darf aber nicht vergessen, dass es dabei nur um Flaschen geht. Man muss sich mal überlegen, dass Getränkefirmen ja kein Wasser produzieren, sondern nur Flaschen – Wasserfirmen haben nur Flaschenanlagen. Das ist aber trotzdem nur ein kleiner Teil. Es müsste generell auf Einwegverpackungen eine Steuer geben.

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