Das Auto wird zum App-Store-Albtraum
Noch sind die meisten Autos nicht smart und vernetzt. Aber jene, die bereits in einem neuen fancy E-Auto mit Display und Software-Updates durch die Gegend fahren, bekommen bereits ein Gefühl dafür, wie die schöne neue Welt der individuellen Mobilität aussehen wird. Nämlich teuer.
Denn bei Autoherstellern, stets auf der Suche nach dem neuen bombigen Geschäftsmodell der voll vernetzten Digitalzukunft, glauben verstanden zu haben, dass das Auto der Zukunft weniger wie ein Auto, sondern vielmehr wie ein App Store funktionieren muss. Aktuelle Beispiele zeigen es vor: Ein Jahr Sitzheizung im BMW? 175 Euro. Zusätzliche Batteriereichweite für 80 Meilen bei Tesla? 4.500 Dollar. Apple CarPlay oder Android Auto im VW freischalten? 269 Euro.
Aus Sicht der Autohersteller völlig klar: Wenn Apple und Google schon mit ihren App Stores für Smartphones Milliarden verdient haben, dann können wir das auch. Doch lässt sich das Modell wirklich erfolgreich übersetzen? Da habe ich meine großen Zweifel.
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Autos sind halt keine Smartphones
Denn bei den App Stores auf den Smartphones geht es um Software. Es gibt keine Apps, die mal eben mehr Speicherplatz, eine bessere Kamera oder den Gesichtssensor freischalten. Sondern bei Apps geht es um Zusatzfunktionen, die bestehende Hardware besser, schneller, schöner einsetzen und so echten Zusatznutzen für den User bringen. Dieser Zusatznutzen lässt sich monetarisieren, und zwar in Form von kostenpflichtigen oder werbefinanzierten Apps.
Das Auto ist anders. Sitzheizungen, Sensoren, Akku-Kapazitäten, Lenkradfunktionen müssen im Werk schon mal verbaut werden, nur um sie dann Software-seitig hinter eine Bezahlschranke packen zu können. Nach vorne gedacht würde es bedeuten, dass Autohersteller Top-Ausstattungen standardmäßig verkaufen müssen – in der Hoffnung, dass die Kund:innen dann gegen Aufpreis die Premium-Features freischalten. Und im Risiko, dass sie viel Hardware vorfinanzieren, die dann vielleicht niemals gekauft wird.
App Stores sind Marktplätze, Autos nicht
Dazu kommt, dass Tesla, BMW und Co. nicht den Marktplatz-Gedanken der großen App Stores verfolgen. Die Features, die man zusätzlich kostenpflichtig freischaltet, sind nicht von unterschiedlichen Drittanbietern, zwischen denen man frei wählen kann, sondern von einem einzigen Anbieter – und zwar dem Autobauer selbst. Niemand kann sagen: Dann kauf‘ ich mir lieber die CATL-Zusatzbatterie dazu anstatt dem Panasonic-Akku. Ein Auto kann niemals so funktionieren.
Deswegen sollten Autohersteller nicht dem Fehlschluss aufsitzen, dass Auto der Zukunft ist ein App Store. Ein Auto wird niemals wie ein Smartphone funktionieren, und Tesla, BMW und VW werden niemals wie Apple und Google werden. Versuchen sie es trotzdem, wird das Auto zum App-Store-Albtraum – sowohl für die Kund:innen als auch für sie selbst.