Architektur für Quantencomputer: Das neue Startup von Magdalena Hauser heißt ParityQC
Das Rennen um den ersten kommerziellen Quantencomputer ist weltweit in vollem Gange. Ein neues Spin-off der Universität Innsbruck und der Österreichischen Akademie der Wissenschaften will an diesem Rennen aber gar nicht teilnehmen. Denn ParityQC hat es sich zum Ziel gesetzt, eine unabhängige Hardware-Architektur und Software zu entwickeln, mit der die derzeit vielen verschiedenen Plattformen, die bei Google, IBM oder NEC aus Japan entstehen, arbeiten können. Das Startup, bei dem die in der österreichischen Gründerszene wohlbekannte Magdalena Hauser Geschäftsführerin ist, hat es sich zum Ziel gesetzt, die Blaupause für Quantencomputer zu liefern, mit denen Optimierungsprobleme gelöst werden sollen.
ParityQC (QC steht dabei für, eh klar, „Quantum Computing“) wurde erst im November 2019 als eigene Firma ausgegründet, baut aber auf Forschungsergebnissen und Patenten auf, die der Wolfgang Lechner vom Innsbrucker Institut für Theoretische Physik mit seinem Team jahrelang erarbeitet hat. Lechner führt gemeinsam mit Hauser (sie war zuvor Geschäftsführerin des Institute for Entrepreneurship Cambridge – Tirol (IECT) rund um Investor Hermann Hauser, Trending Topics berichtete) die junge Firma, die bereits zum Start prominente Investoren an Bord geholt hat.
Hermann Hauser und Herbert Gartner investieren
Denn vom Start weg sind bei ParityQC ARM-Mitgründer und Investor Hermann Hauser sowie der Grazer Business Angel Herbert Gartner von eQventure mit an Bord. Sie haben gemeinsam eine mittlere sechsstellige Summe (für 23,75 Prozent) in das Spin-off investiert, an dem die Uni Innsbruck und die Akademie der Wissenschaften ebenfalls mit jeweils rund 11,9 Prozent beteiligt sind. Forscher Lechner ist mit 47,5 Prozent der größte Anteilhaber der Firma, die in Innsbruck ihren Hauptsitz haben wird. Die Nähe zur Uni Innsbruck ist ohnehin essenziell: 12 Forscher an der Uni im Bereich Quantencomputer werden dem Spin-off auch künftig unter die Arme greifen.
Für ParityQC, das sich als das weltweit einzige Unternehmen für Quantum Architecture sieht, geht es in den nächsten Jahren neben der Entwicklung der Hardware-Architektur und des zugehörigen Betriebssystems „ParityOS“ vor allem auch darum, diese auch bekannt zu machen. Am Ende geht es darum, die eigenen Blaupausen in einem Lizenzmodell an die Hersteller von Quantencomputer zu verkaufen. Ein ähnliches, sehr erfolgreiches Geschäftsmodell hat auch ARM, das von Hausers Onkel mitgegründet wurde: Die mittlerweile Softbank gehörende Firma verkauft Lizenzen für seine Chip-Architektur etwa an Kunden wie Apple, Samsung, AMD, Nvidia, Qualcomm oder Infineon, ohne selbst Chips zu produzieren.
„Wir sind auch kompatibel mit Google“
“Wir entwickeln nur die Software und wollen unsere Architektur bei den Hardware-Herstellern etablieren“, so Magdalena Hauser. Zu den möglichen Lizenznehmern zählt sie auch Google, das bei Quantencomputern als führend gilt. „Wir sind auch kompatibel mit Google.“ Selbst keine Quantencomputer bauen zu wollen, hat einen Grund: Die Superrechner der Zukunft sind enorm teuer – laut Lechner würde alleine die Fertigung eines Prototypen heute zwischen 20 und 50 Millionen Dollar kosten. Entwickelt hat Lechner die so genannte LHZ-Architektur gemeinsam mit Philipp Hauke und Peter Zoller und am Institut für Theoretische Physik der Universität Innsbruck und am Institut für Quantenoptik und Quanteninformation (IQOQI) der Österreichischen Akademie der Wissenschaften. Zoller wiederum ist Mitgründer eines zweiten Quanten-Spin-offs der Uni (siehe unten).
Wann Quantencomputer im kommerziellen Einsatz sind, ist derzeit noch nicht absehbar. Google machte mit „Quantum Supremacy“ 2019 auf sich aufmerksam – also der Event, der die Überlegenheit von Quantencomputern gegenüber klassischen Supercomputern bei der Lösung eines komplexen Problems beweisen soll. Doch während es bei „Quantum Supremacy“ um ein rein theoretisches Problem geht, steht für ParityGQ ein anderes Ziel im Raum: so genannte „Quantum Advantage“. Dabei geht es um den Zeitpunkt, ab dem ein Quantencomputer ein spezifisches praktisches Problem besser und schneller lösen kann als ein heutiger Superrechner.
Das zweiten Quanten-Startup in Innsbruck
“Die ersten konkreten Anwendungen wird es in spezialisierten Bereichen geben”, sagt Lechner. Er erwartet, dass „Quantum Advantage“ in fünf bis acht Jahren erreicht werden könne – etwa wenn es um Berechnungen für Medikamenten-Design, komplexe Logistik oder Smart Grids für Elektroautos geht. Dem Standort Innsbruck könnte auf diesem Weg besondere Bedeutung zukommen. Die Tiroler Landeshauptstadt gilt auch wegen dem Unternehmen Alpine Quantum Technologies, ebenfalls ein Spin-off der Universität Innsbruck, als führend bei Quantencomputern. Erst 2019 bekam AQT eine Finanzierung von zehn Millionen Euro, um bis 2022 einen kommerziellen Ionenfallen-Quantencomputer-Demonstrator zur Produktreife zu führen (Trending Topics berichtete).
Spin-offs wie ParityQC und AQT setzen darauf, dass sie Forscher am Standort für sich begeistern können. Tilmann Märk, Rektor der Uni Innsbruck: „Diese Ausgründung von Universität und Akademie gemeinsam mit privaten Investoren ist ein weiterer Schritt, um den wissenschaftlichen Vorsprung Europas bei den Quantentechnologien auch in einen kommerziellen Erfolg umzumünzen. ParityQC ist bereits das zweite Quanten-Startup im Portfolio der Uniholding der Universität Innsbruck.“
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