Analyse

Das Phänomen Robinhood & die Schattenseiten der Millennial-Trader

© Robinhood, Montage Trending Topics
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„Buy the dip“, „Don’t fight the Fed“ und „Shorting season“: Wenn 25-Jährige heute plötzlich mit Sprüchen um sich werfen, die man früher nur aus den Mündern von krawattierten Börsenprofis gehört hat, dann weiß man: Es passiert gerade gerade ein dramatischer Wandel in der Finanzwelt. Angeführt wird dieser Wandel derzeit von der Trading-App Robinhood: „Investing for Everyone“, verspricht sie, und mittlerweile 12 Millionen Nutzer sind dem Ruf gefolgt.

Robinhood ist nun jene App, die for allen der Generation Millennial das einfache Investieren in Aktien, ETFs, Optionen, Gold und Kryptowährungen erlaubt. Es sind vor allem junge Menschen, die via Robinhood ihr Geld investieren, das Durchschnittsalter liegt bei etwa 27 Jahren. Die Corona-Krise hat für ordentliches Wachstum gesorgt. Nicht nur bei Robinhood, auch bei ING, Comdirect, Corsorsbank oder DKB berichtet man von Rekordzahlen bei Depoteröffnungen – so viele wie seit dem Dotcom-Boom vor 20 Jahren nicht mehr.

Robinhood erobert die Millennial-Generation

Klar: 2020 hat eine ganze Generation live miterlebt, wie der Aktienmarkt eine unglaubliche Achterbahnfahrt hingelegt hat. Und anstatt im Lockdown zu Hause tatenlos auf bessere Zeiten zu warten, haben Millionen junge Menschen zum Smartphone gegriffen und begonnen, mit Aktien und ETFs zu handeln. „Buy the dip“ von der Couch aus – wenn schon die Arbeitslosigkeit droht, warum also nicht auf anderem Weg reich werden?

Die Robinhood-App ist derzeit nur in den USA verfügbar, der Marktstart in Europa aber nur eine Frage der Zeit. Startups wie Trade Republic aus Deutschland oder Bitpanda aus Österreich haben das Geschäftsmodell Neobroker ebenfalls für sich entdeckt und möchten einer jungen Generation die Tür zum Traden öffnen.

Aktie von Ford vs. Engagement der Robinhood-Nutzer. © Robintrack.net
Aktie von Ford vs. Engagement der Robinhood-Nutzer. © Robintrack.net

Aber: Sind junge Menschen auch „reif“ zum Traden? Wie und in welche Aktien investieren sie? Und welche Folgen kann das haben? Die Webseite Robintrack gibt Einblicke, in welche Aktien Robinhood-Nutzer ihr Geld stecken. Die Kurven und Statistiken geben ein klares Bild: Die Robinhoodler investieren entweder gerne in Aktien wie jene von Ford, General Electric, American Airlines oder Carnival Cruise Lines, die während der Corona-Krise abstürzten und bei denen wieder wachsende Kurse dicke Gewinne versprechen könnten. Oder sie stecken Geld in „coole“ Firmen wie Apple, Tesla, Aurora Cannabis, Fitbit oder GoPro – also Unternehmen mit starken Consumer-Brands, die sie aus ihrem Alltag kennen.

Ein Selbstmord mitten im Hype

Dieser Trend der Neobroker hat bereits bedenkliche Auswirkungen. Zum einen hat der Selbstmord eines 20-jährigen Nutzers für Schlagzeilen gesorgt – er hatte die App offenbar falsch interpretiert und geglaubt, 730.000 US-Dollar in einem Wertpapiergeschäft verloren zu haben. Zum anderen zeigte eine absurde Preis-Rallye rund um die Aktie des insolventen Autovermieters Hertz, wie eine Aktie durch Hype und Herdentrieb plötzlich wieder nach oben schießen kann.

Aktie von American Airlines vs. Engagement der Robinhood-Nutzer. © Robintrack.net
Aktie von American Airlines vs. Engagement der Robinhood-Nutzer. © Robintrack.net

Wer das recht Timing hatte und im Dip Mitte März kaufte, konnte viel Geld machen – wer später auf den durch Robinhood-Nutzer erzeugten Hype aufsprang, der konnte aber auch viel Geld verlieren. Gestandene Anleger beobachten eher mit Entsetzen, was da passiert: „Die Robinhood-Märkte werden in Tränen enden“, sagte etwa Hedgefonds-Manager Leon Cooperman gegenüber CNBC.

Financial Literacy dringend gesucht

Was immer deutlicher klar wird: Wenn man mit einfachen Apps mittlerweile tausende, zehntausende oder gar hundertausende Euros per Wisch an der Börse verzocken kann, braucht es viel mehr „Financial Literacy“. Vor allem junge Nutzer müssen dringend aufgeklärt werden, die Börsen, ETFs und Anlagestrategien funktionieren – ansonsten laufen sie Gefahr, von schlauen Gamification-Elementen und „Tipps“ auf Reddit zum Verspekulieren ihres Geldes gebracht zu werden.

Auch bei Robinhood haben die Gründer Vlad Tenev und Baiju Bhatt das mittlerweile erkannt. Geschockt wegen dem Selbstmord des 20-Jährigen, schrieben sie in den Firmen-Blog: „Es ist uns nicht entgangen, dass unser Unternehmen und unser Service zu einem Synonym für Privatanleger geworden sind, die in Amerika investieren, und dass dies dazu geführt hat, dass Millionen neuer Investoren ihre ersten Investitionen über Robinhood getätigt haben. Wir sind uns dieser tiefgreifenden Verantwortung bewusst, und wir nehmen sie nicht auf die leichte Schulter.“ Man wolle deswegen das User Interface ändern und mehr Bildungsinhalte anbieten, um Nutzer besser darüber zu informieren, was etwa Options Trading ist.

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