Deine Regierung wird dich nicht zur Corona-App zwingen. Deine Firma aber vielleicht schon.
Die Diskussion rund um Apps zum Contact Tracing hat viel kaputt gemacht. Immer wieder sind Forderungen, sie verpflichtend zu machen, groß aufgeblasen worden, immer wieder gab es einen lauten Aufschrei dagegen. Währenddessen raufen sich Regierungen mit den Herstellern von Smartphone-Betriebssystemen darum, welche Funktionen nun wie genutzt werden dürfen und wie besser nicht.
Währenddessen verliert der mittlerweile müde Endkonsument sichtlich die Lust auf diese Corona-Apps, so freiwillig er sie auch nutzen will. Die „Stopp Corona“-App des Roten Kreuzes hält bei etwa 560.000 Downloads, es müssen aber viel mehr Menschen sie installieren, damit sie wirklich einen Nutzen hat und vor Kontakten zu Infizierten warnen kann. Zu Recht wird immer wieder darauf hingewiesen, dass es leicht zu „False Positives“ bzw. „False Negatives“ kommen kann – etwa, wenn ein Kontakt gespeichert wird, obwohl eine Wand dazwischen war, oder wenn man einen Infizierten trifft, der aber keine App hat.
Apps und Plattformen in Entwicklung
Dort, wo Regierungen mit verpflichtenden Apps (bisher) scheiterten, sind Unternehmen viel schneller. So hat das Beratungsunternehmen PricewaterhouseCoopers (PwC) bereits eine eigene Contact-Tracing-App entwickelt, die bereits in Shanghai getestet wird und bald für die 275.000 Mitarbeiter weltweit verpflichtend werden könnte. Mit der App soll die Rückkehr vom Home Office an den Arbeitsplatz geregelt werden – indem etwa erkannt werden kann, ob das Unternehmen gezielte Maßnahmen bei einem Ausbruch ergreifen muss.
Die App soll übrigens nur in den Räumlichkeiten des Unternehmens Kontaktlisten anlegen – per GPS-Location werden WLAN- und Bluetooth-Zugriff der App außerhalb der Firmensitze deaktiviert. Auch sonst will PwC bei der Datenauswertung so sparsam wie möglich sein. Zentral erfasst werden die Daten allerdings, sie werden nur von einigen wenigen Administratoren eingesehen werden können.
Auch der Cloud- und CRM-Riese Salesforce hat eine Corona-App für Mitarbeiter in Planung – oder eigentlich gleich eine ganze Plattform dafür. Sie heißt Work.com und soll Unternehmen generell dabei helfen, in den normalen Büroalltag zurückzukehren. Ein Teil davon ist auch das Contact Tracing für Mitarbeiter, wo sehr genau erfasst werden kann, wer in der Firma mit wem Kontakt hatte. Im Falle des Falles sollen entsprechende Maßnahmen für Infizierte (Heimquarantäne) getroffen werden können. Wann Work.com auf den Markt kommen soll steht noch nicht fest – auch nicht, welche Datenschutzregeln dabei eingehalten werden müssen und wie viel die Software für Unternehmen kostet.
Fest steht jedenfalls: Viele große Unternehmen werden solche und andere Tools einsetzen wollen, um einen (neuerlichen) internen COVID-19-Ausbruch verhindern bzw. managen zu können. Sie werden sich viel leichter tun, Corona-Apps für die Mitarbeiter einzuführen, denn sie haben einen entscheidenden Vorteil gegenüber Demokratien: Sie sind keine Demokratien.