Dejan Stojanovic: „Scheitern heißt, dass du dich überhaupt getraut hast“

Aus seinem persönlichen Scheitern wurde eine Passion zum Business: Dejan Stojanovic will mit den Fuck-Up-Nights eine Fehlerkultur in Österreich etablieren. Mit Trending Topics teilt er seine liebsten Stories.
„So beginnt man ein Interview, mit einem Fuck-Up“, lacht Dejan Stojanovic, nachdem er schon zwei Minuten lang, ohne es zu merken, am Videocall teilnimmt. Ende 2024 feierten die von ihm ins Leben gerufenen Fuck-Up-Nights ihr zehnjähriges Jubiläum.
Die Vision: das Scheitern zu enttabuisieren. Es brauche mehr Platz in der Gesellschaft, um über Fuck-Ups zu sprechen. Mit seinem Konzept verfolgt er aber noch mehr: Menschen sollen motiviert werden, etwas Neues zu wagen und zu gründen. „Es geht um das Mutigsein“, so Stojanovic.
Vorbild: Amerikanischer Opportunismus
Die Fuck-Up-Nights waren damals eine in Österreich noch unbekannte Eventreihe, die Stojanovic hierzulande als erster ins Leben rief. Ziel war es, Unternehmer:innen eine Plattform zum Thema Gründen zu bieten – nach amerikanischem Vorbild. In den USA gehe es sehr opportunistisch zu, man probiere Dinge einfach aus und lebe eine Failure Culture. „Wenn die Idee funktioniert, funktioniert sie und man macht weiter. Wenn nicht, dann springt man halt wieder ab“, so der Gründer.
Österreich könne sich davon eine Scheibe abschneiden. Es sei nicht notwendig, ständig alles zu hinterfragen. Österreicher:innen sind in seinen Augen eher skeptisch. Andererseits ginge es bei seinem Konzept aber auch darum, die Gesellschaft bzw. User:innen direkt anzusprechen. Sie hätten immerhin die größte Macht, den Gründer:innen Mut zuzusprechen, indem sie die gebotenen Lösungen ausprobieren.
Österreicher:innen und ihre Failures
Ob man in Österreich gerne über seine Fuck-Ups spricht? „Ich habe das Gefühl, es gibt Leute, die gerne sprechen und andere, die es ablehnen. Aber das ist halt menschlich.“ Keiner reiße sich hierzulande um das Mic, aber es gäbe doch einen gewissen Antrieb, die eigene Story zu teilen. Stojanovic ist stolz, bei seinen Fuck-Up-Nights mittlerweile „locker über 300 Menschen auf der Bühne gehabt zu haben“. Außerdem gäbe es eine „riesige Warteschlange an Personen“, die gerne auftreten würden.
Bei den Startup-Gründer:innen ist ihm aufgefallen, dass es leichter ist, Männer auf die Bühne zu bekommen. „Ich hätte gerne, dass mehr Frauen ihre Stories teilen. Vielen biete ich die Gelegenheit an, aber sie lehnen ab. Dabei hätten beide Geschlechter wertvolle Geschichten zu erzählen“, so Stojanovic. Ganz allgemein achte er sehr darauf, dass die „richtigen“ Personen teilnehmen, denn im Endeffekt soll die Community profitieren.
Nobody, Hero und nichts dazwischen
„Scheitern heißt, dass du dich überhaupt getraut hast. Das alleine ist schon inspirierend. Neun von zehn trauen sich gar nicht zu gründen. Wenn du einmal gescheitert bist, weißt du, wie es nicht geht. Darauf kann man aufbauen. Nobody und Hero – aber nichts dazwischen, von diesem Konzept müssen wir uns wieder verabschieden.“
Positiv aus einem Failure raus
Der Fuck-Up-Nights-Gründer hat direkt ein Beispiel parat: Lisa Marie Reisinger von Femitale aus Linz war mit ihrem Startup mitten im Konkursverfahren. Sie hat trotzdem darüber gesprochen. Die Message hier lautet: Es wird leichter darüber zu sprechen und den Misserfolg zu verdauen, wenn die Story einmal raus ist. Andreas Frankl musste letztes Jahr mit seinem Startup Opus Novo Insolvenz anmelden. Er hat erzählt, sich kurz leer und als Versager gefühlt zu haben, teilte die Hintergründe dann aber auch auf LinkedIn und erfuhr plötzlich enormen Zuspruch und Unterstützung.
Laut Stojanovic regnete es daraufhin Jobangebote und Möglichkeiten für Frankl, als Co-Founder einzusteigen. „Plötzlich ist auch die Gesellschaft wieder da, die einem zeigt, es ist gar nicht so schlimm und einen spüren lassen, ‚Wir geben dir eine Chance und wollen dich sogar‘“, findet Stojanovic.
Die zwei schlimmsten Fail-Stories
Neben den beiden bereits erwähnten Fällen von Reisinger und Frankl fallen dem Failure-Experten sofort noch zwei weitere bewegende Gründerstories ein.
Investorella
Larissa Lilacher (jetzt Kravitz) sei eine wertvolle Speakerin bei den Fuck-Up-Nights gewesen. „Sie ist eine fantastische Frau und gründete damals in London ein Startup, das eine Lösung zur Analyse und Deutung der Marktstimmung anhand von Twitter-Tweets bot. Investor:innen wollten ihr das Business aus der Hand reißen, aber sie hat ständig abgelehnt, weil es in ihren Augen noch nicht gut genug war. Als sie nach ungefähr einem Jahr die Gespräche wieder aufnehmen wollte, war der Markt nicht mehr bereit und das Interesse verflogen“, erzählte Stojanovic. Umstände wie diese seien augenöffnend und zeigen, wie wichtig es ist, das zu lösende Problem im Auge zu behalten und sich nicht in die eigene Lösung zu verlieben.
rublys
Manuel Zwittag wollte mit seinem Startup rublys Rubbellose in einer App anbieten und so Millennials näherbringen. „Als rublys gestartet hat, folgte ein Auftritt bei der TV-Show ‚Zwei Minuten, zwei Millionen‘, den sie richtig gerockt haben. Aber es gab ein Problem: Trotz klarer Vision und der erfolgreichen Teilnahme konnten sie letztendlich nicht richtig im Markt durchstarten. Sie haben gemerkt, wie schwer es war, mit ihrer Lösung Geld zu verdienen, hielten aber trotzdem exakt an ihrer Vorstellung fest.“
Info: Nach seinem persönlichen Scheitern hat der Serial Entrepreneur und Failure-Enthusiast Dejan Stojanovic 2014 das Format der Fuck-Up-Nights nach Österreich gebracht. Bei jeder Veranstaltung präsentieren Speaker:innen ihre Fuck-Ups und ihre Lessons Learned. Im Vordergrund steht die Etablierung einer positiven Fehlerkultur in Unternehmen und der Zivilgesellschaft.
Dieser Artikel ist bereits im Trending Topics Founders Guide 2025 erschienen. Das komplette Magazin findest du hier.
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