Der erste internationale AI-Vertrag hat Lücken, die wohl nie geschlossen werden
Im litauischen Vilnius haben heute die Europäische Union, die USA, Andorra, Georgien, Island, Norwegen, Moldawien, San Marino, Großbritannien und Israel den ersten globalen AI-Vertrag unterzeichnet. Dieser hört auf den sperrigen Namen „Framework Convention on Artificial Intelligence“ und soll sicherstellen, dass der „Einsatz von KI-Systemen mit den Menschenrechten, der Demokratie und der Rechtsstaatlichkeit voll und ganz vereinbar“ ist.
„Wir müssen sicherstellen, dass der Aufstieg der KI unsere Standards aufrechterhält und nicht untergräbt. Die Rahmenkonvention soll genau das gewährleisten. Es ist ein starker und ausgewogener Text – das Ergebnis des offenen und inklusiven Ansatzes, mit dem er ausgearbeitet wurde und der sicherstellte, dass er von vielfältigen und fachlichen Perspektiven profitiert“, so die Generalsekretärin des Europarats, Marija Pejčinović Burić. Sie hoffe, dass den Unterschriften bald Ratifizierungen folgen werden, damit der Vertrag so bald wie möglich in Kraft treten kann.
Nur für Demokratien und nicht global
Der Vertrag ist ein Rahmenübereinkommen, der eine Reihe von Richtlinien vorgibt, aber unterm Strich wenig konkret ist. So verfplichtne sich die Unterzeichner-Staaten dazu, bei der AI-Entwicklung stets Menschenwürde und individuelle Autonomie, Gleichberechtigung und Nichtdiskriminierung, Privatsphäre und Datenschutz, Transparenz und Kontrolle, Rechenschaftspflicht und Verantwortung, Verlässlichkeit und sichere Innovation zu berücksichtigen.
Außerdem hat man sich darauf verständigt, dass AI-Systeme als solche gekennzeichnet werden sollen. Die Staaten verpflichten sich zur „Bereitstellung eines Hinweises, dass man mit einem System künstlicher Intelligenz und nicht mit einem Menschen interagiert“. Ein Behörden-Chatbot müsste demnach als solcher gekennzeichnet werden. Behörden ihrerseits erhalten die Möglichkeit, Verbote oder Moratorien für bestimmte Anwendungen von KI-Systemen einzuführen.
Dass diesem „globalen“ AI-Rahmenvertrag wohl nicht alle Staaten der Welt beitreten werden, liegt schon in die Grundprinzipien begraben. So verlangt der Vertrag, dass „Risiko- und Folgenabschätzungen hinsichtlich tatsächlicher und potenzieller Auswirkungen auf die Menschenrechte, die Demokratie und die Rechtsstaatlichkeit“ gemacht werden. Damit ist relativ klar, dass China, Russland, die Golfstaaten usw. wohl auf lange Sicht nicht beitreten werden.
Tech-Giganten nicht eingeschlossen
Was ebenfalls nicht abgedeckt ist, sind die Tech-Unternehmen, die die AI-Systeme ja in erster Linie anbieten. „Der KI-Vertrag wurde nach jahrelangen Verhandlungen zu einer abgeschwächten Version dessen, was viele erhofft hatten. Er gilt hauptsächlich für den öffentlichen Sektor und schließt die Tech-Giganten, die die KI-Innovation wirklich vorantreiben, nicht ein“, so die österreichische auf AI-Themen spezialisierte Anwältin Jeannette Gorzala.
Am Ende hänge alles nicht von der Unterzeichnung des Vertrags, sondern von seiner Umsetzung ab. In der EU gibt es einen vergleichsweise strengen AI Act ohnedies, in anderen Ländern wird lockerer (also etwa ohne Verbote) gearbeitet. „Der KI-Vertrag könnte entweder eine rein symbolische Geste sein oder die Grundlage für eine echte, globale KI-Governance bilden“, so Gorzala.