Der neue Trend im Krypto-Markt: Initial Exchange Offerings
Viel wird in der Krypto-Branche derzeit über Security Token Offerings (STO) geredet, die nach ICOs zu einer neuen Einnahmequelle für Startups werden könnten. Doch bevor STOs ein großes Ding werden, kommt jetzt ein neuer Trend daher: so genannte Initial Exchange Offerings, kurz IEO.
Dabei handelt es sich um Token-Verkäufe von Krypto-Projekten, die über einen Exchange abgewickelt werden. „Die Börse agiert als ein Garant und führt eine projektbezogene Due-Diligence-Prüfung beim Projektteam durch. Durch die Straffung des Verfahrens mithilfe von IEO müssen Entwickler nicht länger KYC-Verifizierungen durchführen“, heißt es etwa seitens dem Exchange OKEx, der seine Firmenzentrale in Malta hat.
Unter dem Namen „OK Jumpstart“ will OKEx demnächst eine neue Plattform für IEOs launchen, um „Projekte mit hohem Potenzial zu fördern und Entrepreneure in der Frühphase zu unterstützen.“
Millionen Dollar in Minuten
Damit folgt OKEx einem Trend, der sich seit Anfang 2019 bemerkbar macht. Die Krypto-Börse Binance, die auch von Malta aus operiert, hat mit seinem Launchpad seit kurzem eine eigene Plattform für Token-Verkäufe. Zwei große IEOs wurden darüber bereits abgewickelt: Der BitTorrent Token (BTT) von Tron brachte in weniger als 15 Minuten mehr als 7 Millionen Dollar ein, das Projekt Fetch.AI sammelte mit dem Verkauf von FET-Token ebenfalls in sehr kurzer Zeit 6 Millionen Dollar.
Spannend wird auch, wie der erste IEO auf der Börse Bittrex laufen wird, der morgen Freitag, 15. März, offiziell startet. Dann können sich Nutzer von Bittrex gegen Bitcoin XRD-Token zu kaufen, die vom Spieldaten-Blockchain-Projekt Raid in Umlauf gebracht werden. Auch hier ist Malta wieder ein wichtiger Faktor, da der Token-Verkauf auf Bittrex International, das auf der Mittelmeerinsel stationiert ist, ablaufen wird.
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„Der große Vorteil ist, dass man auf die gesamte Userbase des Exchanges bauen kann und den KYC-Prozess mit den Investoren nicht selbst durchmachen muss“, sagt Florian Wimmer vom österreichischen Startup Blockpit, der sich intensiv mit der Thematik auseinander setzt.
Ein weiterer Vorteil: Während sich viele Startups, die über ICOs Geld einsammelten, schwer taten, ihre Token auf Exchanges listen zu lassen, werden Binance, Bittrex oder OKEx dafür sorgen, dass die Token der IEO schnell handelbar werden.
„Aus Sicht der Firma ist es eine große Erleichterung, weil die Börsen die KYC- und AML-Prüfung übernehmen“, sagt auch Chris Miess, Obmann der Digital Asset Association Austria. Und sieht einen weiteren Vorteil der Entwicklung: „Wenn die Exchanges ein Pre-Screening der Projekte mit einer ordentlichen Due Diligence machen, werden Scams weniger werden.“
Ethereum könnte an Bedeutung verlieren
Bei IEOs werden in der Regel Bitcoin von den Exchange-Nutzern verlangt, um sich die neuen Token kaufen zu können. Das ist ein spannender Wechsel im Vergleich zu ICOs, bei denen meistens Ethereum eingesammelt wurde. Da die Exchanges die Token des Projekts an die Investoren ausgeben, sind Smart Contracts wie bei Ethereum nicht mehr notwendig.
War Ethereum das Hauptmittel für Startups 2017 und 2018, um ICOs abzuwickeln, könnte die Bedeutung von ETH bei einem Erfolg von IEOs sinken. „Es kann sein, dass Ether an Relevanz verliert. Smart Contracts fallen weg, das ist eigentlich ein Rückschritt in technologischer Hinsicht“, sagt Chris Miess von der Digital Asset Association Austria. Exchanges könnten als neuer Mittelsmann ihre eigenen Token (z.B. den Binance Coin) ins Spiel bringen. „Die Token, die Exchanges selbst herausbringen, könnten Ether den Rang ablaufen.“
Exchanges verdienen ordentlich mit
Für die Exchanges, die Zugang zu hundertausenden Nutzern haben, sind IEOs im aktuell schwachen Krypto-Markt eine neue Einnahmequelle. Sie können Gebühren und einen bestimmten Anteil an Tokens von den Projekten verlangen, die auf ihren Plattformen IEOs durchführen wollen.
„Für ein kleines Startup wird das anfangs noch keine Option sein. Man braucht grob geschätzt für einen IEO mindestens halbe Million Dollar, die man dem Exchange zur Verfügung stellen muss“, sagt Wimmer. Bis dato würden meist größere Firmen hinter den IEOs stecken – wie etwa die Blockchain-Firma TRON, die sich BitTorrent 2018 um satte 140 Millionen Dollar kaufte (Trending Topics berichtete).
Möglich ist auch, dass sich Börsen zu echten IPO-Plattformen entwickeln – nämlich dann, wenn mittels STOs tokenisierte Wertpapiere ausgegeben werden anstatt wie bisher lediglich Utility-Token, deren Wert oft zweifelhaft ist.
Zentralisierung rund um die Börsen
Waren Exchanges im Krypto-Bereich schon bisher die großen Machtzentren, könnte sich ihre Position durch IEOs noch weiter festigen – was dem dezentralen Grundgedanken der Blockchain-Welt zuwider läuft.
„Ein Nachteil ist, dass die Finanzierung immer zentralisierter werden, die Exchanges bekommen noch viel mehr Macht. Jetzt entscheidet die Exchange, wer überhaupt eine Finanzierung bekommen kann“, sagt Chris Miess. „Die Exchanges werden zu den neuen Investmentbanken. Das läuft dem ursprünglichen Crowdfunding-Gedanken der ICOs entgegen.“