Der Weltfrauentag muss ein gesetzlicher Feiertag werden – für mehr Gleichheit
Heute ist ein Feiertag. Naja, zumindest irgendwie symbolisch. Denn anerkannt als gesetzlicher Feiertag ist der heutige Tag im D-A-CH-Raum nur im Bundesland Berlin. Das bedeutet, alle (und zwar nicht nur die Frauen), welche nicht in systemrelevanten Berufen arbeiten, haben an dem Tag frei. 2023 will nach heutigem Stand auch das nordöstliche Bundesland Mecklenburg-Vorpommern folgen. Das freut mich. Nicht nur, weil ich in Meck-Pomm geboren bin, sondern weil damit der internationale Weltfrauentag die Anerkennung erhält, die er braucht.
Gesetzlicher Feiertag für alle
Ich sage es ganz ehrlich: Meiner Meinung nach sollte der heutige Tag grundsätzlich ein gesetzlicher Feiertag sein. Sicher, ich höre an dieser Stelle schon den Aufschrei von so einigen: „Was, der Weltfrauentag als gesetzlicher Feiertag??? Aber nur, wenn die Männer auch einen bekommen!!!“
Natürlich, geht es um positive Aspekte, ist der Ruf nach Gleichberechtigung gleich sehr laut. Aber – die Welt ist eben immer noch nicht gleichberechtigt. Hier einige Beispiele, es gäbe noch um einige mehr:
Frauen arbeiten in Österreich rein rechnerisch 46 Tage umsonst. Der Gender Pay Gap, also die Einkommensdifferenz in Österreich zwischen Mann und Frau, liegt im Durchschnitt bei 12,7 Prozent. In Deutschland ist die Differenz sogar noch deutlich höher. Bis gestern, dem 07.03.2022, haben die Frauen dort rein rechnerisch für lau gearbeitet. Durchschnittlich 18 Prozent verdienen die Frauen pro Stunde weniger, als Männer. Besonders interessant, in Ostdeutschland fiel der unbereinigte Gender Pay Gap mit 6 Prozent deutlich geringer aus als in Westdeutschland mit 19 Prozent.
Das ist die eine Seite unserer Kommentar-Kolumne „Zweiseitig“. Marcel ist anderer Meinung – seinen Kommentar liest du hier:
Mehrfachbelastung bleibt Frauensache
Die Gründe dafür führen auch schon zum nächsten Beispiel. Während in der früheren BRD die öffentliche Kinderbetreuung in den Sektor der Kinder- und Jugendhilfe gehörte und die Kosten für eine Unterbringung selber zu tragen waren, gehörte sie in der DDR zum Bildungssektor und war damit nahezu kostenlos. Die so schon damals in größerer Anzahl und Akzeptanz vorhandenen Kinderbetreuungseinrichtungen ermöglichten den Müttern arbeiten zu gehen.
Die Auswirkungen sind auch heute noch zu spüren. Laut einer Erhebung des statistischen Bundesamt Deutschland von 2020 wurden in 68 der 77 ostdeutschen Landkreise und kreisfreien Städte (einschließlich Berlin) mehr als die Hälfte aller Kinder unter drei Jahren in einer Tageseinrichtung betreut. In westdeutschen Kreisen konnte nicht einmal die 50 Prozent Marke erreicht werden.
Die Kinderbetreuung obliegt dann immer noch öfter den Frauen, welche dadurch nur eine Halbtagesstelle wählen können. Erst kürzlich kam der Woman in Work Index 2022 von PwC zu dem Ergebnis, dass die Gleichstellung von Frauen am Arbeitsplatz um zwei Jahre zurückgeworfen wurde. Mütter gaben dreimal häufiger als Väter an, dass sie entweder die meisten oder alle zusätzlichen unbezahlten Betreuungsaufgaben übernommen haben, die durch die Schließung von Schulen oder Kinderbetreuungseinrichtungen entstanden sind, so die PwC. Eine Mehrfachbelastung, die ihre Spuren hinterlassen hat.
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Es geht nicht um Urlaub
Die Liste der Beispiele könnte noch deutlich weiter ausgeführt werden, von Sicherheitsvorrichtungen in Autos, welche an den durchschnittlichen Mann angepasst sind, medizinischen Behandlungsmethoden, welche auf den durchschnittlichen Mann ausgerichtet sind oder der „pink tax“, mit welcher Rasierprodukte für Frauen deutlich teurer sind als jene für Männer.
Aber der Weltfrauentag ist eben nicht da, um nur festzustellen, welche Missstände es gibt. Nein, an diesem Tag sollen die Personen der Vergangenheit geehrt werden, welche sich für die Gleichberechtigung der Geschlechter eingesetzt haben und gleichzeitig wird weiter dafür gekämpft, dass eben diese Missstände, die es noch gibt, endlich behoben werden. Dafür wird demonstriert, heute, in allen Teilen der Welt. Denn eines gilt es nicht zu vergessen: Die Rolle von Mädchen und Frauen ist in einigen Weltregionen noch mehr als weit entfernt von einer Gleichberechtigung. Und wird auch immer wieder untergraben.
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Keine braucht Blumen
Daher braucht es diesen Feiertag. Nicht für Blumen von männlichen Partnern, Kollegen, Chefs. Nicht für Shopping von „Frauentags-Angeboten“, abgesehen davon, dass die Geschäfte dann eh nicht geöffnet sein dürften. Nein, es braucht diesen Tag, dass jede und jeder, der möchte, die Zeit und die Möglichkeit hat, für mehr Gleichberechtigung auf die Straße zu gehen. Gender Equality ist kein Thema, das nur heute zählt. Das muss es ganzjährig. Aber es braucht die Aufmerksamkeit, die ein solcher Tag durch die Anerkennung als gesetzlicher Feiertag erhält.