Deutsche Klimaziele lassen sich durch CO2-Preis alleine nicht erreichen
Eine Steuer auf Kohlendioxid allein reicht nicht aus, um CO2-Emissionen so weit zu senken, damit die deutschen Klimaziele erreicht werden, zeigt eine Studie, die vom deutschen Umweltbundesamt in Auftrag gegeben wurde. Vielmehr bräuchte es neben dem CO2-Preis weitere Maßnahmen, um klimaschädliche Technologien und Anlagen früher auszutauschen und klimafreundlichen Alternativen den Weg zu bereiten.
Forscher: CO2-Steuer könnte 740.000 Tonnen weniger Emissionen bewirken
„Wir haben in verschiedenen Szenarien analysiert, wie sich die Emissionen entwickeln, je nachdem, wie hoch der CO2-Preis ist und wie schnell er steigt. Außerdem haben wir geschaut, wie vorausschauend Menschen Investitionen etwa in Elektrofahrzeuge oder Wärmepumpen planen und ob sie klimaschädliche Fahrzeuge und Heizungsanlagen vor dem Ende ihrer Lebensdauer austauschen“, erklärt Ralph Harthan, Energie- und Klimaexperte am Öko-Institut und Projektleiter der Studie, in einer Aussendung.
Klimaziele mit CO2-Preis allein nicht zu erreichen
Das Brennstoffemissionshandelsgesetz (BEHG) regelt in Deutschland den CO2-Preis für die Sektoren Gebäude, Verkehr und weitere, kleinere Industrieanlagen. Die Studie des Öko-Instituts berechnet für diese Sektoren zunächst die zulässige Höchstmenge der Treibhausgase, die diese im Jahr 2030 noch emittieren dürfen: 213 Millionen Tonnen CO2-Äquivalente (Mio. t CO2e). Der CO2-Preis ist bis zum Jahr 2026 festgelegt und steigt moderat von 25 Euro pro Tonne (€/t) im Jahr 2021 auf 65 €/t im Jahr 2026 an.
Dabei berechnete die Studie vier verschiedene Preispfade: langsamere versus schnellere Anstiege bzw. niedrigere vs. höhere CO2-Preise. Dabei nahmen die Forscher:innen der Studie an, dass Neuinvestitionen und der Austausch von Fahrzeugen oder Heizungsanlagen schneller durchgeführt werden, je schneller und höher der CO2-Preis ansteigt.
CO2-Reduktion um höchstens 54 Prozent
Laut Studie könnte bereits ein großer Beitrag zum Klimaschutz erreicht werden, wenn Menschen in der Lage sind, vorausschauend in die Zukunft zu planen und Anlagen früher auszutauschen. Ein Szenario beschreibt etwa einen Anstieg der CO2-Steuern von 2027 bis 2030 von 255 €/t auf 340 €/t CO2-Äquivalente. Im besten Fall können so 54 Prozent der gesamten Treibhausgase in Deutschland bis 2030 gegenüber 1990 reduziert werden – statt der jetzt im Klimaschutzgesetz vorgesehenen 65 Prozent.
Klimaökonom: „Niedriger CO2-Preis schwächt auch die Wirtschaft“
Auf dem Spiel stehen dabei auch die Klimaziele der EU, wie sie derzeit im Rahmen des „Green Deal“ und „Fit for 55„-Paket geplant sind. „Unsere Ergebnisse zeigen, dass die Emissionen bis zum Jahr 2030 zwar die Zielmarke des Brennstoffemissionshandels erreichen, nicht aber die Ziele des Bundes-Klimaschutzgesetzes einhalten können. Selbst dann nicht, wenn wir deutlich höhere CO2-Preise als heute annehmen“, sagt Harthan. „Das BEHG ist ein erster Schritt zu mehr Klimaschutz“, schlussfolgert der Experte, „es braucht aber neben dem CO2-Preis noch weitere Klimaschutzmaßnahmen, um die notwendigen Klimaziele zu erreichen.“
Ähnliche Ergebnisse bereits im letzten Jahr
Die bisherigen Klimaschutzmaßnahmen in Deutschland reichen dafür allerdings nicht aus, wie Harthan bereits in einem Bericht von Oktober 2021 feststellte. Danach könnten die Treibhausgasemissionen in Deutschland bis 2030 um 49 Prozent und bis 2040 um 67 Prozent gegenüber 1990 sinken. Das Bundes-Klimaschutzgesetz schreibt jedoch Minderungsziele von 65 Prozent bzw. 88 Prozent vor. Untersucht wurden für den Bericht Maßnahmen, die bis August 2020 beschlossen wurden.
„Der Bericht zeigt deutlich, dass bestehende Instrumente nachgeschärft und neue entwickelt werden müssen, um die Klimaziele zu erreichen“, fasst Harthan in einer damaligen Aussendung zusammen. Bereits damals merkte der Wissenschaftler an, dass selbst bei deutlich höheren CO2-Preisen die Kohlendioxid-Emissionen nur um 51 Prozent gegenüber 1990 sinken würden.