Was Deutschland jetzt für Startups plant – und was fehlt

Die neue Regierungskoalition aus CDU/CSU und SPD hat in ihrem Koalitionsvertrag „Verantwortung für Deutschland“ mehrere Maßnahmen zur Förderung von Startups und der Innovationslandschaft vorgestellt. Der folgende Artikel fasst die wichtigsten Pläne zusammen und präsentiert die Einschätzungen des Startup-Verbandes.
Finanzierungs- und Investitionsvorhaben
Die Koalition plant einen „Deutschlandfonds“ mit einem Zielvolumen von 100 Milliarden Euro. Dieser soll als Dachfonds bestehende Finanzierungslücken im Bereich des Wachstums- und Innovationskapitals schließen, insbesondere für Mittelstand und Scale-Ups. Dafür werden mindestens zehn Milliarden Euro Eigenmittel des Bundes bereitgestellt, die durch privates Kapital und Garantien gehebelt werden sollen.
Zudem soll der bestehende Zukunftsfonds über 2030 hinaus verstetigt werden. Das Ziel ist, die Investitionen von Investoren bei der WIN-Initiative auf über 25 Milliarden Euro zu verdoppeln. Die gesamte Startup-Finanzierungsarchitektur soll einem „Effizienz-Check“ unterzogen werden.
Für bessere Investitionsmöglichkeiten soll die Solvency II-Novelle vorangetrieben werden, um die Eigenkapitalanforderungen für Infrastrukturprojekte und Wagniskapital zu senken.
Bürokratieabbau und Gründungserleichterungen
Ein zentrales Vorhaben ist die Schaffung eines vollständigen One-Stop-Shops, der alle Anträge und Behördengänge auf einer Plattform digital bündelt und eine Unternehmensgründung innerhalb von 24 Stunden ermöglichen soll. Notarielle Vorgänge sollen vereinfacht und digitale Beurkundungsprozesse ermöglicht werden.
Die Regierung plant, Bürokratiekosten für die Wirtschaft um 25 Prozent (rund 16 Milliarden Euro) zu reduzieren und den Erfüllungsaufwand für Unternehmen, Bürgerinnen und Bürger sowie Verwaltung um mindestens zehn Milliarden Euro zu senken.
Für öffentliche Beschaffung sollen die Schwellenwerte erhöht werden: Die Wertgrenze bei Direktaufträgen für Liefer- und Dienstleistungen wird auf 50.000 Euro und für Startups mit innovativen Leistungen in den ersten vier Jahren nach ihrer Gründung auf 100.000 Euro angehoben.
Technologie- und Innovationsförderung
Die Koalition will Deutschland zu einem starken Digitalstandort entwickeln und den Technologietransfer von Hochschulen in die Wirtschaft fördern. Der Staat soll als Ankerkunde für die digitale Wirtschaft auftreten.
Eine Hightech Agenda für Deutschland soll unter Einbindung der Länder gestartet werden, die technologieoffene Innovationsökosysteme und Forschungsfelder organisiert. Schlüsseltechnologien wie KI, Quantencomputing, Mikroelektronik, Biotechnologie und klimaneutrale Energieerzeugung stehen im Fokus.
Für Ausgründungen aus Hochschulen und Forschungseinrichtungen sollen standardisierte Ausgründungsverträge eingeführt werden, die insbesondere Nutzungsrechte von geistigem Eigentum gegen einen marktüblichen Anteil ermöglichen.
Fachkräfte und Talente
Um dem Fachkräftemangel entgegenzuwirken, sollen Arbeitsgenehmigungen für qualifizierte Fachkräfte beschleunigt werden. Eine digitale „Work-and-stay-Agentur“ mit einer zentralen IT-Plattform soll als einheitliche Ansprechpartnerin für ausländische Fachkräfte dienen und alle Prozesse der Erwerbsmigration und der Anerkennung von Berufs- und Studienabschlüssen bündeln.
Für die Förderung von Gründerinnen sind spezielle Unterstützungen vorgesehen, da Frauen bei Startup-Gründungen unterrepräsentiert sind. Zudem soll ein Mutterschutz für Selbständige analog zu den Mutterschutzfristen für Beschäftigte eingeführt werden.
Bewertung des Startup-Verbandes
Der Startup-Verband begrüßt, dass der Koalitionsvertrag zahlreiche Forderungen der Startup-Community aufnimmt – insbesondere bei der Wachstumsfinanzierung, beim Bürokratieabbau und in der Innovationspolitik.
Als besonders positiv wird der geplante Deutschlandfonds hervorgehoben, der in Kombination mit der Verstetigung des Zukunftsfonds und der Aufstockung der WIN-Initiative jene Kapitalspritzen ermöglichen könnte, „die es braucht, um globale Champions in Deutschland zu halten“. Allerdings fehlen nach Ansicht des Verbandes konkrete Instrumente zur Förderung von Exit-Märkten und Börsengängen in Deutschland.
Auch die Maßnahmen zum Bürokratieabbau werden positiv bewertet. „Startup-in-a-Day, ein One-Stop-Shop für Gründungen und die digitale Beurkundung sind mehr als symbolische Gesten – sie sind längst überfällig“, so der Verband.
Als Defizit sieht der Verband den Umgang mit strukturellen Standortfaktoren. Bei Themen wie Sozialabgaben, Renten- oder Gesundheitskosten bleibe es bei Prüfaufträgen, Kommissionen oder Zielkorridoren, ohne konkrete Reformen zu benennen.
Fazit und Ausblick
Insgesamt bietet der Koalitionsvertrag nach Einschätzung des Startup-Verbandes viele sinnvolle Einzelmaßnahmen für das Startup-Ökosystem. Die entscheidende Frage wird jedoch sein, ob es gelingt, „die vielen richtigen Impulse auch zusammenzuführen und wirksam umzusetzen.“
Der Verband betont: „Jetzt braucht es Tempo und gut ausdefinierte Zuständigkeiten, damit aus ambitionierten Ankündigungen echte Erleichterungen für Gründerinnen und Gründer werden. Der Koalitionsvertrag bietet die Chance für einen echten Aufbruch – aber er muss jetzt mit Leben gefüllt werden.“