Deutschlands neueste Züge tanken Wasserstoff, aber sie tanken nicht grün
Auf einer 126 Kilometer langen Strecke in Niedersachsen sind künftig zuerst 5, bis Jahresende dann 14 brandneue Wasserstoffzüge unterwegs. Angetrieben von einer Brennstoffzelle, ersetzen sie 15 alte Dieselzüge und sollen so ihren Beitrag zu eine, CO2-freundlicheren Nahverkehr zwischen den Städten Cuxhaven, Bremerhaven, Bremervörde und Buxtehude sorgen.
Die Züge stammen vom französischen Konzern Alstom und sind vom Typ „Coradia iLint“. Bei Top-Speed von 140 km/h schaffen die Züge mit Volltankung (es wird flüssiger, minus 254 Grad Celsius kalter Wasserstoff in die Tanks gefüllt) etwa 1.000 Kilometer. Getestet wird die Strecke seit etwa vier Jahren. Aufgetankt werden die Züge an der Linde-Anlage in Bremervörde, wo 64 500-Bar-Hochdrucktanks, sechs Wasserstoffkompressoren und zwei Zapfsäulen installiert wurden. Ein Kilogramm Wasserstoff ersetzt etwa 4,5 Liter Dieselkraftstoff.
Pro Jahr sollen so 1,6 Millionen Liter Diesel eingespart werden. Die Krux der Geschichte aber ist: Die Züge sind zwar emissionsfrei, wenn sie fahren, und geben anders als Dieselzüge kein CO2, sondern nur Wasser ab (und sind deswegen auch leiser). Doch noch handelt es sich nicht um grünen Wasserstoff, sondern um grauen – das berichtet Euronews. Grauer Wasserstoff ist der, der durch Dampfreformierung fossiler Brennstoffe wie Erdgas oder Kohle produziert wird. Dabei entsteht CO2, pro gewonnener Tonne Wasserstoff rechnet die Industrie mit zehn Tonnen Kohlenstoffdioxid. Grauer Wasserstoff ist also nicht klimaneutral.
In Österreich kann man jetzt erstmals mit einem Wasserstoffzug fahren
Grauer Wasserstoff im Einsatz
Wirklich grün werden die H2-Züge in Niedersachsen dann, wenn vor Ort grüner Wasserstoff produziert. Eine spätere Wasserstofferzeugung vor Ort mittels Elektrolyse und regenerativ erzeugtem Strom ist geplant, heißt es dazu seitens Alstom. Dazu bedarf es aber zusätzlicher Investitionen; generell gilt grüner Wasserstoff heute noch als viel teurer als grauer.
Die Wasserstoffzüge in Niedersachsen sind ein ordentliches Investment, sie kosteten insgesamt 93 Millionen Euro. 85 Millionen Euro stammte das Bundesland selbst, der Bund beteiligte sich mit 8,4 Millionen Euro an den Kosten für die Fahrzeuge und mit 4,3 Millionen Euro an den Kosten für die Tankstelle.
Für Alstom ist der Auftrag in Niedersachsen einer von mehreren. In der Region Frankfurt in Hessen wurden weitere 27 Coradia iLint-Züge bestellt, außerdem gibt es Projekte in der italienischen Lombardei und vier französischen Regionen. Außerdem werden Wasserstoffzüge des Herstellers auch in Österreich, den Niederlanden, Polen oder Schweden getestet (Trending Topics berichtete). Alstom-Konkurrent Siemens testet sein Modell „Mireo Plus H“ gemeinsam mit der Deutsche Bahn.
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