Reportage

Die Japan-Connection: Wie Österreich und die Hightech-Insel bei Start-ups zusammenarbeiten

Die berühmten Zebrastreifen und Menschenmassen der Shibua Crossing. © Fotolia/eyetronic
Die berühmten Zebrastreifen und Menschenmassen der Shibua Crossing. © Fotolia/eyetronic
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Über der Shibua Crossing in Tokio, der belebtesten Straßenkreuzung der Welt, weht diese Woche eine österreichische Fahne. Nein, nicht die rot-weiß-rote, vielmehr trägt sie das Logo des Pioneers Festival, das sich zur wichtigsten Start-up-Konferenz Österreichs gemausert hat. Seine Gründer, Jürgen Furian und Andreas Tschas aus Kärnten, haben ihre anfangs kleine Start-up-Konferenz mit einer Handvoll Besuchern zuerst in die Wiener Hofburg und von dort in die japanische Hauptstadt, die größte Metropolregion der Welt mit 37 Millionen Einwohnern, gebracht.

„Japan ist spannend, weil das Start-up-Ökosystem hier noch nicht so gut entwickelt ist“, sagt Andreas Tschas. Etwa 25 österreichische Firmen (etwa die Start-ups Parkbob und Anyline aus Wien) haben sich unter die etwa 1000 Besucher gemischt, um ins Gespräch mit japanischen Unternehmen ins Gespräch zu kommen und vielleicht auch einen Deal abzusahnen.

Der Zeitpunkt ist gut: Während in den USA, China oder Indien Start-ups mit Milliardenbewertungen aus dem Boden schießen, ist der einstige Hightech-Riese Japan ins Hintertreffen geraten. Gaben vor zehn, fünfzehn Jahren im Hochtechnologiebereich noch Marken wie Panasonic, Hitachi oder Fujitsu den Ton an, sitzen heute Unternehmen aus Südkorea, China oder den USA am Drücker. Bei Trendthemen wie Mobile, Internet of Things, Big Data spielen japanische Unternehmen nur mehr eine untergeordnete Rolle. Schuld an der mangelnden Innovationskraft ist vor allem die Kultur: Japaner verbringen den Großteils ihres Lebens als Angestellte großer, nationaler Konzerne, Gründergeist, der innovative Start-ups mit neuen Ideen hervorbringen könnte, ist rar. Vorm Scheitern, im Start-up-Geschäft immer eine drohende Option, haben Japaner besondere Angst, weil sie dann gesellschaftlich ausgestoßen werden. „Der Nagel, der heraussticht, wird hineingehämmert“, besagt ein Sprichwort.

Handel mit Daten

Geschafft haben Tschas und Furian den Export ihres Konferenzformats mit Hilfe japanischer Unternehmen: Neben dem Tech-Konzern Konica Minolta, der in Wien als Hauptsponsor auftrat, ist die japanische Wirtschaftszeitung Nikkei mit 2,8 Millionen Abonnenten der große Türöffner.

Nikkei, das sich 2015 um, 1,2 Mrd. US-Dollar die Financial Times kaufte, spürt wie viele andere japanische Unternehmen den Innovationsdruck, der vom Silicon Valley über den Pazifik schwappt. Bei der Partnerschaft mit Pioneers geht es ihnen nicht um den Verkauf von Eventtickets, sondern um Daten. Für die kleinen Start-up-Treffen, die Pioneers zusätzlich zu den Konferenzen in 32 Städten der Welt abhält, bewerben sich wöchentlich hunderte Start-ups mit detaillierten Informationen zu Geschäftsideen, Prototypen, Business-Modellen, Investoren und Mitarbeitern. Diese Daten, glaubt man bei Nikkei, kann man künftig in strukturierter Form an die eigenen Geschäftskunden verkaufen.

Von der Aufbruchstimmung in Japan, das sich selbst wirtschaftlichem Druck von China ausgesetzt sieht, soll auch Österreich profitieren. Staatssekretär Harald Mahrer (VP), der mit Wirtschaftsdelegation anreiste, will die Exportraten Österreichs (2015: 1,4 Mrd. Euro) bis 2020 um 20 Prozent steigern. Japan (nach China der zweit wichtigste asiatische Handelspartner) soll seinerseits Direktinvestitionen in Österreich (2015: 1,8 Mrd. Euro) bis 2020 um 30 Prozent erhöhen.

Wien als Lockvogel

Ein wichtiger Hebel für die wirtschaftliche Zusammenarbeit, da ist sich Mahrer mit der ebenfalls angereisten Wiener Wirtschaftstadträtin Renate Brauner einig, sind Start-ups. “Japan war bisher sehr verschlossen, aber es öffnet sich jetzt”, so Mahrer. Mit dem von ihm initiierten “Global Incubator Network” (GIN), von der Nationalstiftung mit vier Millionen Euro ausgestattet, sollen japanische Investoren und Start-ups nach Wien (u.a. zum Pioneers Festival im Mai) gelockt werden, um ihnen die Stadt als Hub für den Markteintritt in Mitteleuropa schmackhaft machen. Mit Japans Vize-Wirtschaftsminister Hoshino Tsuyoshi hat der Staatssekretär eine Absichtserklärung unterschrieben, damit GIN schnell umgesetzt werden kann. Japan ist damit das vierte und bis dato wichtigste Land, mit dem es eine solche Vereinbarung gibt.

Via GIN, das auch in die andere Richtung funktioniert, werden österreichische Jungfirmen auf Investorensuche finanziell unterstützt, um für jeweils drei Wochen nach Tokio, Hongkong, Singapur oder Tel Aviv zu gehen.

Auch die Stadt Wien will mit Hilfe von Pioneers Sogwirkung erzeugen und gibt mit dem “Startup Welcome Package” für zehn ausländische Jungfirmen dieses Jahr jeweils etwa 8000 Euro aus, um ihnen für drei Monate Unterkunft, Bürofläche und Beratung zu bieten. Wie viele Start-ups man mit den Programmen nach Wien holen wird können, darauf legt sich die Politik nicht fest. 2015 gab es zehn japanische Betriebsansiedlungen in Österreich, mit 15 Unternehmen ist die Austrian Business Agency (ABA) aktuell im Gespräch. Neben der Lebensqualität der österreichischen Hauptstadt wird den Firmen vor allem Zugang zu qualifiziertem Fachpersonal versprochen. Sicher sind sich Mahrer und Brauner jedenfalls in einem: “Die Japaner lieben Österreich.”

Das GIN-Programm

Das “Global Incubator Network” (GIN) ist mit vier Millionen Euro ausgestattet und wird von der staatlichen Förderbank aws und der Forschungsförderungsgesellschaft (FFG) gemanagt. Es soll zum einen ausländische Investoren und Start-ups drei Wochen nach Wien holen, zum anderen unterstützt GIN heimische Jungfirmen mit Geld, die bis zu fünf Wochen nach Tokio, Hongkong, Tel Aviv oder Singapur gehen wollen.

Disclaimer: Reise- und Übernachtungskosten für die Berichterstattung aus Tokio wurden vom BMWFW, aws und FFG übernommen.

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