Was Österreichs Female Founders für nachhaltigeres Gründen brauchen
„Österreich muss zu einem Ort werden, wo alle Startups gründen können. Zwar werden sich Frauen immer von den Männern unterscheiden, aber es braucht innovative Visionen von Frauen gleichermaßen wie von Männern“, erklärte Europaministerin Karoline Edtstadler beim Zukunftslabor „Starke Frauen für Europa – Perspektiven aus dem Unternehmertum“ am Mittwoch. Sie sprach hier im Rahmen der EU-Zukunftskonferenz mit sechs heimischen Innovatorinnen. Das Gespräch gab den Female Founders die Chance, ihre Unternehmen und Erfolgsgeschichten, aber auch ihre Herausforderungen und Wünsche der Politik direkt zu präsentieren. Dabei haben sie sowohl die Seite der Gründerinnen als auch die der Investorinnen beleuchtet.
Weibliche Startups bringen „Profit und Impact“
Mit dem Boom in der Startup-Szene im vergangenen Jahr konnten viele weibliche Gründerinnen mit starken Innovationen beeindrucken. „Man merkt, dass solche Startups wirklich auch Finanzierungen erhalten und wirtschaftliche Erfolge feiern können“, sagte Nina Wöss, Co-Founder von Female Founders und Vorstandsvorsitzende der AVCO. Das Frauen-Netzwerk hat in der österreichischen Startup-Szene eine wichtige Position und hilft weiblichen Gründerinnen mit verschiedenen Programmen dabei, ihre Startup-Träume zu verwirklichen.
Lisa-Marie Fassl, Mitgründerin und CEO von Female Founders, sieht das ähnlich. „Viele Jungunternehmen mit weiblichen Gründerinnen sind nicht nur darauf bedacht, den Unicorn-Status zu erreichen, sondern auch darauf, etwas zur Gesellschaft beizutragen. So sind viele im Bereich Nachhaltigkeit tätig. Sie schaffen damit nicht nur Profit, sondern auch einen Impact. Außerdem hatten wir noch nie zuvor einen so regen Kontakt zu einer so hohen Anzahl von politischen Entscheidungsträger:innen“, so Fassl.
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Mindset-Problem bei Female Founders oft noch vorhanden
Trotz einer Reihe von Erfolgen sind weibliche Founder in Österreich immer noch mit einer Reihe von Herausforderungen konfrontiert. Cornelia Habacher, Co-Founder & COO des Wiener Food-Startups Rebel Meat, kann das bezeugen. Rebel Meat ist eine Erfolgsstory und überzeugt seit 2019 mit nachhaltigen Fleischalternativen. Dennoch kennt Habacher die immer noch bestehenden Schwierigkeiten bei der Gründung, speziell für Frauen. Besonders schwerwiegend sei dabei die Angst vor dem Scheitern.
„Es handelt sich vor allem noch immer um ein Mindset-Problem. Gründen gilt in Österreich oft immer noch als eine zweite Option, wenn es mit dem Job nicht geklappt hat. Besonders Frauen müssen sich mehr im Klaren sein, dass Gründen und auch Scheitern in Ordnung ist. Und das muss auch in der öffentlichen Wahrnehmung so sein. Wir müssen hier ein ähnliches Mindset wie in den USA schaffen. Immerhin passierte in den letzten Jahren hier schon viel. Es gibt schon eine Reihe an weiblichen Vorbildern, die Frauen zum Gründen inspirieren können. Außerdem gibt es mittlerweile viele Netzwerke, in denen Founder sich gegenseitig unterstützen können“, so Habacher.
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Mehr Frauen müssen Schritt zur Angel-Investorin wagen
Dennoch ist die Szene weiterhin eher männlich dominiert, sowohl was Gründung, als auch Investments angeht. „Frauen sind leider immer noch unterrepräsentiert. Auch hier hat das noch viel mit dem Mindset zu tun. Wir haben beispielsweise gemerkt, dass weibliche Investorinnen bei Geldanlagen deutlich eher von Verlusten ausgehen als Männer. Das ist ein Nachteil, da vor allem Frauen in Jungfirmen mit weiblichen Foundern investieren und Männer eher in die mit männlichen Gründern“, sagte Laura Egg, Geschäftsführerin der Austrian Angel Investors Association (aaia).
Die aaia will laut Egg gegen die veralteten Vorstellungen über Männer und Frauen in der Startup-Welt ankämpfen. „Es handelt sich um ein gesellschaftliches Problem, das durch strukturelle Veränderungen gelöst werden kann. Wir wollen für junge Investor:innen das Risiko beim Einstieg minimieren, sodass vor allem mehr Frauen, aber auch mehr Männer den Schritt wagen, zu Angel Investors zu werden“, erläuterte Egg.
Noch viele Maßnahmen für Startup-Szene nötig
„Gerade der Austausch untereinander ist für weibliche Founder von großer Bedeutung. Durch ein starkes Netzwerk fassen sicher mehr Frauen den Mut zur Gründung“, meinte Marie Boltenstern, Geschäftsführerin des Schmuckdesign-Unternehmens Boltenstern. Sie hat zwar ihre Firma nicht gegründet, jedoch eine echte Innovation hineingebracht. Was als Goldschmied mit ihrem vater Sven Boltenstern anfing, ist deshalb nun eine 3D-Druckerei für Schmuck aus Edelmetall.
Doch nicht nur für Gründerinnen, sondern für die österreichische Startup-Szene allgemein gibt es noch viel zu tun. „Wir haben schon die Ressourcen und Talente, nun ist es wichtig, sie zu fördern und in ein positives Licht zu rücken, damit sie Österreich auch erhalten bleiben“, hieß es von Isabell Claus, Co-Founder des KI-Startups thinkers.ai. Maßnahmen wie die Einführung des Investitionsfreibetrags, die heiß erwartete neue Gesellschaftsrechtsform, die momentan unter dem Namen FlexCo läuft, sowie eine Vereinfachung der Verfahren für die Rot-Weiß-Rot-Karte wären laut den Gründerinnen schon lange erforderlich, damit die heimische Startup-Szene im internationalen Bereich mithalten kann.
„Gründung von Startups einfacher machen“
„Unser Ziel ist es, die Gründung von Startups, speziell für Frauen, deutlich einfacher zu machen“, kommentierte Karoline Edtstadler beim Zukunftslabor im Gespräch mit den „Female Founders“. Die „Konferenz zur Zukunft Europas“ ist eine öffentliche Debatte in allen Mitgliedsstaaten über die zukünftige Gestaltung und Ausrichtung der EU. Das EU-Parlament, der Rat und die EU-Kommission wollen die Europäer:innen anhören und ihren Empfehlungen folgen. Dabei sollen Startup-Gründer:innen ebenfalls nicht zu kurz kommen. „Unsere Startups leisten einen wichtigen Beitrag zu Innovationen und zur Wirtschaft. Deswegen ist es wichtig, auf ihre Bedürfnisse einzugehen“, so die Europaministerin.