Verbote

Die Zersplitterung des Internet beschleunigt sich

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Es hat begonnen. US-Präsident Donald Trump hat seine Drohung wahr gemacht und einen Bann der chinesischen Social-Media-App TikTok in den USA ausgesprochen, der in 45 Tagen einsetzen wird. Denn die App der Pekinger Firma ByteDance würde der Kommunistischen Partei Chinas Zugang zu persönlichen und geschützten Informationen der Amerikaner gewähren, „was es China potenziell ermöglicht, die Standorte von Bundesangestellten und Auftragnehmern zu verfolgen, Dossiers mit persönlichen Informationen für Erpressung zu erstellen und Unternehmensspionage zu betreiben“. Auch für WeChat des chinesischen Internet-Riesen Tencent soll es einen solchen Bann geben.

Damit setzt die bereits begonnene „Balkanisierung des Internet“ voll ein. Damit ist die Zersplitterung gemeint, so wie man den Zerfall Jugoslawiens in den 1990ern in seine Nachfolgestaaten gesehen hat, und vor einer solchen Balkanisierung wird schon seit vielen Jahren gewarnt. Weil Staaten die Kontrolle über die eigene digitale Welt haben wollen und den Einfluss von Online-Diensten ausländischer Unternehmen eindämmen wollen, werden schon seit vielen Jahren Services geblockt. Bisher kennt man das aber eher autoritären Regimen. Die „Große Firewall“ Chinas ist berühmt-berüchtigt: Facebook, YouTube oder Twitter sind in China blockiert, dafür konnten sich dort eigene riesige chinesische Dienste etablieren. In Russland wurde 2019 gar ein eigenes Gesetz beschlossen, um ein eigenes „Internjet“ zu schaffen.

Gut für Local Heroes?

Nun erreicht der Trend aber auch die westliche und demokratische Welt. Indien hat vor kurzem wie berichtet 59 chinesische Apps, darunter eben auch TikTok und WeChat, verbannt. Auch hier der Vorwurf: Untergrabung der Sicherheit und der öffentlichen Ordnung durch China. Da hilft es ByteDance auch nichts, immer wieder zu beteuern, keinen Einfluss der chinesischen Regierung zuzulassen, das TikTok-Geschäft vom chinesischen Pendant Douyin abgekoppelt zu haben und Daten außerhalb Chinas zu speichern.

Die kurzfristigen Effekte der Verbote wurden schnell sichtbar. In Indien boomten nach dem Bann der Apps die heimischen TikTok-Klone – so soll der Mitbewerber Roposo nach der Verlautbarung des TikTok-Verbots stündlich (!) 500.000 neue Nutzer dazu bekommen haben. „Für die App-Startups des Landes war das ein Raketenstart“, sagte Naveen Tewari, Gründer von Roposo, gegenüber der indischen Economic Times. „Wir haben eine realistische Chance, zum vierten Technologiezentrum der Welt nach den USA, China und Russland zu werden.“ Von der EU, keine Rede.

Der TikTok-Bann in den USA hat kurzerhand auch ermöglicht, dass sich Microsoft TikTok schnappen könnte. Bis zum 15. September soll feststehen, um wie viel Geld und zu welchen Konditionen sich der IT-Riese, der mehr für Business-Software und weniger für Consumer-Apps bekannt ist, in Social-Media-Territorium einkaufen kann. Microsoft soll es dabei nicht nur um das US-Geschäft der Video-App gehen, sondern um das globale Business, also auch jenes in Indien.

Langfristig schlecht fürs Business

Eigentlich müsste Mark Zuckerberg das alles gefallen, wird dem aufstrebenden chinesischen Konkurrenten doch ordentlich Wind aus den Segeln genommen. Aber nein. „Ich glaube, dass es sich langfristig um einen wirklich schlechten Präzedenzfall handelt und dass er mit äußerster Vorsicht und Ernsthaftigkeit behandelt werden muss, was auch immer die Lösung sein mag“, sagte Facebook-Chef Mark Zuckerberg vor Mitarbeitern. „Ich bin wirklich besorgt… es könnte sehr wohl langfristige Folgen in anderen Ländern auf der ganzen Welt haben.“ Dabei denkt er vermutlich an die schon lange Expansion von Facebook in China, die damit wohl nicht mehr stattfinden wird.

Dass die Zersplitterung des Netzes im Corona-Jahr 2020 beschleunigt wird, ist keine Überraschung. Überall liest und hört man von einem Ende der Globalisierung und einen neuen Fokus aufs Lokale. Wie die Beispiele China und Indien zeigen, kann das gerade für Startups kurz- und mittelfristig sogar gut sein. Sie können im eigenen Markt, geschützt vor internationalen Konkurrenten, wachsen und sich ihre Marktposition absichern. Doch langfristig ist die Zersplitterung des Internet denkbar schlecht für sie. Die Expansion in andere Märkte wird verunmöglicht oder nur unter erschwerten Bedingungen und Zugeständnisse erfolgen können. Für riesige Märkte wie die USA, Indien oder China mag das noch irgendwie funktionieren. Aber in Österreich und Europa sollten ob solcher Entwicklungen die Alarmglocken schrillen.

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