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Digibus: Autonome Busse für die letzte Meile sollen Österreich erobern

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Einsteigen, hinsetzen, chauffieren lassen: Öffentliche Verkehrsmittel bringen tagtäglich Millionen Menschen in Österreich von A nach B. Bislang unerlässlich dafür: Ein Fahrer oder eine Fahrerin. Das könnte sich allerdings bald ändern, denn an einigen Standorten in Österreich wird an den Transportmitteln von Morgen geforscht. Wir haben das Projekt „Digibus“ besucht.

„Digibus“ nennt sich das österreichische Leitprojekt unter der Konsortialführung von Salzburg Research. Das Ziel ist es, „Methoden, Technologien und Modelle zu erforschen und zu erproben, die einen zuverlässigen und verkehrssicheren Betrieb von automatisierten Shuttles in einem intermodalen regionalen Mobilitätssystem erlauben“. Nach Ablauf des Projekts sollen die wichtigsten Forschungsergebnisse gesammelt werden. Derzeit wird in drei Bereichen geforscht:

  • Teil-automatisierte Werkzeugkette zur Erstellung der digitalen Fahrumgebung
  • Simulation und Tests in realer Umgebung von ÖPNV-relevanten Fahrszenarien
  • Interaktion mit anderen Verkehrsteilnehmer/innen und Fahrgästen

Testen in Teesdorf

Um zu zeigen, wie der aktuelle Stand des Projekts ist, lud Digibus gemeinsam mit Kapsch TrafficCom und anderen Partnern (PRISMA solutions, Commend International, Fluidtime Data Services) nach Teesdorf, um auf dem dort ansässigen ÖAMTC-Zentrum Probefahrten zu ermöglichen. Geladen waren unter anderem auch die Projektleiter von auto.Bus, den autonomen Bussen in der Seestadt. Kurzpräsentationen und Workshops sollten die Möglichkeit bieten, Expertisen und Erfahrungswerte zielgerichtet auszutauschen.

Der Bus von Digibus dreht seine Runden in Koppl, wo er bereits im öffentlichen Bereich eingesetzt wird. Die Projektseite schreibt dazu: „Die Gemeinde Koppl ist ein typisches Beispiel für die sogenannte letzte Meile: Das Ortszentrum ist ca. 1,4 km von der B158 und damit von der Linie 150+ des Salzburger Verkehrsverbundes entfernt.“ Genau dieses letzte Stück wird mit dem autonomen Minibus befahren.

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Einige Level fehlen

Natürlich bekam der Bus auch vor Ort seinen großen Auftritt. In Sechsergruppen konnten die geladenen Gäste eine Runde durch das Testgelände drehen, wobei aus Sicherheitsgründen stets ein Supervisor dabei war. Cornelia Zankl, Projektleiterin bei Salzburg Research, erklärte uns: „Der Digibus fährt auf Level 3 autonom. Mit jeder zusätzlichen Stufe übernimmt das Gefährt mehr Aufgaben komplett selbstständig. Bei Level 3 muss der Operator (der Fahrer, Anm.) jederzeit eingreifen können, bei Level 4 ist das dann nicht mehr der Fall“. In Arizona fährt beispielsweise bereits seit einiger Zeit ein autonomer Bus der Stufe 5. Bis dahin wird es in Österreich aber noch ein wenig dauern.

Der Digibus bei einer Fahrt am ÖAMTC-Testgelände in Teesdorf. © Trending Topics
Der Digibus bei einer Fahrt am ÖAMTC-Testgelände in Teesdorf. © Trending Topics

Start kaum vor 2030

Karl Rehrl, Leiter des Projekts Digibus Austria, traut sich keine valide Einschätzung zu: „Das kann man nicht allgemein sagen. Wir haben jetzt gerade Halbzeit. Das Projekt läuft jetzt ca. 18 Monate, erste Ergebnisse haben wir bereits vorzuweisen.“ Auf einfachen Geländen mit sehr reduzierten Umgebungen könne man den Bus heute schon alleine fahren lassen. Die Barrieren, die dabei Probleme schaffen, kenne man nun. In der zweiten Projektphase gelte es, herauszufinden, „wie man diese Barrieren überwindet“. „Ich traue mich nicht, eine Einschätzung abzugeben, aber fünf bis zehn Jahre wird das [autonome Busse auf Österreichs Straßen, Anm.] sicher noch dauern“.

Ein grober Zeitraum, den Cornelia Zankl ebenfalls als realistisch ansieht: „Es gibt Einschätzungen, wonach ab 2025 Shuttles auf speziellen Abschnitten im öffentlichen Verkehr fahren werden. Ab 2030 könnten die Busse dann auch im öffentlichen Mischverkehr fahren – wobei dieser Zeitpunkt noch nicht definiert ist“. Bis dahin gibt es aber ohnehin noch genug zu tun: „Vorbereiten möchten wir Stufe 4. Dazu haben wir zwei Shuttles, die wir auf drei verschiedenen Fahrstrecken testen“. Evaluiert wird auch das Verhalten der Shuttles im öffentlichen Verkehr beziehungsweise in stark frequentierten Zonen. Bei weiteren Tests sollen Interaktionsmodelle zwischen den Shuttles und anderen Verkehrsteilnehmern und den Fahrgästen getestet werden.

Tests unter realen Bedingungen

Das Projekt steht nun bei etwa der Hälfte. In den ersten eineinhalb Jahren wurden bereits große Schritte bewältigt. Kahr Rehrl zeigt sich zufrieden. „Wir kommen jetzt wieder in eine methodische Phase. Das heißt, wir entwickeln die Technologien weiter und überlegen uns neue Konzepte“. Nächsten Sommer sollen dann die nächsten Tests folgen, in Koppl soll der autonome Bus sogar eine Zeit lang in einem Realbetrieb getestet werden. Neben der technischen Weiterentwicklung stehen außerdem noch weitere Testläufe auf dem Programm.

Karl Rehr im Gespräch mit den geladenen Gästen.

Sprechen mit dem Bus

So gilt es beispielsweise, den Fahrgästen ein Gefühl der Sicherheit während der Fahrt zu vermitteln. Bei klassischen Bussen mit Fahrern sind immer kompetente Ansprechpartner vor Ort, zu denen die meisten Öffi-Nutzer eine stabile Vertrauensbasis haben. Egal, ob die Fahrtrichtung unklar ist oder das Ticket fehlt, die Riege der Chauffeure steht meist mit Rat und Tat zur Seite. Die Herausforderung: Den Bus so „schlau“ machen, dass er ähnlich kompetent weiterhelfen kann und zudem Vertrauen vermittelt.

Um diese Aufgabe kümmert sich Klaus Hirschegger, Projektmanager für Entwicklungsprojekte im Unternehmen Commend International. „Wir sind verantwortlich für die Fahrgast-Interaktion. Im autonomen Umfeld gibt es keine Fahrer, denen man Fragen stellen kann“. Gefragt werde nach den Abfahrtszeiten, der Fahrstrecke oder der verbleibenden Fahrtzeit. Dafür hat Commend bereits eine Kommunikationslösung installiert, sowohl im Bus, als auch an der Haltestelle. Fahrgäste können sich so vor und während der Fahrt zu informieren. „Routing-Informationen und Fahrplan-Informationen können wir mit unserem Prototypen bereits automatisch beantworten lassen.“ In der Praxis kann der Bus in Koppl bereits die nächsten Haltestellen auf Nachfrage ausgeben.

Alle Infos per Chatbot

Dafür wurde eine Schnittstelle zur App „Wegfinder“ integriert. Das System kann in Echtzeit auf diverse Fahrplanauskünfte zugreifen. Künftig sollen Chatbots so programmiert werden, dass sie vor und während der Fahrt mit den Fahrgästen kommunizieren. Stephan Strodl, Head of Product & Solutions bei Fluidtime, ergänzt: „Die Aufgabe unserer Firma bei diesem Projekt war es, den Digibus in unsere Mobilitätsplattform zu integrieren.“ Dadurch lassen sich Informationen über Plattform von Fluidtime in Echtzeit im Bus ausgeben. Fluidtime agiert weltweit, aus zahlreichen Städten der Welt wurden bereits Daten in die hauseigene Software „FluidHub“ integriert. FluidHub soll „die Integration und Kommerzialisierung von Transportservices sowie die Verwaltung von Daten, Nutzern und Accounts“ einfacher machen.

Kapsch TrafficCom kümmert sich indes um die digitale drahtlose Kommunikation. Oliver Brandl, Director Sales Enablement V2X bei Kapsch TrafficCom erklärt das näher: „Das heißt, wir statten die Testfelder in Koppl und in Teesdorf mit drahtloser „V2X“-Technologie aus. Damit wird die Positionierung des Busses unterstützt.“ „V2X“ steht für „Vehicle to everything“, also die elektronische Vernetzung aller Teilnehmer am Verkehr (Fahrzeug-zu-Fahrzeug, Fahrzeug-zu-Straße, Fahrzeug-zu-Infrastruktur, Fahrzeug-zu-Netzwerk und Fahrzeug-zu-Personen).

Wo befindet sich der Bus?

In der Praxis gibt es zwei konkrete Anwendungsfelder: Die Lokalisierung des autonomen Fahrzeugs und die Situation bei der Ampel. „Lokalisierung ist sehr wichtig beim autonomen Fahren. Unsere V2X-Roadsite-Unit generiert Korrekturdaten für das Positions-GPS, die dabei helfen, sich genauer zu orientieren. Der Bus kann seine eigene Position damit zentimetergenau definieren.“ Der zweite Anwendungsfall tritt ein, wenn der Bus zur Kreuzung kommt: „Die Roadsite-Unit schickt Daten zum Bus, wenn sich dieser der Ampel nähert. Dadurch weiß der Bus, welche Phase beziehungsweise Farbe gerade leuchtet und ob das Überfahren der Kreuzung noch problemlos machbar ist – oder ob der Bremsvorgang eingeleitet werden soll.“

Das V2X-Evaluation Kit von Kapsch im Digibus.

Das Leitprojekt Digibus ist für Kapsch eine wichtige Möglichkeit, vorhandene Technologien in einem neuen Umfeld zu erproben. „Wir haben ein automatisiertes Fahrzeug, das wir mit digitalen Informationen über V2X, über digitale drahtlose Kommunikation, versorgen können.“ Die ersten Schritte sind also gemacht – damit 2030 dann jede Menge autonomer Kleinbusse Personen von A nach B bringen.

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