Digital Austria Act: Abschaffung der Stempelmarke, neue KI-Strategie
36 Grundsätze und 117 Maßnahmen, auf die sich die Koalitionspartner ÖVP und Grüne geeinigt haben: Der heute im Ministerrat beschlossene Digital Austria Act (DAA, als PDF verfügbar) hat das Ziel, alle Anwendungen und Dienste des Bundes mit einer „modernen, Bürger:innen-freundlichen und Nutzer:innen-zentrierten Technik“ auszustatten. Dazu gehört unter anderem auch, dass die 80 verschiedenen Apps des Bundes künftig einer „einheitlichen App-Strategie“ nach dem Motto „Mobile First“ unterzogen werden – mit einem großen Relaunch für die App „Digitales Amt“.
Die ist bisher dafür bekannt, dass man dort Hauptwohnsitz ändern, Urkunden oder Wahlkarten beantragen oder Schwangerschaften und Geburten melden kann. Die Digitales Amt-App soll laut Staatssekretär Florian Tursky (ÖVP) nun aufgebohrt werden. „Wir schaffen endgültig die Stempelmarke ab. Wir werden persönlichen Nachweise wie Meldeauskunft, Strafregisterauszug, Heirats- und Geburtsurkunden zukünftig gratis im digitalen Amt anbieten und auf einen Klick verfügbar machen“, verspricht der Politiker. Künftig sollten auch die RSa und RSb-Briefe digital zugestellt werden. Und auch klar: Alles, was digital angeboten wird, wird auch weiterhin analog angeboten werden, um weiterhin ältere Menschen volle Zugänglichkeit zu geben.
Präsentiert wurde der DAA am Donnerstag von Digitalisierungssekretär Florian Tursky (ÖVP) und Gesundheitsminister Rauch (Grüne), der auch die technische Weiterentwicklung der Elektronischen Gesundheitsakte (ELGA) ankündigte. So sollen künftig bestimmte Gesundheits-Apps von Ärzt:innen verschrieben werden können, die dort gewonnen Daten in ELGA abgespeichert werden. Künftig solle niemand mehr mit „ausgedruckten Röntgenbildern“ herumlaufen müssen. „Wir müssen dabei die Digitalisierungshemmnisse identifizieren und eliminieren, und gleichzeitig braucht es eine ganzheitliche Datenstrategie über die ganze Bundesregierung“, so Tursky.
eIDAS-Act: Digitaler Führerschein in Zukunft EU-weit anerkannt
Finanzierung für KI-Grundlagenforschung in Aussicht
Neuigkeiten gibt es auch an der KI-Front. „Die KI-Strategie von 2021 ist durch die Entwicklungen der letzten Monate überholt, und wir haben uns darauf verständigt, die KI-Strategie komplett upzudaten“, so Tursky. In den kommenden Wochen wollen Tursky, Klimaschutzministerin Leonore Gewessler (Grüne) und Bildungsminister Martin Pollaschek bereits die neue KI-Strategie vorstellen. Fix sei bereits jetzt, dass die KI-Grundlagenforschung ein „Ökosystem“ bekommen und auch finanziert werden soll. Außerdem soll es eine neue KI-Anlaufstelle für Bürger:innen neben einer eigenen KI-Behörde für Österreich geben.
Konkret heißt es im DAA:
„Für das erste Halbjahr 2023 wird daher von den federführenden Ressorts BMF und BMK im Rahmen des AI Policy Forums eine Bewertung des Umsetzungsstands der vorliegenden KI- Strategie durchgeführt. Darauf aufbauend wird gemeinsam mit den anderen Bundesministerien und Expertinnen und Experten aus Forschung, Wissenschaft, Wirtschaft, Intermediäre und Sozialpartnern ein Update der KI-Strategie formuliert, das konkrete Maßnahmen zur weiteren Stärkung des österreichischen KI-Ökosystems enthält.
Neben der Fortführung der Förderungen von KI-Technologien im Rahmen der angewandten Forschungsförderung, soll auch die Datenverfügbarkeit und Datennutzung erhöht und die notwendigen Rahmenbedingungen dafür geschaffen werden.
Zudem soll vor allem die KI-Grundlagenforschung ausgeweitet werden. Dazu soll ein Öko- System bestehend aus Unternehmen, Wissenschaft und Forschung geschaffen und finanziert werden.“
Die österreichische KI-Strategie ist wie berichtet vielfach in Kritik geraten. Der renommierte AI-Forscher Sepp Hochreiter von der JKU in Linz etwa bezeichnete die Situation für KI-Forschung- und Entwicklung in Österreich kürzlich als „katastrophal„. Darauf gab es große Reaktionen auch seitens der Politik – und Tursky schrieb sich die Angelegenheit auf die Fahnen und versprach Besserung. „Wie wir künftig mit KI in der Wirtschaft umgehen, wird darüber entscheiden, ob wir künftig Wohlstand und Wettbewerbsfähigkeit in unserem Land haben werden“, so der Staatssekretär.
Nun wird spannend werden, wie viel Geld der Bund für die Förderung von AI-Entwicklungen locker machen kann. Zum Vergleich: Deutschland etwa hat bereits vor mehreren Jahren eine KI-Strategie mit fünf Milliarden Euro gestartet, um unter anderem 100 KI-Professuren in fünf Jahren aufzubauen; Schweden hat eine halbe Milliarde Euro für unter anderem 50 KI-Professuren gestartet.
Reaktion auf ChatGPT
Der DAA wurde von der Industriellenvereinigung (IV) begrüßt. „Die Umsetzung konkrete Maßnahmen und die Sicherstellung der notwendigen Infrastruktur können Österreich und Europa im Technologiewettlauf voranbringen“, so Christoph Neumayer, Generalsekretär der IV. „Europa droht dabei im Spannungsfeld zwischen Asien, besonders im Bereich von Hochleistungschips, und den USA, die heute bei den meisten digitalen Schlüsseltechnologien führend sind – wie etwa die die jüngsten Entwicklungen rund um ChatGPT zeigen – zurückzufallen.“
Auch seitens WKÖ wird der DAA als „Booster“ bezeichnet. „Ein deutliches Bekenntnis zur Fortsetzung und zum Ausbau von KMU.DIGITAL sowie der Digitalen Innovationshubs (DIH) wäre ein weiterer bedeutender Schritt, um die zukünftige Wettbewerbsfähigkeit zu stärken und mehr Unternehmen in die Lage zu versetzen, digitale Schlüsseltechnologien zu nutzen“, so Mariana Kühnel, stellvertretende Generalsekretärin der WKÖ.
„Situation für KI ist katastrophal“: Österreich bei AI-Strategie auf Entwicklungsland-Level