Direct Cashmere: Woher die Wiener die günstigen Kaschmir-Pullover bekommen
Kaschmir ist etwas Besonderes – und diesen Ruf hat das Garn seiner Herkunft zu verdanken. Denn die Fasern werden aus dem Unterhaar einer bestimmten Art von Ziegen gewonnen, die nur in Hochebenen wie der jener der Mongolei leben. Doch dank der Beliebtheit des Stoffes finden immer mehr Kaschmir-Produkte den Weg in Regale und Onlineshops, die Preise fallen. Medien berichten immer wieder von Mogeleien oder schlechter Qualität bei den angeblich edlen Kleidungsstücken.
Matthias Gebauer sieht das als Problem der Branche und will diesem Trend entgegenwirken. „Jedes Jahr werden vier mal so viele Kaschmir-Teile produziert als überhaupt Rohstoff vorhanden ist“, glaubt der Wahl-Wiener. „Nicht einmal große Unternehmen wissen noch genau, was in ihren Kaschmir-Pullovern wirklich drinnen ist.“
Offen gelegte Preise, verwirrende Kooperationen
Vor vier Jahren gründete er das österreichische Unternehmen Ezio Foradori, mit dem er heute nach eigenen Angaben reine Kaschmir-Produkte online sowie in einem Laden in Wien verkauft. 2017 kam eine neue Gesellschaft und Investoren hinzu: Unter dem Namen Direct Cashmere will sich Gebauer offenbar einem jüngeren Publikum widmen – die Kleidung ist günstiger, die Webseite moderner und das Angebot auf einzelne Schnitte reduziert.
Gebauer setzt auf Transparenz. Die Produkte werden nach Angaben des Unternehmens von einem unabhängigen Gutachter auf den Kaschmir-Gehalt getestet, die Kosten für die Kleidungsstücke sind online aufgeschlüsselt. Einen Damenpullover gibt es ab 150 Euro. Der Preis sei deshalb „so günstig“, weil man auf zusätzliche Kosten wie Zwischenhändler verzichte, heißt es vom Unternehmen.
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Hergestellt werden die Stoffe bei einer Produktionsfirma in der Mongolei. Kurios: Obwohl diese auch Ezio Foradori heißt, betont Gebauer, dass es bisher keine gesellschaftliche Verbindung zwischen den beiden Firmen gebe. „Der gleiche Name wurde damals aus Marketinggründen gewählt, um zu zeigen, dass wir diese enge Beziehung zu der Mongolei haben,“ sagt Gebauer, der dafür die Erlaubnis des Produzenten eingeholt habe.
Auf der Homepage des Wiener Unternehmens vermischen sich dennoch beide Firmen. Gebauer wirbt für Ezio Foradori als eine „österreichische Traditionsmarke“, die bereits seit 1996 Kaschmir-Produkte herstelle und eine eigene Manufaktur in der Mongolei habe. Gleichzeitig erklärt der Gründer im Interview, er plane, die mongolische Produktionsstätte in Zukunft dann doch zu übernehmen – allerdings mit seiner neuesten Gesellschaft.
Kritik an Kaschmir
Nicht nur Fälschungen machen Kaschmir zu einem problematischen Produkt, auch die Herstellung steht in der Kritik. Die Tierschutzorganisation Peta etwa prangert sie als Tierquälerei an, weil die Ziegen oft qualvoll geschoren würden. Der britische Modehändler Asos etwa plant Medienberichten zufolge, keine Kaschmirprodukte mehr zu verkaufen.
„Leider gibt es immer wieder ganz schlimme Videos, wie Kaschmir-Ziegen behandelt werden. Dies ist ein riesiges Thema und gerade in China leider gang und gäbe“, sagt Gebauer dazu. Seine Lieferanten seien hingegen mongolische Nomaden, die die Tiere gut behandelten, die Wolle im Frühling mit der Hand auskämmten und auch auf die zunehmende Versteppung der Mongolei Rücksicht nähmen, da zu viele Ziegen der Umwelt schadeten. „Wir haben eine enge Beziehung zu unserem Produzenten und über ihn zu den Nomaden“, betont Gebauer. „Dadurch können wir den gesamten Fertigungsprozess kontrollieren.“