Richtlinie

EU-Lieferkettengesetz: Balance zwischen Unternehmensinteressen und Schutzmaßnahmen

Die EU-Kommission will KI regeln. © Pixabay
THE EU COMMISSION WANTS TO REGULATE AI. © PIXABAY
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Das Europäische Parlament hat heute den Entwurf für ein EU-Lieferkettengesetz, auch bekannt als „Corporate Sustainability Due Diligence-Richtlinie“, mit einer Mehrheit im Plenum angenommen. Überraschend für viele ist, dass die neuen Regeln nun auch für Unternehmen mit mehr als 250 Mitarbeiter:innen gelten sollen. Das Parlament hat seine Position über die neuen Regeln zur Einbeziehung von Menschenrechten und Umweltauswirkungen in der Unternehmensführung jedoch eindeutig gemacht, was Aktivist:innen als klaren Sieg betrachten. Allerdings sorgt diese Entscheidung auch für Kritik von Seiten der Wirtschaft, die Bedenken hinsichtlich der Umsetzbarkeit und Auswirkungen äußert.

Gilt nun auch für alle Firmen mit mehr als 250 Mitarbeiter:innen

Die Abgeordneten fordern, dass Unternehmen in der EU in Zukunft die negativen Auswirkungen ihrer Aktivitäten auf Kinderarbeit, Sklaverei, Arbeitsausbeutung, Umweltverschmutzung, Umweltzerstörung sowie den Verlust der biologischen Vielfalt „verhindern, beenden oder zumindest abmildern“. Demnach sollen Unternehmen auch ihrer Partner in der Wertschöpfungskette überwachen und bewerten, darunter die Bereiche Verkauf, Vertrieb, Transport, Lagerung und Abfallmanagement. Die neuen Regeln betreffen Unternehmen in der EU, unabhängig von ihrer Branche, einschließlich Finanzdienstleistungen, mit mehr als 250 Beschäftigten und einem weltweiten Umsatz von über 40 Millionen Euro sowie für Mutterunternehmen mit mehr als 500 Beschäftigten und einem weltweiten Umsatz von über 150 Millionen Euro. Diese Änderung stellt eine deutliche Erhöhung dar, da zuvor nur Hochrisiko-Sektoren von dieser Grenze betroffen sein sollten. Es wird erwartet, dass Industrievertretungen noch erheblichen Widerstand leisten werden.

Mangelnde Wahrnehmungen von Pflichten von Unternehmen

„Die Unterstützung des Europäischen Parlaments ist ein Wendepunkt im Denken über die Rolle von Unternehmen in der Gesellschaft. Ein Corporate-Responsibility-Gesetz muss sicherstellen, dass die Zukunft bei Unternehmen liegt, die gesund mit Mensch und Umwelt umgehen – und nicht bei Unternehmen, die aus Umweltschädigung und -ausbeutung ein Einnahmemodell gemacht haben. Die meisten Unternehmen nehmen ihre Pflicht gegenüber Mensch und Umwelt ernst. Wir helfen diesen Unternehmen mit diesem ‚fairen Wirtschaftsrecht‘. Und gleichzeitig haben wir die wenigen großen Cowboy-Unternehmen abgeschnitten, die gegen die Regeln verstoßen“, so Lara Wolters (SPE) nach der Abstimmung im Plenum. Die Verhandlungsposition des Parlaments wurde mit 366 Ja-Stimmen, 225 Nein-Stimmen und 38 Enthaltungen angenommen.

Zusammenarbeit mit Aktivist:innen wird ebenso Pflicht

Die neuen Regeln verlangen von Unternehmen außerdem, mit den von ihren Handlungen betroffenen Menschen, darunter Menschenrechts- und Umweltaktivist:innen, in Kontakt zu treten, einen Beschwerdemechanismus einzuführen und die Wirksamkeit ihrer Sorgfaltspflicht regelmäßig zu überprüfen. Um Anlegern den Zugang zu erleichtern, sollten Informationen über die Due-Diligence-Politik eines Unternehmens auch auf dem European Single Access Point (ESAP) verfügbar sein.

Sanktionen bei Nichteinhaltung

Unternehmen, die gegen die Regeln verstoßen, sind verpflichtet, Schadensersatz zu leisten und können von nationalen Aufsichtsbehörden sanktioniert werden. Diese Sanktionen umfassen Maßnahmen wie die öffentliche Bekanntgabe des Verstoßes („Naming and Shaming“), den Rückzug von Produkten des Unternehmens vom Markt oder Geldstrafen in Höhe von mindestens fünf Prozent des weltweiten Nettoumsatzes. Darüber hinaus werden Nicht-EU-Unternehmen, die sich nicht an die Regeln halten, von öffentlichen Aufträgen in der EU ausgeschlossen.

Des einen Freud, des anderen Leid

Zivilgesellschaftliches Bündnisse wie „Menschenrechte brauchen Gesetze“ begrüßen diesen Schritt natürlich: „Es ist ein starkes Zeichen des EU-Parlaments, das den jüngsten Aufweichversuchen von Konzernlobbyist:innen eine klare Absage erteilt”, sagt Bettina Rosenberger, Koordinatorin der Kampagne „Menschenrechte brauchen Gesetze“. Laut Rosenberger enthält die heute abgestimmte Position wesentliche Verbesserungen im Vergleich zum Kommissionsvorschlag vom Februar 2022 und zur Position des Rates vom Dezember 2022.

Auf der anderen Seite fordert etwa die Wirtschaftskammer Österreich Nachverhandlungen, um eine „praxistaugliche Lösung mit Augenmaß“ zu erreichen. Sie betont, dass weiterhin Bedarf für Verbesserungen bestehe, um auch die Interessen der Unternehmen angemessen zu berücksichtigen und eine effektive Umsetzung zu gewährleisten. „Die österreichischen Unternehmen und die Wirtschaftskammer unterstützen das Vorhaben, dem nachhaltigen und sozial verantwortungsvollen Wirtschaften, wie es in Europa seit jeher praktiziert wird, zu globaler Geltung zu verhelfen. Das darf allerdings nicht zum Bumerang für den Wirtschaftsstandort Europa werden. Staatliche Hoheitsaufgaben können nicht einfach auf die Unternehmen abgewälzt werden“, so Karlheinz Kopf, Generalsekretär der Wirtschaftskammer Österreich (WKÖ).

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