Digitaler Werbemarkt

Don’t Feed The Monster! Regionale Medien und globale Tech-Giganten im Wettstreit

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Auch 2019 wird der Online-Werbemarkt in Österreich wieder wachsen – um etwa 4,6 Prozent gegenüber dem Vorjahr, schätzen die Wiener Marketing-Experten von Momentum Wien. Doch das bedeutet im Umkehrschluss nicht unbedingt, dass Online-Portale und digitale Medien aus Österreich direkt von diesem Wachstum profitieren. Denn tatsächlich ist es so, dass große Teile der Budgets zu ausländischen Plattformen und Werbenetzwerken wandern – allen voran Google und Facebook.

Eine Befragung von 90 branchenrelevanten Playern durch Momentum Wien zeigt, dass 2019 rund 263 Millionen Euro in klassische Online-Werbung (also zum Beispiel Ad-Banner) fließen werden – das sind etwa 41 Prozent der insgesamt geschätzten knapp 638 Millionen Euro, die dieses Jahr in Online-Ads fließen werden. Für Social Media Marketing (also in erster Linie Facebook und seine Tochter Instagram) werden 2019 geschätzte 66 Millionen Euro ausgegeben (10 Prozent Anteil), für Suchwortvermarktung (= Google) sind es geschätzte 200 Millionen Euro, die Werbetreibende dieses Jahr springen lassen (31 Prozent Anteil). Ebenfalls stark vertreten sind Rubrikenmärkte (u.a. willhaben als Österreichs größter Player in diesem Bereich), in die laut Momentum Wien rund 102 Millionen Euro (16 Prozent) fließen werden.

Wohin wandern die digitalen Werbe-Spendings?

Das bedeutet einerseits, dass rund 40 Prozent der digitalen Werbe-Spendings zu Google und Facebook wandern, andererseits aber auch, dass klassische Bannerwerbung auf Online-Portalen laut Momentum Wien weiter stark gebucht wird und dieses Jahr sogar um 8 Prozent zulegen wird. Dem gegenüber stehen allerdings Analysen des Marketing-Forschungsinstituts Focus, dass sich Banner-Werbung auf Online-Portalen in Österreich im Sinkflug befindet, während Ads auf Social Media, in Videos und bei Suchmaschinen wachsen. Dazu kommt der Faktor Ausland: Werbetreibende können im Internet auch auf Webseiten oder in Apps Ads schalten (via Programmatic Advertising), die von internationalen Unternehmen betrieben werden. Branchenexperten schätzen, dass gar mehr als 50 Prozent der digitalen Werbeausgaben in Österreich ins Ausland wandern.

Im bewegten Politjahr 2019 ist in Österreich noch ein weiterer Faktor dazu gekommen: die Neuwahlen. Im Wahlkampf wurden laut iab austria, ein Verein zur Förderung der digitalen Wirtschaft, von den Parteien insgesamt mehr als 1,4 Millionen Euro für Ads auf Instagram, Facebook oder YouTube ausgegeben – das ist fast so viel, wie für Wahlwerbung bei österreichischen Digitalmedien ausgegeben wurde. Anlass für Kritik:  „Soziale Medien leisten keinen Beitrag zur journalistischen Qualität in Österreich, führen hierzulande kaum Steuern ab, schaffen fast keine Arbeitsplätze und sind bei den Machern von Fake-News ebenso beliebt wie bei den wahlwerbenden Parteien“, ärgert sich etwa Eugen Schmidt, Leiter des Online-Vermarkterkreises im iab austria. „Österreichische Medien bieten fundierten Journalismus, Vertrauenswürdigkeit, Brand Safety und Umfeldqualität. Die Ausgabenstrategie der Parteien ist vor dem Hintergrund der Lippenbekenntnisse zur Stärkung des Digital- und Medienstandorts absolut nicht nachvollziehbar.“

Rettung durch die kommende Digitalsteuer?

Nicht nur in Österreich, auch auf internationaler Ebene, gibt es derzeit eine große Debatte rund um US-Plattformen und ihre Regulierung. Zwar ist eine EU-weite Besteuerung der Internetgiganten zuletzt gescheitert, doch Österreich und Frankreich sind auf nationaler Ebene mit einer Digitalsteuer vorgeprescht. Facebook, Google oder Amazon müssen in Österreich ab dem Jahr 2020 eine fünfprozentige Steuer auf Online-Werbeumsätze abführen, das Finanzministerium rechnet mit Mehreinnahmen von bis zu 200 Millionen Euro. Aus diesen aus der Digitalsteuer resultierenden Einnahmen sollen jährlich 15 Mio. Euro an österreichische Medienunternehmen gehen.

Doch gegen das kommende Gesetz gibt es Vorbehalte. Während VÖZ (Verband Österreichischer Zeitungen) und VÖP (Verband Österreichischer Privatsender) die im September beschlossene Digitalsteuer begrüßten, gibt es etwa Kritik seitens der Fachgruppe Werbung und Marktkommunikation Wien. „Die Digitalsteuer ist ein Etikettenschwindel. Die globalen Digitalkonzerne kommen ungeschoren davon, denn sie werden diese Steuer an ihre Werbekunden abwälzen. Das sind unsere Mitgliedsbetriebe, die für ihre Kundinnen und Kunden auf Google, YouTube oder Facebook Werbung schalten“, so Marco Schreuder, Obmann der Fachgruppe Werbung und Marktkommunikation Wien. In Frankreich etwa zeigte sich, dass Amazon die zusätzlichen Kosten einfach auf seine Kunden umlegt. „Wir haben keine andere Option, als sie weiterzureichen“, teilte der Konzern mit.

Kommt eine internationale Lösung?

Auf internationaler Ebene findet derzeit ein neuer Anlauf für eine einheitliche Regelung statt. Die OECD (Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung) hat einen Vorschlag vorgelegt, der vorsieht, dass die Zuordnung von Gewinnen und entsprechenden Besteuerungsrechten verändert werden, damit multinationale Unternehmen dort besteuert werden, wo sie Umsatz machen – auch wenn sie dort keine physische Präsenz haben. Bis Jänner 2020 soll es eine Vereinbarung der OECD-Mitgliedsstaaten, zu denen auch Frankreich und Österreich zählen, geben. Sowohl Frankreich als auch Amazon haben den Vorschlag bereits begrüßt.

Doch zurück zur österreichischen Medienlandschaft: Sowohl Betreiber von Online-Medien als auch Werbetreibende müssen sich auch in Zukunft drängende Fragen stellen: Welche Möglichkeiten hat heute ein neues regionales Medium, um sich in diesem schwierigen Marktumfeld durchzusetzen? Wie steht es um die tatsächliche Performance der regionalen Medien im Gegensatz zu ihrer Konkurrenz aus Übersee? Hat man als Werber in einer globalisierten Welt die moralische Pflicht, regionale Unternehmen zu unterstützen? Und sollte man Google, Facebook & Co generell stärker besteuern oder gar regulieren?

Diskussionsveranstaltung zum Thema

Zu diesen Fragen veranstaltet willhaben, der größte digitale Marktplatz Österreichs, gemeinsam gemeinsam mit Trending Topics am nächsten Dienstag, 15. Oktober, in Wien eine Diskussionsveranstaltung unter dem Titel „Don’t Feed the Monster! Regionale Medien vs. globale Tech-Giganten„. Am Podium diskutieren:

  • Manuel Reinartz, Chefredakteur, Die Presse Digital
  • Jochen Schneeberger, Head of Digital Advertising, willhaben
  • Irina Obushtarova, Managing Director, Trending Topics Bulgaria
  • Thomas Meyer, Co-Founder, Toman+Meyer
  • Markus Höfinger, Managing Director – Accenture Interactive
  • Maggie Childs, CEO, Metropole (Moderation)

Die Veranstaltung ist als Invitation-Only-Event konzipiert und richtet sich an Entscheider und Experten aus der Marketing- und Medienbranche. Interessierte können sich unter diesem Link anmelden.

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