E-Flugzeuge: Fliegen im Kleinen, aber (noch) nicht im Großen
Österreichs erstes E-Flugzeug ist seit Jänner 2022 am Flugplatz Bad Vöslau-Kottingbrunn in Betrieb. Gestern wurde es offiziell der Öffentlichkeit vorgestellt. Die zweisitzige Maschine verursacht dabei keine CO2-Emissionen und nahezu keinen Fluglärm, so zumindest die Auskunft der Betreiber. Der Strom kommt dabei aus der Photovoltaikanlage auf dem Hangardach. Die Flugschule Watschinger setzt das zweisitzige E-Flugzeug vom Typ „Velis Electro“ in der Pilot:innen-Ausbildung beim sogenannten „Platzrunden-Training“ ein. Dort werden Starts und Landungen geübt und nur kurze Flugrunden über dem Areal absolviert werden.
E-Flugzeuge noch auf Kurzstrecken beschränkt
Noch sind E-Flugzeuge auf Kurzstrecken beschränkt, die mögliche Flugdauer des „Velis Electro“ liegt laut Aussendung der Österreichischen Luftfahrbehörde Austro Control etwa bei 30 Minuten. Hersteller Pipistrel gibt die Ausdauer ihres E-Flugzeugs mit 50 Minuten an.
Beide dieser kurzen Flugzeiten reichen in der Flugschule Watschinger allerdings aus. Und während die Maschine in etwa 90 Minuten voll aufgeladen wird, finden die Vor- und Nachbesprechungen der Trainingseinheiten statt. „Dieses E-Flugzeug eignet sich perfekt für unseren Flugschulbetrieb. Wir können damit die Trainingsflüge frei von CO2- und Lärmemissionen und somit absolut klima- und anrainerschonend durchführen“, freut sich Geschäftsführer Georg Watschinger in der Aussendung.
Österreichische Kurzstreckenflüge fast immer durch Bahn ersetzbar
Das E-Flugzeug des slowenischen Herstellers Pipistrel ist dabei nicht das einzige Trainingsflugzeug, das auf einen elektrischen Antrieb setzt. Der „Elektra Trainer“ der oberbayerischen Firma Elektra Solar ist ebenso für Trainingsflüge ausgerichtet. Der Flieger soll dabei bis zu drei Stunden in der Luft bleiben können, die Betriebskosten belaufen sich auf günstige 60 Euro pro Stunde, so Fluglehrer und Finanzier Uwe Nortmann in einem Interview. 2023 soll der Elektra Trainer alle Zulassungsprozeduren hinter sich gebracht haben und in Betrieb gehen.
Geringe Energiedichte der Akkus als Problem
E-Flugzeuge auf der Langstrecke oder E-Passagierflugzeuge dürften aber weiterhin Zukunftsmusik bleiben. Grund dafür ist die geringe Energiedichte der Akkus. Laut dem Schweizer Bundesamt für Zivilluftfahrt (BAZL) liegt die Energiedichte einer Hochleistungsbatterie bei 0,2 Kilowattstunden pro Kilo. In einem Kilogramm Kerosin sind rund 12 kWh gespeichert, also rund 60 Mal so viel. Obwohl der Wirkungsgrad eines E-Flugzeuges laut BAZL doppelt so hoch wäre, wie bei einem Kerosin-betriebenen Flugzeug, wenn das Gewicht gleich bliebe, sind aufgrund des so entstehenden großen Gewichts der Batterien nur kurze Distanzen möglich.
Trotzdem arbeitet Rolls-Royce etwa an einem E-Flugzeug, das bis 2030 dank verbesserter Batterie-Technologie bis zu 400 Kilometer am Stück fliegen und dabei acht bis 18 Passagiere transportieren könnte. Die Firma „Elektra Solar“, die 2023 den zweisitzigen „Elektra Trainer“ in Betrieb nehmen will, arbeitet ebenso an einem elektrischen Zehnsitzer für die Kurzstrecke. In fünf bis sechs Jahren sollen so bis zu 500 Kilometer an Reichweite zurückgelegt werden. Und auch der Paketdienst DHL plant rein elektrische Frachtflugzeuge: Hier soll die Reichweite sogar bei über 800 Kilometern liegen (wir berichteten).
Es wird jedoch fieberhaft an neuen Antriebsarten für Flugzeuge geforscht (wir berichteten), wie Brennstoffzellentechnik und hybriden Antrieben. Auch im „CO2-neutralen“ Kerosin erhoffen sich einige die Lösung. Erst Anfang Oktober 2021 präsentierte die Umweltorganisation Atmosfair eine Anlage in Wertle in Norddeutschland, die die große Hoffnung der Luftfahrt produziert soll: CO2-neutrales Kerosin, wir berichteten. In Norddeutschland hergestellt mittels „Power-to-Liquid“-Verfahren aus Wasser und Windkraft. Beide Komponenten werden zunächst in Wasserstoff gewandelt, aus welchem dann, in Kombination mit Kohlendioxid (CO2) aus Lebensmittelresten einer Biogasanlage und aus der Umgebungsluft, in einem weiteren chemischen Prozess flüssiges Kerosin wird. Das Schweizer Startup Synhelion arbeitet währenddessen an „solarem Kerosin“, das mittels „Sun-to-Liquid“-Verfahren produziert wird. Beide eint: Skaliert sind die Verfahren noch nicht. Auch die Energieeffizienz lässt noch zu wünschen übrig.
Hinzu kommt: Das CO2-neutrale Kerosin löst keinesfalls das Problem, dass das Fliegen enorm dem Klima schadet. Denn CO2-neutral bedeutet zunächst nicht klimaneutral. Auch wenn ein Flugzeug CO2-neutrales Kerosin tankt, schadet es dem Klima in Form von Kondensstreifen und Stickoxiden.
Solares Kerosin: Über den Wolken durch Sonnenenergie und CO2
Flugbranche muss CO2-Ausstoß massiv reduzieren
Weltweit trägt der Flugverkehr allein laut dem deutschen Luft- und Raumfahrtzentrum mit mehr als drei Prozent zur menschengemachten Klimakrise bei. Rund 80 Prozent davon sind laut International Council on Clean Transportation auf Passagierflüge zurückzuführen, die jedoch nur von etwa elf Prozent der Weltbevölkerung genutzt werden.
Eine Studie der Universität Oxford aus dem Jahr 2021 geht bereits von einem Einfluss von etwa vier Prozent auf die menschengemachten Klimakrise aus. Würde der Luftverkehr seinen Wachstum aus der Zeit vor der COVID-Pandemie fortsetzen, hätte die Branche einen Anteil von 6 bis 17 Prozent an den verbleibenden 0,3 bis 0,8 Grad, damit die globale Erwärmung 1,5 bis 2 Grad nicht überschreitet. Laut den Studienautor:innen würde es allerdings bereits einiges bringen, den Flugverkehr mit dem derzeitigen Treibstoffmix dauerhaft um 2,5 Prozent pro Jahr zu verringern.
„Ist ein Flug überhaupt notwendig?“
Am Ende steht die Frage, ob der einzelne Flug tatsächlich notwendig ist, so auch Studien-Leiter Milan Klöwer von der Universität Oxford in einem Interview: „Menschen müssen sich überlegen: Ist ein Flug überhaupt notwendig?“. Natürlich würde das die Verantwortung für die Dekarbonisierung auf die Verbraucher:innen teilweise abwälzen. Dennoch findet er es gut, unnötige Flugreisen zu reduzieren und an der Diskussion teilzunehmen. „Denn wenn alle darüber reden, kann das politische Veränderungen bewirken“, fügt Klöwer hinzu.