E-Scooter, E-Bike und Co. können Verkehrsemissionen drastisch senken
Die „Last Mile“, die letzte Meile bis zur Wohnung, ist oft die anstrengendste. E-Scooter-Anbieter haben das erkannt und bewerben ihre elektronischen Leichtfahrzeuge, die eine Person schnell, bequem und auch klimaschonend von A nach B transportieren sollen. Denn durch E-Roller, E-Bikes und Co. sei man nicht mehr so stark vom eigenen Auto oder Taxiunternehmen angewiesen.
Die Umweltbilanz von E-Scooter und Co. ist dabei zweischneidig: Ersetzen sie Fahrten mit dem Auto oder Motorrad, sind sie umweltfreundlich. Werden elektrisierte Leichtfahrzeuge verwendet, um das Fahrrad oder die eigenen Füße abzulösen, sind sie das genaue Gegenteil. Genau lässt sich allerdings schwer sagen, für welche Wege E-Scooter derzeit genutzt werden. Laut einer Untersuchung der Unfallforschung für Versicherer aus dem Jahr 2021 ersetzen nur knapp 5,5 Prozent der E-Scooter-Fahrten eine Fahrt mit dem Auto. Zu über 50 Prozent würden E-Scooter Wege ersetzen, die man vorher zu Fuß gegangen wäre. Ähnliche Ergebnisse zeigte eine Umfrage aus dem Jahr 2019 aus Paris. Hier liegen die eingesparten Autofahrten bei 8 Prozent, die vermiedenen Fußwege allerdings bei 47 Prozent.
E-Scooter lösen in den USA das Auto ab
In den USA sieht die Sache hingegen anders aus: Laut einer Umfrage der Verkehrsbehörde San Franciscos aus dem Jahr 2019 ersetzten knapp 42 Prozent der E-Scooter-Fahrten Wege, die man sonst mit dem Auto zurückgelegt hätte. Zu ähnlichen Ergebnissen kommt ein Pilotprojekt in Portland: Hier ersetzen E-Scooter-Fahrten Autofahrten bei Einheimischen zu 37 Prozent, bei Tourist:innen sogar um 47 Prozent.
Nun untersuchte das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt das Potenzial elektrischer Leichtfahrzeuge auf eine klimafreundliche Mobilität. Ihr Ergebnis: Die Hälfte der in Deutschland mit dem Auto gefahrenen Kilometer könnten theoretisch auch mit E-Scooter, E-Bike und Co. bewältigt werden. Und das würde die Treibhausgasemissionen des Pkw-Verkehrssektors um mehr als 40 Prozent senken. Insgesamt mache das 57 Millionen Tonnen weniger CO2 im Jahr aus.
Elektrische Leichtfahrzeuge sind klimafreundlicher als Autos
„Ressourcenschonende Fahrzeuge sind ein wichtiger Faktor, um die Klimawirkung des Verkehrssektors zu senken – zusätzlich zu Veränderungen unseres Mobilitätsverhaltens und technologischen Fortschritten“, erläutert Mascha Brost, Leiterin der Studie. Bei großen und schweren Autos werde ein Großteil der Antriebsenergie benötigt, um das Fahrzeug an sich zu bewegen. Nur ein Bruchteil dient der Fortbewegung der Insassen. Bei elektrischen Leichtfahrzeugen sei das Verhältnis wesentlich besser. Zudem würden sie weniger Rohstoffe in der Produktion verbrauchen.
Dabei untersuchten die Forscher:innen nicht nur die Ökobilanz von E-Scooter und E-Bikes, sondern auch etwa die von elektrischen Microcars mit einem Gewicht von bis zu 450 Kilo. Mit einem elektrischen Microcar, das eine Höchstgeschwindigkeit von 125 Kilometern pro Stunde besitzt, könnte theoretisch die Hälfte der mit dem Auto gefahrenen Kilometer zurückgelegt werden. „Bei der Produktion von Microcars entsteht nur rund ein Drittel der Treibhausgas-Emissionen von einem Mittelklasse-Elektroauto“, sagt Simone Ehrenberger, die ebenfalls an der Studie mitgearbeitet hat.
30 Millionen Autofahrten unter 2 Kilometer
In Deutschland ist der Verkehr für 20 Prozent aller Treibhausgas-Emissionen verantwortlich, 60 Prozent davon fallen auf den Individualverkehr. Die zurückgelegten Strecken sind allerdings überschaubar: 80 Prozent der zurückgelegten Fahrten sind kürzer als 20 Kilometer: Täglich werden in Deutschland fast 30 Millionen Fahrten unter zwei Kilometer zurückgelegt, weitere 30 Millionen Fahrten liegen unter fünf Kilometer, so die Expert:innen. Ein Umstieg auf elektrische Leichtfahrzeuge hätte hier das Potenzial, CO2 einzusparen. Wer dadurch allerdings auf das Rad oder den Fußweg verzichtet, bewirkt das genaue Gegenteil.
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