Entwicklung

Elektroautos: Europa muss sich von der Abhängigkeit von Asien bei Lithium-Ionen-Akkus lösen

Tesla-Fabrik in Fremont, USA. © Tesla Motors
Tesla-Fabrik in Fremont, USA. © Tesla Motors
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Wenn die Zukunft der Mobilität elektrisch ist, dann wird die Zukunft mit Batterien fahren. Und da tut sich gerade für Europa und seine wichtige Automobilindustrie ein massives Problem auf. Denn nicht nur, dass das Gros von Lithium-Ionen-Akkus derzeit in Asien produziert wird. Selbst wenn in Europa eigene Kapazitäten für die lokale Produktion von Batterien für Elektroautos aufgebaut werden, Hersteller würden schnell in die Abhängigkeit von Ländern schlittern, in denen es die nötigen Rohstoffe für die Akkus gibt.

China ist weit voraus

“Heute fehlt ein europäischer Batterie-Champion. Wir müssen zu den asiatischen Playern aufschließen”, sagt Jean-Baptiste Pernot, Vice President Transformation & Operational Excellence beim französischen Batteriehersteller Saft. Pernot diskutierte im Rahmen der Technologiegespräche in Alpbach mit einer Reihe von Experten Status quo und Ausblick der Elektromobilität in der EU. Eine Grafik ist dabei besonders besorgniserregend. Während in China aktuell rund 60 Prozent von Lithium-Ionen-Akkus hergestellt werden, produziert Europa derzeit lediglich ein Prozent. China als „Werkbank der Welt“ und Südkorea (15 Prozent) und Japan (17 Prozent) mit ihren Unterhaltungselektronik-Riesen haben den Westen längst abgehängt.

Selbst Tesla, auch nach den wirren Tweets von Elon Musk ein Star der Elektromobilität, kann da nicht mithalten. Die Batterien, mit denen Model 3, Model S und Model X fahren, stammen aus einer Kooperation mit dem japanischen Konzern Panasonic. BMW kauft die Akkus bei CATL aus China zu, Daimler bezieht die Zellen für seine Batterien ebenfalls in Asien. Dem gegenüber stehen die Bestrebungen von LG und Samsung aus Südkorea und CATL und BYD, eigene Batterie-Fabriken in Europa aufbauen zu wollen. Die Autoindustrie des alten Kontinents soll sie ihnen abkaufen. Batterien sind das teuerste und entscheidende Bauteil von Elektroautos.

Deutschlands Bundeskanzlerin Angela Merkel warnte die europäische Autoindustrie und fordert eine Aufholjagd. „Kann es gut gehen, wenn wir als ein Kontinent, der Autos herstellt, die Batteriezellen aus Asien kaufen und die digitale Infrastruktur eines Autos irgendwoher aus Asien oder Amerika?“, fragte sie am Wirtschaftstag in Berlin im Juni eindringlich.

Neue Abhängigkeit von Rohstoffen

Immerhin gibt es jetzt auch in Europa Ambitionen, sich von der Abhängigkeit von Asien zu lösen. Das schwedische Unternehmen Northvolt hat bekannt gegeben, nahe Stockholm die größte Batterieproduktion Europas aufbauen zu wollen (Trending Topics berichtete). Ab 2020 sollen 2.500 bis 3.000 Mitarbeiter ein jährliches Produktionsvolumen von 8 GWh schaffen, ab 2023 sind 32 GWh. Zum Vergleich: Teslas Gigafactory soll ab 2020 jährlich Energiezellen mit einer Gesamtkapazität von 35 GWh herstellen können.

Auch Jaguar Land Rover will 2020 eine eigene Batteriefabrik in Großbritannien eröffnen. “Wir sind die größten Konkurrenten von Tesla, und wir sind eine profitable Firma”, sagt Gero Kempf, Chefingenieur bei Jaguar Land Rover, mit einem Seitenhieb auf Elon Musks gebeutelte Firma. Vorerst aber sieht die Rangliste der größten Lithium-Ionen-Produzenten so aus:

Top 5 Produzenten Gigawattstunden 2017 Gigawattstunden 2020
Panasonic/Tesla (JPN/USA) 12 51
CATL (CHN) 2 45
BYD (CHN) 10 24
LG Chem (KOR) 12 18
Samsung SDI (KOR) 9 17

Quelle: Cairn ERA/US Department of Energy/The Economist

Doch die Produktion allein ist es nicht, die strategisch wichtig für Europa ist. “Europa ist weit hinten bei der Versorgung mit den notwendigen Rohstoffen”, warnt Carl Rosén, Director-General im schwedischen Ministerium für Innovation. Das zeigt auch eine Stratfor-Studie. Die größten Kobalt-Reserven sind im Kongo, Australien und Kuba zu finden, Lithium wird vor allem in Bolivien und Chile gefördert (Trending Topics berichtete), und Kupfer findet sich ebenfalls vorwiegend auf der Südhalbkugel. Besonders problematisch ist der Kobalt aus dem Kongo, wo der Rohstoff oft unter menschenunwürdigen Umständen abgebaut wird.

“Wir dürfen nicht nur auf die Akkus schauen, wir müssen die gesamte Wertschöpfungskette nach Europa bringen”, sagt Manuel Szapiro von der EU-Kommission. Zwar gibt es viele Ansätze, die Abhängigkeit zu mindern, doch dazu müsste etwa in Schweden oder Portugal, wo es einige Lithium-Vorkommen gibt, die Förderung angekurbelt werden. Währenddessen geht die Entwicklung von Alternativen zum Lithium-Ionen-Akku nur langsam voran.

Batterien, wie sie einmal in Schweden gebaut werden sollen. © Northvolt
Batterien, wie sie einmal in Schweden gebaut werden sollen. © Northvolt

EU sagt den Konkurrenten den Kampf an

Die Gefahr, dass Europa sich von der Abhängigkeit der Ölstaaten in eine neue Abhängigkeit der Kobalt- und Lithium-Produzenten begibt, ist auch in Brüssel erkannt worden. Damit die EU nicht noch weiter ins Hintertreffen gerät, wurde 2017 die European Battery Alliance mit 120 Industriepartnern gestartet. Ziel ist, die gesamte Wertschöpfungskette in der EU abzubilden. Komplementär dazu gibt es in Österreich eine neue nationale Batterie-Initiative gestartet. In deren Rahmen werden für Batterieforschung ab 2019 im Rahmen von Ausschreibungen zehn Millionen Euro pro Jahr zur Verfügung gestellt werden. Noch diesen Herbst wird es einen Call in der Höhe von vier Millionen Euro geben.

Doch so schnell, wie ihn manche sich ausdenken, wird der Wechsel vom Sprit- zum Elektroauto nicht vonstatten gehen. “Wir werden eine lange Zeit viel mehr Hybride sehen als pure Elektroautos”, sagt Helmut List, CEO des großen österreichischen Autozulieferers AVL List. 30 Prozent der Umsätze von AVL stammen aus elektrischen Antrieben. Fest steht aber auch: Über die nächsten Jahre wird dieser Anteil immer weiter zunehmen.

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