Interview

energiedigital: Grazer Startup lässt User 180 Euro mit Energiegemeinschaften sparen

Stefano Coss, Andreas Zobl und Martin Moser von energiedigital. © energiedigital
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Sie sind einer der großen Trends in der Energiebranche: Energiegemeinschaften (EEGs). Durch das neue Erneuerbaren-Ausbau-Gesetz (EAG) von 2021 ist bei den EEGs viel Dynamik entstanden – auch, weil sich dem Thema mittlerweile eine ganze Reihe an Startups und Unternehmen annehmen, um Errichtng und Betrieb dieser Energiegemeinschaften zu erleichtern. Eine dieser Jungfirmen ist energiedigital aus Graz.

Martin Moser, Andreas Zobl und Stefano Coss haben die ed-energiedigital GmbH 2022 gestartet und betreuen mittlerweile 20 dieser Energiegemeinschaften in unterschiedlicher Ausprägung. Im Interview gibt CEO Martin Moser nun Einblicke, wie das Geschäftsmodell funktioniert und wie das Startup den Teilnehmer:innen helfen kann, Energiekosten zu sparen.

Was ist das besondere an energiedigital gegenüber anderen Energiegemeinschaften?

Martin Moser: Energiegemeinschaften – also Gemeinschaftliche Erzeugungsanlagen (GEA), Erneuerbare Energiegemeinschaften (EEG) und Bürgerenergiegemeinschaften (BEG) – nutzen unsere energiedigital-Plattform zum Planen im Vorfeld, zum Teilnehmer:innen-Management (Onboarding, Offboarding, Kommunikation) sowie zur automatischen Verrechnung der Energieströme innerhalb der Gemeinschaft. Die Beherrschung der Marktprozesse und vor allem das Daten-Clearing sind durchaus herausfordernd, aber das machen andere SaaS-Anbieter teilweise auch schon.

Wo wir aber ein wirkliches Alleinstellungsmerkmal haben, ist die Eigenverbrauchsoptimierung: Wir können nicht nur die Abrechnung mit den Daten der Netzbetreiber machen, die  immer vom Vortag stammen oder noch älter sind, sondern können mittels APIs und eigener Hardware die im Moment erzeugte und verbrauchte Energie live monitoren und flexible Verbraucher danach steuern.

Das klassische Beispiel ist der Warmwasserboiler, den wir intelligent so steuern können, dass er vor allem dann geheizt wird, wenn es genug Strom in der Gemeinschaft gibt. Bei Erzeugung durch Photovoltaik also tagsüber, wenn die Sonne scheint und nicht unsinnigerweise in der Nacht, wenn Strom aus dem Netz bezogen werden muss.

Wie viele EGs gibt es derzeit? Wie viele habt ihr bereits errichtet?

Derzeit sind auf der Website der Koordinationsstelle für Energiegemeinschaften 125 Energiegemeinschaften eingetragen. Wir wissen aber von vielen, die noch nicht eingetragen sind und schätzen die Zahl auf rund 300, die schon produktiv sind oder in den nächsten Wochen produktiv gehen. Wir selbst betreuen 7 GEA, 12 EEG und 1 BEG.

Ihr sprecht von 180 Euro Ersparnis pro Jahr, jedoch kostet die Teilnahme – was bleibt am Ende wirklich über?

Die 180 Euro sind ein grober Durchschnitts- und Erfahrungswert bereits nach Abzug der Kosten. Die Ersparnis hängt von mehreren Faktoren ab. Die wichtigsten sind: Wie hoch ist mein Verbrauch? Wie viel meines Verbrauchs kann ich mit Strom aus der EEG decken? Wie hoch ist der aktuelle Strompreis – sprich was würde ich für den Strom zahlen, wenn ich ihn aus dem Netz und nicht von der EEG beziehen würde? Wie hoch ist der Tarif innerhalb der EEG? Wie hoch ist meine Netzgebühren-Ersparnis?

Bei GEA auf Gebäudeebene sind es 100% Ersparnis, bei lokalen EEGs auf Trafo-Ebene 57% Ersparnis, bei regionalen EEG  auf Umspannwerk-Ebene 28% Ersparnis, und bei BEG im ganzen Bundesgebiet gibt es keine Ersparnis bei den Netzgebühren. Die Ersparnis oder der Mehrerlös (für Produzent:innen) kann also manchmal geringer, aber teilweise auch viel höher als die 180 Euro pro Jahr sein.

Frische 3 Millionen Euro für innovative Energiegemeinschaften

Wie entsteht die Kostenersparnis?

Durch den günstigeren Tarif in der Energiegemeinschaft plus Netzgebühren-Ersparnis. Wer mehr produziert, als er verbraucht oder wer nur produziert, hat Mehreinnahmen durch einen höheren Verkaufspreis an die GEA/EEG/BEG, als er durch das Einspeisen ins Netz erzielen würde. Die GEA/EEG/BEG-Tarife liegen normalerweise immer zwischen Gestehungskosten (Untergrenze) und Marktpreis (Obergrenze), wobei es üblicherweise eine Differenz zwischen Produktions- und Verbrauchstarif gibt, mit der die Kosten der Energiegemeinschaft gedeckt werden. Ein aktuelles Beispiel sind etwa 0,18 Euro pro produzierter kWh und 0,23 Euro pro verbrauchter kWh.

Was sind die Grundvoraussetzungen für eine EG? Wie viel PV-Anlagen muss es geben, damit es Sinn macht?

Die Grundvoraussetzungen sind die Ausstattung der Teilnehmer:innen mit Smart Metern. Es muss mindestens 1 Erzeuger und 1 Verbraucher pro Energiegemeinschaft geben. Das kann im Umfeld von Kommunen oder Unternehmen durchaus schon mit einer einzigen großen PV-Anlage (z.B. mit 200 kWp) Sinn machen. Es können aber auch viele kleine Anlagen Strom liefern, und wir betreuen auch Gemeinschaften mit Wasser- und Windkraftanlagen als Erneuerbare Energiequellen, was besonders reizvoll ist, da man auch in der Nacht Strom aus der Gemeinschaft zur Verfügung hat.

Wichtig ist aber immer, dass die Erzeugungs- und Last-/Verbrauchsprofile zusammenpassen. Hier sind also durchaus inhomogene Gruppen gewünscht, wie etwa ein Gewerbebetrieb mit großer PV-Anlage, der unter der Woche viel Strom benötigt, am Wochenende aber fast keinen. Am Wochenende wiederum benötigen Private untertags deutlich mehr, da sie zu Hause sind, kochen, waschen, heimwerken etc.

Wie funktioniert euer Geschäftsmodell?

Wir beteiligen uns am Erfolg der Energiegemeinschaft. Das heißt, wir haben ein klassisches SaaS-Erlösmodell, bei dem wir 0,02 bis 0,04 Euro pro kWh verlangen, die innerhalb der Energiegemeinschaft ausgetauscht wird.

Wie viele EGs muss es eurer Meinung nach in Österreich und Deutschland geben für die Energiewende? Ergo, wie groß ist euer Markt?

Bis dato ist Energieerzeugung eine sehr zentrale Sache: Wenige große Kraftwerke versorgen viele Verbraucherinnen. Nun wird die Erzeugung aber immer dezentraler und wir sind der Überzeugung, dass es – auch in Anbetracht der extremen Preisschwankungen am Strommarkt – eine völlig logische Konsequenz ist, dass auch die Vermarktung und der Einkauf des Stroms dezentraler wird. Kommunen, Unternehmen und Privatpersonen wollen sich nicht mehr dem Markt ausliefern, sondern selbst für stabile und lukrative Preise sorgen – und zwar durchaus in beiden Richtungen (also Verkauf und Einkauf).

Wir rechnen nicht in Anzahl der Energiegemeinschaften, sondern in Energie, die über Energiegemeinschaften insgesamt vermarktet werden kann. Rechnen wir etwa mit den rund 4 Mio. Privathaushalten in Österreich, die im Durchschnitt jeweils über 4.000 kWh pro Jahr an Strom benötigen. Tendenz übrigens sehr stark steigend, da immer mehr mit Strom geheizt und gekühlt (Wärmepumpen) und gefahren (E-Autos) wird. In Summe verbrauchen also nur die Privathaushalte über 16 TWh – also 16.000.000.000 kWh. Wir sind der Überzeugung, dass Energiegemeinschaften schon in wenigen Jahren mindestens ein Zehntel davon abdecken können, vorausgesetzt der noch recht komplizierte Prozess wird laufend vereinfacht. Und genau das ist es, woran wir täglich hart arbeiten.

elene: Wie man eine Erneuerbare Energiegemeinschaft gründet

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