Nachgeforscht

Energiegemeinschaften: So funktionieren die Beratungsstellen von Bund und Land

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Bis 2030 soll Österreich 100 Prozent des Eigenbedarfs an Strom aus grünen Energiequellen wie Wasser, Sonne oder Wind decken. Eines der Hilfsmittel um dieses ambitionierte Ziel zu erreichen, ist seit diesem Jahr einsetzbar. Das im Juli 2021 verabschiedete Erneuerbaren-Ausbau-Gesetz (EAG) erlaubt es, in Österreich Erneuerbare Energiegemeinschaften (EEG) und Bürgerenergiegemeinschaften zu gründen. Bürger:innen können sich so etwa mit ihren Nachbar:innen zusammentun und den Strom ihrer Solaranlagen auf lokaler Ebene tauschen. Das soll den Ausbau der Erneuerbaren Energien beschleunigen und kann gleichzeitig die Stromkosten für Haushalte senken.

Im Oktober ging mit der EEG Gänserndorf die erste österreichische Energiegemeinschaft ans Netz, wir berichteten. Um die Energiegemeinschaften künftig verstärkt zu fördern, wurden im vergangen Jahr verschiedene Beratungsstellen eingerichtet – auf Bundesebene aber auch in den Bundesländern. Tech & Nature hat sich umgehört, wie sie arbeiten und was sie dabei bisher gelernt haben.

elene: So können in Österreich Energiegemeinschaften gegründet werden

Rahmenbedingungen auf Bundesebene schaffen

Auf Bundesebene ist die „Österreichische Koordinationsstelle für Energiegemeinschaften“, die beim Klima- und Energiefonds angesiedelt ist, für die Gemeinschaften zuständig. Die Stelle bündelt Aktivitäten und Wissen zur Unterstützung von Energiegemeinschaften und arbeitet eng mit den Energieagenturen und -instituten in den Bundesländern zusammen. „Als Koordinationsstelle stellen wir österreichweit qualitätsgesicherte Information zur Verfügung und arbeiten sehr intensiv mit Pionierprojekten. Dadurch sind wir auf einer übergeordneten Ebene aktiv und schauen, wo die Rahmenbedingungen optimiert werden können“, sagt Eva Dvorak, Leiterin der Koordinationsstelle, im Gespräch mit Tech & Nature.

„Wir arbeiten mit den relevanten Stakeholdern intensiv zusammen, um es Menschen letztlich einfacher zu machen, Energiegemeinschaften zu gründen“, so Dvorak weiter. Zu den Stakeholdern gehören etwa das Klimaministerium, die Regulierungsbehörde E-Control, Energieunternehmen  und Fachverbände. Die Koordinationsstelle für Energiegemeinschaften im Klimafonds arbeitet außerdem eng mit den Energieberatungsstellen der Bundesländer zusammen, da diese in den Bundesländern sehr gut etabliert sind und daher lokale Expertise besitzen. „Es gilt alle Synergien zu nutzen, damit man rasch zu einer Umsetzung kommt“, betont Dvorak.

elene: So können in Österreich Energiegemeinschaften gegründet werden

Arbeit auf regionaler Ebene

Eine der Energieberatungsstellen, die auf Landesebene agiert und enger mit Bürger:innen zusammenarbeitet, ist das Energieinstitut in Dornbirn, Vorarlberg. Das Institut bietet generell Beratung, Bildung, Forschung rund um Erneuerbare Energien an. Seit heuer bietet das Institut nun auch Informationen für die Gründung von EEGs und begleitet Interessent:innen auf dem Weg zur eigenen Energiegemeinschaft.

Dabei sind verschiedene Schritte zu gehen, so der Leiter der Kommunikation beim Energieinstitut, Wolfgang Seidel im Gespräch mit Tech & Nature: „Es ist ein strategischer Prozess, der mit der Größe der EEGs aufwändiger und komplexer wird.“

Das Energieinstitut evaluiert zunächst die Ziele, die Interessent:innen mit der EEG verfolgen. Zudem wird die Ausgangslage im betreffenden Gebiet geprüft. Um Anforderungen besser einschätzen zu können, simulieren Seidel und sein Team die EEGs. Damit prüfen sie ob diese technisch und energetisch Sinn machen.

Anschließend erfolgt je nach Projektgröße die Absprache mit dem Netzbetreiber, ein Konzept für die Energiegemeinschaft wird erstellt, die Anlage geplant und die Finanzierung konkretisiert. Am Ende steht die Errichtung und der Betrieb der Anlage. Wie der Strom unter den Mitgliedern danach abgerechnet wird, steht der Energiegemeinschaft grundsätzlich offen.

Soweit zu der Theorie. In der Praxis steht man in Vorarlberg noch ganz am Anfang.

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Private und Unternehmen bisher zögerlich

Während in Ober- und Niederösterreich die ersten Energiegemeinschaften bereits am Netz sind, laufen die EEGs in Vorarlberg gerade langsam an. Momentan begleiten Seidel uns sein Team zwei Pilotprojekte, die eine EEG auf Gemeindeebene zum Ziel haben: In der Ortschaft Göfis und in der Energieregion Vorderwald, die vom Klima- und Energiefonds gefördert wird. Die Träger sind entweder die Kommunen selbst oder für die Errichtung der Gemeinschaft gegründete Vereine.

Bei Privaten und KMUs ist das Interesse laut Seidel noch verhalten. In den laufenden Projekten auf Gemeindeebene sieht Seidel eine Möglichkeit, kommunal Erfahrung zu sammeln – die dann auf Privatpersonen und Unternehmen übertragen werden kann. Das Energieinstitut plant im kommenden Jahr damit anzufangen, konkrete Pläne für Privatpersonen zu skizzieren. Idealerweise haben sich durch die laufenden Projekte dann bereits gewisse Standardfälle ergeben, die künftig als Schablone dienen können. Zum Beispiel zwei Wohngebäude, die sich eine Photovoltaikanlage teilen wollen oder ein Fußballclub, der Photovoltaik nutzen möchte, um gemeinsam mit Anrainer:innen den näheren Umkreis mit Strom zu versorgen und seine Vereinskassen aufzubessern.

Potenzial sieht Seidel vor allem in großen Gemeinschaftsprojekten, bei denen durch EEGs Synergien für Mensch und Umwelt geschaffen werden können. Als Beispiel nennt er etwa die Ökologisierung von Landwirtschaftsbetrieben. Ein:e Landwirt:in kann etwa mit Erneuerbaren beispielsweise Strom für die Bürger:innen generieren. Mit den Einnahmen wiederum können dann die Ackerböden aufgewertet werden. Laut Seidel können Energiegemeinschaften so nicht nur Erneuerbare Energien fördern, sondern auch den sozialen Zusammenhalt und die Biodiversität. Auch Energiearmut kann ein Thema sein: Geschaffener Strom kann etwa günstiger oder kostenlos an einkommensschwache Haushalte verteilt werden.

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„Wesentliches Instrument“

Noch ist der Weg zur EEG ein kontinuierlicher Lernprozess, viele Punkte sind laut Seidel noch unklar. Das können komplexe Dinge sein, etwa eine einheitliche Regelung zu der Abrechnung zwischen Energieversorgern und EEGs. Oder aber banale Dinge, etwa eine einheitliche Regelung der Organisation von EEGs. In der Gesetzgebung müssen daher laut Seidel noch einige Grundlagen geschaffen werden. „Das Erneuerbaren-Ausbau-Gesetz ist nur die Basis. Da braucht es noch eine ganze Zahl an Verordnungen. Die erwarten wir zum Jahreswechsel“, sagt Seidel. „Wenn die rechtlichen Rahmenbedingungen passen, gehen wir davon aus, dass das Thema an Fahrt aufnehmen wird“. Die Unterstützung von der Koordinationsstelle sieht er dabei als sehr wertvoll an, da sie eng mit dem Klimaministerium zusammenarbeitet.

Wie Seidel sieht auch Eva Dvorak von der Koordinationsstelle in den EEGs eine große Chance für Österreich. Energiegemeinschaften hätten die Möglichkeit, die Energiewende voranzubringen – und gleichzeitig andere Vorteile für die Gemeinschaft und Umwelt zu schaffen. „Energiegemeinschaften sind ein wesentliches Instrument in der österreichischen Energiepolitik, um Menschen eine aktive Rolle in der Energiewende zukommen zu lassen“, sagt Dvorak. Dennoch werde die Energiewende nicht gelingen, wenn die Menschen nicht mitgenommen werden. „Wenn ich mich als Bürger:in aktiv beteiligen kann, dann kann ich selbst ein Stückweit mitbestimmen und fühle mich als Teil der Energiewende.“

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