Österreich

Energieunternehmen fordern Staatshilfen wegen explodierender Strompreise

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Das Debakel rund um Wien Energie (Trending Topics berichtete) und einem Milliarden Euro großem Finanzloch verschärft die Situation der ohnehin unter Druck stehenden Energiebranche noch einmal drastisch. Nun meldet sich die Branchenvertretung der E-Wirtschaft, Österreichs Energie, in einer Aussendung zu Wort und befürwortet „ein zeitlich befristetes Eingreifen in das europäische Strommarkt-Modell“ – und fordert damit auch staatliche Hilfen, um sich weiter Gas und Strom leisten zu können.

„Auch wenn aktuell keine Liquiditätsengpässe bei weiteren Unternehmen bekannt sind, wäre es vorteilhaft, Vorsorge für weitere Preisausschläge auf den Märkten zu treffen. Deutschland hat bereits ein entsprechendes Modell implementiert“, so Verbund-Chef Michael Strugl in einer Aussendung. Mitglieder der Branchenvertretung sind unter anderem Verbund, Wien Energie, EVN, KELAG, Salzburg AG oder Energie Steiermark.

„Es darf nicht sein, dass ein Marktmodell wirtschaftlich grundsolide Unternehmen in Schwierigkeiten bringt. Damit bringt es die Wirtschaft in Schwierigkeiten, und die Menschen in diesem Land“, so Strugl weiter. Konkret geht es darum, dass Energieunternehmen, die Strom und Gas an den Energiemärkten zukaufen, aufgrund der explodierenden Preise sehr viel Geld brauchen, und das so genannte „Margining“ durchführen zu können.

Wien Energie: Strompreis bei 1.000 Euro ließ Kautionen explodieren

Geld gegen den gefürchteten Margin Call

Verkäufer und Käufer hinterlegen bei Geschäftsabschluss liquide Mittel als Sicherheit bei einer Clearingstelle, in der Regel einem Tochterunternehmen der Börse. Der Geldbetrag heißt „Initial Margin“ und ist erforderlich, um eine Position in einem bestimmten Kontrakt zu eröffnen, und deckt das Kreditrisiko ab. Wenn der Marktpreis (wie derzeit zu sehen) während der Laufzeit des Geschäfts stark schwankt, dann kann der „Initial Margin“ angepasst, also erhöht werden.

Dieses Problem hat aktuell die Wien Energie. Sie produziert selbst wenig eigene Energie und kauft dazu große Mengen an Strom und Gas zu. Nun muss sie offenbar Kautionen in Milliardenhöhe erbringen und hat dazu die finanzielle Hilfe beim Bund gesucht (mehr dazu hier). Denn dann kommt zum Initial Margin ein „Variation Margin“ dazu, der dazu dient, den Verlust des Marktwerts ausgleichen als auch Zahlungen für eine Anhebung der Initial Margin leisten. Die Aufforderung Geld nachzuschiessen, nennt sich „Margin Call“ – und so einen gefürchteten Call dürfte nun bei der Wien Energie eingegangen sein.

Beispiel Uniper zeigt, dass Milliarden notwendig sind

Nun fürchten die österreichische Energiewirtschaft, dass dieses Schicksal nicht nur den größten Energieversorger des Landes (Wien Energie hat 2 Millionen Kund:innen), ereilen könnte, sondern auch andere Unternehmen. Ein Strompreisdeckel würde bedeuten, dass Teile der Kosten für den Strom an den Märkten der Staat übernimmt. In Deutschland gibt es bereits eine Regelung. Diese sieht vor, dass die deutsche Förderbank KfW Haftung des Bundes für Kredite bei Margin Calls übernimmt – also mit Geld einspringt.

Der von Pleite bedrohte deutsche Gasversorger Uniper hat einen ersten KfW-Kredit über neun Milliarden Euro bereits vollständig genutzt und scheint jetzt weitere vier Milliarden Euro zu benötigen. Währenddessen steigen die Gaspreise der Österreichischen Energieagentur zufolge weiter drastisch. „Der Österreichische Gaspreisindex (ÖGPI) steigt im September 2022 im Vergleich zum Vormonat August um 36,4 %. Gegenüber September 2021 liegt er um 376,5 % höher“, heißt es aktuell. In einer Grafik sieht das so aus:

Entwicklung des Österreichischen Gaspreisindex von Sept. 2018 bis Sept. 2022. Entwicklung ist aus dem Text zu lesen.

EU steuert Richtung Strompreisdeckel

Einen Strompreisdeckel auf europäischer Ebene hat am Sonntag Abend bereits Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) gefordert, auch Finanzminister Magnus Brunner (ÖVP) zeigte sich dem auch im Interview mit Trending Topics gegenüber offen (mehr dazu hier).

Auch der tschechische Energieminister Jozef Sikela, der die Idee nun mit seinen Amtskolleg:innen der anderen EU-Mitgliedsstaaten diskutieren will. Tschechien hat im zweiten Halbjahr 2022 die EU-Ratspräsidentschaft und kann deswegen Akzente bei der EU-Politik setzen.

Finanzminister Brunner exklusiv: Digitalsteuer bringt Österreich 2022 etwa 100 Mio. Euro

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