Satelliten-Startup Enpulsion aus Niederösterreich holt sich 2,5 Mio. Euro Kapital
Alexander Reissner hat eine in der schnelllebigen Geschäftswelt selten gewordene Superkraft. Nämlich die, einen Markt zu prognostizieren, der noch nicht einmal in den Kinderschuhen steckt. Vor drei Jahren war sich der Wissenschaftler sicher, dass Schwärme aus kleinen Satelliten die Zukunft der Raumfahrttechnik sind. Er wurde belächelt. Seine Prognose war aber nicht nur treffend, er stellte sie auch so rechtzeitig, dass ihn der lange Entwicklungszyklus bei Satellitenantriebssystemen zum Treiber eines enormen Wachstumsmarktes werden ließ.
Seit Mitte des Jahres werden in einer Produktionshalle in Wiener Neustadt Satelliten-Antriebssysteme zusammengeschraubt. Zuerst eines pro Woche, mittlerweile zwei bis vier. Für den SpaceTech-Bereich ist das Massenproduktion. „Normalerweise baut man bei Triebwerken vielleicht eines pro Halbjahr“, erklärt Reissner. „Das sind in der Regel große Einzelprojekte“. 38.400 Euro kostet ein „IFM Nano Thruster“, der in eine Handfläche passt. Enpulsion wird damit heuer rund eine Million Euro Umsatz machen.
Millionen-Investment für größeres Satelliten-Triebwerk
Der kleine Antrieb kann Satelliten in der Größe von einer Schuhschachtel bis zu einer Waschmaschine bewegen und zwar über eine Distanz von der Erdumlaufbahn bis zum Mond. Der große Vorteil: Der Antrieb ist modular – soll ein Waschmaschinen-förmiger Satellit fliegen, verwendet man einfach mehrere Enpulsion-Antriebe. Irgendwann stößt der kleine Nano Thruster aber an seine Grenzen. In Wiener Neustadt wird deshalb bereits an einem großen Bruder gebaut. Er hat eine Kantenlänge von 20 Zentimetern, doppelt so lange wie das Nano-Triebwerk. Der Micro Thruster wird 16 Mal so viel Treibstoff fassen und kann Satelliten bis Kleinwagengröße antreiben.
Um den größeren Antrieb schneller in den Markt bringen zu können, hat Enpusion wieder frisches Kapital aufgenommen. Damit wird der Investitionsbedarf von 2,5 Millionen Euro gedeckt. Zum Teil kommt das Geld von bestehenden Gesellschaftern und zum Teil über einen Bankkredit, der mit aws-Garantien abgesichert ist.
Vergangenes Jahr ist unter anderem der Unternehmer und Investor Alon Shklarek über sein Beratungsunternehmen ASP Consulting eingestiegen (Trending Topics berichtete). In Summe sicherte sich Enpulsion bereits 2017 Kapital in der Höhe von drei Millionen Euro und brachte das Antriebssystem damit aus den Forschungslaboren in die Produktionshalle. Ursprünglich ist das Jungunternehmen ein Spin-off der FH Wiener Neustadt – an der Technologie wurde 15 Jahre lang geforscht.
Kunden in Europa und USA, Büro im Silicon Valley
Die Kunden von Enpulsion kommen vor allem aus den USA und Europa. Das finnische Unternehmen Iceye baut einen Satelliten-Schwarm auf, mit dem über Radarbilder beispielsweise die Entwicklung des Packeises rund um den Nordpol überwacht wird. Ein andere großer Enpulsion-Kunde ist die kalifornische Firma Planet. Während Iceye erst heuer gestartet hat, hat Planet bereits mehrere hundert Kleinsatelliten in den Orbit gebracht. Die „Tauben“, so nennt die Firma ihre Kleinsatelliten, bilden die bis dato größten Schwärme. Sie können täglich ein Bild von der gesamten Erde liefern mit einer Auflösung die auf bis zu drei Meter heranreicht. Für US-Kunden hat Enpulsion heuer auch ein Büro im Silicon Valley eröffnet.
2019 Umsatz verfünffachen
Mitte des Jahres ist in Wiener Neustadt die Produktion des Nano Thrusters angelaufen. 100 Antriebe hat Enpulsion bereits verkauft, 30 ausgeliefert. Und die Firma hat bereits Millionenaufräge für die kommenden Jahre unterzeichnet. „Seit November starten jedes Monat Raketen mit unseren Antriebssystemen in den Weltraum“, sagt Reissner. Kommendes Jahr sollen die Umsätze auf fünf Millionen Euro wachsen.
Enpulsion treibt die Konkurrenz vor sich her
Die Produktion rasch auszubauen, möglichst schnell zu wachsen und den starken Bedarf decken zu können, das ist für das junge Unternehmen kritisch. Das Marktvolumen für Satelliten-Schwärme, so genannte Constellations, werde sich bis 2020 versechsfachen, so Reissner. 2022 soll alleine der Markt für Antriebssysteme für Kleinsatelliten bis zu 700 Millionen Euro schwer sein. Und die Konkurrenz steht in den Startlöchern. „Es gibt eine Menge Firmen, die sehr viel Kapital aufgestellt haben, um Technologie zu entwickeln oder nachzubauen“, erklärt der Enpulsion-Chef. Noch habe seine Firma aber einen Vorsprung, den es zu nutzen gilt: „Unsere Konkurrenz ist noch in einem Stadium, in dem Prototypen getestet werden, die wahrscheinlich erst in ein paar Jahren in einen Orbit starten können“.