Entlastungspaket: Deutschland setzt auf Billig-Sprit, Österreich auf Pendler:innen
Nachdem in Österreich bereits am 20.03.2022 ein Energiepaket vorgestellt hat, das Haushalte und Industrie im Umgang mit den steigenden Energiepreisen entlasten soll, hat nun auch Deutschland mit einem zweiten Entlastungspaket nachgezogen. Geplant sind eine Energiepreispauschale in Höhe von 300 Euro, die Senkung der Energiesteuer auf Kraftstoffe und ein Monatsticket für den öffentlichen Nahverkehr um 9 Euro. Die letzteren beiden Maßnahmen sind vorerst für einen Zeitraum von drei Monaten vorgesehen. Daher nun die Energiepakete von Österreich und Deutschland im Vergleich:
Energiepreispauschale
Deutschland: Die Ampel-Koalition kündigte am 24.03.2022 eine Energiepreispauschale in Höhe von 300 Euro für alle einkommensteuerpflichtigen Erwerbstätigen an. Die Summe soll einmalig als Zuschuss zum Gehalt ausgezahlt und somit auch versteuert werden. Empfänger:innen von Sozialleistungen sollen – zusätzlich zum 100-Euro-Bonus aus dem ersten Entlastungspaket – einen nochmaligen einmaligen Betrag in Höhe von 100 Euro erhalten. Ebenso wird jedes Kind mit einem 100-Euro-Zuschuss zum Kindergeld gefördert.
Österreich: Österreich kündigte bereits im Februar einen Energiekostenzuschuss in Höhe von 150 Euro pro Haushalt an. Der Zuschuss wird in Gutscheinform an die Hauptwohnsitze gesendet und kann beim Strom- und Gasanbieter eingelöst werden. Wer mehr als 5.670 Euro Brutto im Monat verdient, ist von dem Energiekostenzuschuss ausgeschlossen. Für Mehrpersonenhaushalte gilt eine Einkommensgrenze von 11.340 Euro. In dem am 22.03.2022 vorgestellten Energiepaket ist zudem eine Senkung der Elektrizitäts- und Erdgasabgabe bis 30. Juni 2023 enthalten. Das kann die jährlichen Energiekosten eines Haushaltes bis zu 160 Euro senken.
Billiger Sprit
Deutschland: Befristet auf drei Monate senkt Deutschland seine Energiesteuer auf Kraftstoffe. Damit soll Benzin um 30 Cent pro Liter, Diesel um 14 Cent pro Liter günstiger werden. Das soll vor allem Pendler:innen und Firmen entlasten. Für Kritik sorgt das vor allem bei Klimaschutzverbänden. Der Umwelt-Verein Germanwatch fordert etwa ein Bekenntnis der Bundesregierung, dass es bei der dreimonatigen Frist bleibt. Für Fridays For Future Germany ist das Entlastungspaket ein „Tankrabatt durch die Hintertür“.
In den letzten Wochen hat die Ampel die Klimaziele im Verkehr aufgegeben, die Pendlerpauschale erhöht und höhere Pkw-Grenzwerte in der EU blockiert.
Jetzt kommt im #Entlastungspaket der #Tankrabatt durch die Hintertür.
Diese Verkehrspolitik wird uns die 1,5°C-Grenze kosten.
— Fridays for Future Germany (@FridayForFuture) March 24, 2022
Österreich: In Österreich wird das Pendlerpauschale – wie es in Österreich genannt wird – und der Pendlereuro um 50 Prozent angehoben. Bisher machte diese zwischen 372 und 3.672 Euro im Jahr aus, je nach Pendelstrecke und verfügbaren öffentlichen Verkehrsmitteln. Das volle Pendlerpauschale erhält dabei aber nur, wer mindestens an elf Tagen im Monat zur Arbeit pendelt. Beim Pendlereuro handelt es sich um einen jährlichen steuerlichen Absetzbetrag, der sich nach der Distanz zwischen Wohnung und Arbeitsplatz richtet. Die Maßnahme ist bis Ende Juni 2023 befristet.
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Günstiger öffentlicher Nahverkehr
Deutschland: Eine große Investition will die deutsche Bundesregierung in den öffentlichen Nahverkehr stecken. Befristet auf drei Monate sind nämlich Monatstickets um 9 Euro geplant. Die Länder sollen dazu die entsprechenden Mittel bekommen. Damit folgt die Bundesrepublik dem Weg Neuseelands, das die Ticketpreise für Öffis bereits Mitte März halbiert hat. Für die Organisation „Germanwatch“ seien günstige ÖPNV-Tickets jedoch dauerhaft nötig.
Österreich: Im Zuge des Entlastungspakets in Österreich werden 150 Millionen Euro in die Angebotserweiterung des öffentlichen Verkehrs investiert. Als Alternative kann man sich in Österreich jedoch das Klimaticket um 1.095 Euro anschaffen. Damit ist der öffentliche Nahverkehr sowie der österreichweite Zugverkehr für ein Jahr abgedeckt. Regionale Klimatickets werden ab 365 Euro im Jahr angeboten.
Erneuerbare Energien sollen forciert werden
Deutschland: Mit dem Entlastungspaket steigt auch der Druck auf Immobilien:Eigentümer:innen, ihre alten Öl- und Gasheizungen auszutauschen. Bereits ab 2024 soll jede neu eingebaute Heizung zu 65 Prozent mit erneuerbaren Energien betrieben werden. Welche Förderprämien es geben soll und wie die angekündigte „Wärmepumpenoffensive“ genau aussehen soll, steht allerdings noch nicht fest.
Österreich: Die Bundesregierung in Österreich stellt in Sachen erneuerbarer Energien insgesamt 250 Millionen Euro für den Ausbau von Windkraft und Photovoltaik zur Verfügung. Der Einbau von Ölheizungen in Neubauten ist in Österreich bereits seit 2020 verboten, seit 2021 gibt es auch ein Einbauverbot bei einem Heizungswechsel. Ölheizungen sollen voraussichtlich ab 2035 komplett verboten werden, Gasheizungen ab 2040.
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Kritik am Entlastungspaket
Deutsche Sozialverbände kritisieren die Maßnahmen in der Bundesrepublik. Dem Sozialverband VdK Deutschland stört dabei die einmalige Maßnahme und fordert eine Erhöhung der Bezüge für Sozialhilfeempfänger:innen. „Sie brauchen monatlich 100 Euro mehr“, so VdK-Präsidentin Verena Bentele gegenüber dem RND. Zudem seien Rentner:innen im aktuellen Paket übersehen worden. Die Diakonie hält das Paket für „sozial nicht ausgewogen“. Besonders die Ärmsten würden von der 300-Euro-Energiepreispauschale „nicht erreicht“. Auch für CSU-Vorsitzenden Markus Söder bleibt das Paket hinter den Erwartungen zurück. „Zu wenig, zu kompliziert, nur für kurze Zeit und keine echte Entlastung der Wirtschaft“ ist sein Fazit.
Das Ampel-Paket bleibt hinter den Erwartungen zurück – zu wenig, zu kompliziert, nur für kurze Zeit und keine echte Entlastung der Wirtschaft. Wir brauchen eine MWSt-Senkung für eine echte wirksame Energiepreisbremse. Und alles nicht nur für drei Monate. Die Krise dauert länger.
— Markus Söder (@Markus_Soeder) March 24, 2022
In Österreich sorgt vor allem die Erhöhung des Pendlerpauschales für Kritik. Besorgt ist man jedoch auch, dass das Energiepaket auch Armutsbetroffene entsprechend unterstützt. Die gesammelte Kritik kann hier nachgelesen werden:
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