Windkraft: Das Sorgenkind des Ökostroms
In 20 Jahren soll Österreich komplett CO2-neutral sein, in zehn Jahren soll 100 Prozent des Strom aus erneuerbaren Energiequellen kommen. Die Ziele unseres Landes sind ambitioniert, bedeuten sie doch, dass in den nächsten Jahren und Jahrzehnten massiv in Wasser-, Wind- und Sonnenkraft investiert werden muss. Da Wasserkraft in Österreich aber bereits gut ausgebaut ist, sind es vor allem Photovoltaik und Windenergie, die bis 2030 am stärksten gefördert werden müssen, wie eine Berechnung der TU Wien zeigt:
Doch wie gut oder schlecht ist Österreich auf diesem Weg unterwegs? Eine Studie über „Innovative Energietechnologien in Österreich“ (dazu zählen Biomasse, Photovoltaik, Solarthermie, Wärmepumpen und Windkraft) und deren Marktentwicklung im Auftrag des Klimaschutzministeriums zeigt, das es vor allem bei Windkraft Defizite gibt, während Solarenergie Wachstum aufweist.
Solar boomt, Windkraft stagniert
Während also Solaranlagen in Österreich boomen (wohl auch, weil der Markt von sehr niedrigem Niveau startet), ist die Windkraft zum Sorgenkind geworden. Nach dem vorläufigen Rekordjahr 2014 ist die jährlich neu installierte Windkraftleistung stetig gesunken, die Kurve flacht ab.
Hauptgrund dafür ist, dass neue Windkraftanlagen derzeit keine Chance auf staatliche Förderungen haben, weil die Mittel im Ökostromgesetz bis Ende 2021 ausgeschöpft sind. Deswegen wartet die Branche sehnsüchtig auf das Erneuerbaren Ausbau Gesetz (EAG), das das Klimaschutzministerium bereits vorlegen wollte. Noch aber wird an den Details gefeilt.
Hier die Marktentwicklung bis 2019 (links Windkraft, rechts Photovoltaik):
„Im Bereich der Windkraft müsste eine Steigerung von 7,3 TWh im Jahr 2019 auf 17,5 TWh im Jahr 2030 erfolgen. Dies entspricht einer jährlichen Neuinstallation von Windkraftanlagen von netto ca. 400 MW für den Zeitraum von 2020 bis 2030, was dem historischen Diffusionsmaximum aus dem Jahr 2014 entspricht“, heißt es in der Studie. Doch von den Rekordwerten aus dem Jahr 2014 (siehe Grafik oben) ist man mittlerweile weit entfernt. Auch 2020 wird es einen weiteren Einbruch geben.
„Der Inlandsmarkt ist von 2018 auf 2019 um 34,2 Prozent eingebrochen. 2020 wird es zu einem weiteren Rückgang von 84 Prozent kommen. Seit 2014 ist der Windkraftausbau von 411 MW auf 152 MW im Jahr 2019 um zwei Drittel zurückgegangen“, heißt es dazu seitens Stefan Moidl, Geschäftsführer der IG Windkraft. Schuld sei ein Wechsel im Fördersystem, der den Einbruch des Ausbaus, Verlust von tausenden Arbeitsplätzen und Insolvenzen von großen Firmen zur Folge hatte.
Vom EAG erhofft er sich neue Impulse, nachdem jahrelang mit Handbremse gefahren sei. „Das EAG muss pro Jahr einen Ausbau der Windkraft von 120 Windräder mit einer Leistung von 500 MW und einer Stromerzeugungskapazität von 1,2 Mrd. kWh ermöglichen, um die von der Regierung selbstgesteckten Ziele erreichen zu können“, so Moidl.
Auch Naturschützer sind gegen Windkraft
Doch dem Ministerium von Leonore Gewessler (Grüne) muss ein Kunststück gelingen. Denn es gilt nicht nur, der Windkraft-Branche neue Impulse zu geben, um die Ziele zu erreichen – es muss auch den Kritikern der Windparks die Sorgen nehmen, die auf die im Regierungsprogramm festgelegte „Naturverträglichkeit“ von erneuerbaren Energiequellen pochen. Zuletzt protestierten Waldviertler Bürger (die IG Waldviertel) gegen den Ausbau von Windkraft in ihrer Region.
„Wo derzeit sanfte Hügel und Wälder das Landschaftsbild prägen und zur Erholung einladen, werden bald tausende Quadratmeter Wälder vernichtet, um Platz für 244 Meter hohe, rotierende Kolosse aus Beton und Stahl zu machen“, schreiben sie in einer Aussendung. Durch geplante Windparks in acht Gemeinden seien nicht nur Wald- und Feuchtlebensräume bedroht, sondern auch der Tourismus. Denn wenn die Windparks gebaut werden würden, würde man Besuchern keine „unzerstörte, von technischen Großprojekten verschonte Landschaft“ mehr bieten.