Ertappt: Gekaufte Negativ-Schlagzeilen gegen Wärmepumpen
Der britische Energiehandelsverband Energy and Utilities Alliance (EUA), der Gaskesselhersteller vertritt und fördert, wird beschuldigt, eine Flut negativer Presseangriffe auf Wärmepumpen verursacht zu haben. Wie DeSmog schreibt, soll der Verband ein Public-Affairs-Unternehmen beauftragt haben, Artikel und Interviews zu erstellen, um damit Lobbyarbeit bei der britischen Regierung zu betreiben.
Britische Medien vergleichen Wärmepumpe mit „Technologie im sowjetischen Stil“
Laut einem Bericht von DeSmog soll die Energy and Utilities Association (EUA) in den letzten zwei Jahren ein Public-Affairs-Unternehmen dafür bezahlt haben, Hunderte von Medienbeiträgen zu erstellen, um die Energiepolitik der britischen Regierung zu beeinflussen. Das Unternehmen, das von der EUA beauftragt wurde und die negative Berichterstattung vorangetrieben haben soll, soll die in Birmingham ansässige WPR Agency sein.
Negative Geschichten über elektrische Wärmepumpen sind dabei tatsächlich in Medien wie The Sun, Telegraph und The Express veröffentlicht worden. Zu sehen sind hierbei vernichtende Schlagzeilen und Vergleiche von Wärmepumpen als „Technologie im sowjetischen Stil“. Wärmepumpen wurden ebenso als „finanziell irrational“ sowie „kostspielig und laut“ kritisiert. Dabei spielen strombetriebene Wärmepumpen eine entscheidende Rolle bei der Dekarbonisierung von Heizsystemen und dem Ersatz von Gaskesseln. Gaskessel heizen etwa 85 Prozent der britischen Haushalte und sind für 15 Prozent der landesweiten Treibhausgasemissionen verantwortlich. Wärmepumpen sind somit essenziell, um den Beitrag des Heizsektors zur Treibhausgasreduktion zu leisten.
„EUA agiert als Verband der Gasindustrie“
Die EUA besteht aus über 280 Mitgliedern, die im britischen Energiehandelssektor tätig sind, mit sieben Dachabteilungen, die die Heizungs-, Warmwasser-, Versorgungs-, Gasfahrzeug- und Heizkörperindustrie repräsentieren. Die Organisation beteuert, dass sie „im Namen ihrer Mitglieder handeln würde, um die britische Dekarbonisierungspolitik zu gestalten und dabei auf Erschwinglichkeit und Versorgungssicherheit achtet“.
Michael Liebreich, Energieanalyst und Gründer von Bloomberg New Energy Finance, ist jedoch anderer Meinung. Er sagt gegenüber DeSmog: „Aufgrund ihres Namens könnte man denken, dass die Energy and Utilities Alliance sowohl Strom- als auch Gasversorger vertritt, aber das ist falsch. Es handelt sich um einen Verband der Gasindustrie, wie man an der Mitgliederliste erkennen kann.“
Ist der Plan aufgegangen?
Mike Foster, ein ehemaliger Labour-Abgeordneter und Vorstandsvorsitzender der Handelsorganisation Energy and Utilities Association, sprach in zahlreichen Medienbeiträgen über Wärmepumpen. Laut DeSmog führten die Mitglieder der Organisation rund 98 Prozent der Heizungsinstallationen im Vereinigten Königreich durch, hauptsächlich mit Gaskesseln. Die WPR Agency soll in der Kampagne versucht haben, sowohl das Image von Foster als auch von EUA zu verbessern. Passend zum Ziel der Kampagne würdigte die Agentur auf ihrer Website 32 Medienauftritte, in denen Wärmepumpen kritisiert wurden. Dabei wurde Mike Foster in „90 Prozent dieser Berichterstattungen zitiert“.
Zwei Drittel der Inhalte zu Wärmepumpen negativ
Laut DeSmogs Analyse von Google News würde das bedeuten, dass die PR-Agentur in den 23 Monaten bis April 2023 zwei Drittel der öffentlichkeitswirksamen negativen Inhalte über Wärmepumpen generiert hat. Abwegig klingt das Ganze nicht: Angesichts der nun festgelegten Ziele für den Ausstieg aus Gaskesseln in Ländern in ganz Europa haben sich Gasunternehmen im Vereinigten Königreich und in der EU in den letzten Jahren intensiv für Wasserstoff gegenüber Wärmepumpen eingesetzt – ein Modell, das ihr Geschäftsmodell am wenigsten beeinträchtigt.
WPR Agency macht Wasserstoff-Werbung für Hausheizung
Passend dazu wirbt auch die WPR-Kampagne ausdrücklich für Wasserstoff als praktikablen Brennstoff für die Hausheizung. Obwohl Wasserstoff von der Gas- und Installationsbranche bevorzugt wird, da er entlang der bestehenden Infrastruktur fließen kann, erkennen weder das UN-Klimagremium, das IPCC noch 32 kürzlich überprüfte unabhängige Studien die Relevanz von Wasserstoff bei der Dekarbonisierung.
Jedoch setzt sich auch die EUA in Berichten, Artikeln und Veranstaltungen für Wasserstoff als brauchbaren Haushaltsbrennstoff ein. Der Verband warb im Februar mit großem Engagement für die Wasserstoffwoche und nannte in seinem jüngsten Manifest aus dem Jahr 2019 die „Ökologisierung des Gasnetzes mit dem Ziel von 99 Prozent Wasserstoff vor 2050“ als oberste Priorität. Foster räumt in nur einem Beitrag vom Oktober 2021 eine begrenzte Rolle von Wärmepumpen für Häuser ein, die bereits ausschließlich mit Strom betrieben werden.
Wärmepumpen für Verringerung von Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen
„Die Leute, die sich für eine Wasserstoffheizung einsetzen, sind nicht wirklich daran interessiert, den Klimawandel zu bekämpfen – sie suchen nach einer Lebensader für die Gasindustrie!“, sagt Sarah Becker von Global Witness. Global Witness ist eine unabhängige, gemeinnützige Nichtregierungsorganisation, die sich für die Aufdeckung und Bekämpfung von Korruption, Umweltzerstörung, Menschenrechtsverletzungen und illegaler Ausbeutung von natürlichen Ressourcen einsetzt. Sie fügt hinzu: „Sie propagieren nicht nur eine falsche Klimalösung, sie arbeiten auch hart daran, die richtigen zu untergraben. Wärmepumpen werden eine wesentliche Rolle dabei spielen, unsere Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen zu verringern und unsere Häuser und Gebäude auf erneuerbare Energien vorzubereiten.“
EU: Push für Wärmepumpen, faktisches Aus für Öl- und Gasheizungen geplant