Ethereum: Die Wertpapier-Frage hat immer noch keine eindeutige Antwort
Zensur von Transaktionen, große Zentralisierung rund um einige wenige Staking-Anbieter und ein immer noch offener Status bei Regulierungsbehörden: Ethereum ist nach Bitcoin zwar die zweit größte Blockchain der Welt – doch nach dem Wechsel von Proof of Work (Mining) hin zum Konsens-Algorithmus „Proof of Stake“ haben sich neue, große Fragen aufgetan. Eine davon: Sind Ether-Token nicht eigentlich digitale Wertpapiere eines Unternehmens und nicht bloß Coins eines dezentralen Projekts?
Diese Frage trieb zuletzt auch die belgische Finanzdienstleistungs- und Marktaufsichtsbehörde (FSMA) um. Die hat nun einen Bericht zum Status von Krypto-Assets vorgelegt – und kommt zu dem Schluss, dass Bitcoin und Ethereum nicht als Wertpapiere gelten. „Wenn es keinen Emittenten gibt, wie in Fällen, in denen Instrumente durch einen Computercode geschaffen werden und dies nicht in Ausführung einer Vereinbarung zwischen Emittent und Anleger geschieht (z. B. Bitcoin oder Ether), dann gelten die Prospektverordnung, das Prospektgesetz und die MiFID-Verhaltensregeln im Prinzip nicht“, heißt es in dem Dokument.
Das bedeute aber nicht, dass für Ethereum keine Regeln gelten würden: „Wenn die Instrumente jedoch eine Zahlungs- oder Tauschfunktion haben, können andere Vorschriften für die Instrumente oder die Personen gelten, die bestimmte Dienstleistungen im Zusammenhang mit diesen Instrumenten erbringen“, so die FSMA.
Ethereum fällt nach The Merge: Möglicher Konflikt mit US-Wertpapiergesetz
Zunehmender Einfluss der USA auf Ethereum
Diese Rechtsansicht von Ethereum unterscheidet sich deutlich von der Ansicht der US-Börsenaufsicht SEC, die eher dazu tendiert, ETH nicht als digitalen Rohstoff wie Bitcoin anzusehen, sondern als Wertpapier (mehr dazu hier). SEC-Chef Gary Gensler hat bisher nur Bitcoin den Status eines Rohstoffs („Commodity“) zugestanden. Währenddessen läuft bereits seit fast zwei Jahren ein Rechtsstreit zwischen der SEC und Ripple ob der Frage, ob der XRP-Token einfach nur ein Gutschein-Token im Ripple-Netzwerk ist oder nicht eher doch ein unregistriertes und damit illegal herausgegebenes digitales Wertpapier des Unternehmens Ripple.
Ethereum nach „The Merge“ unter Proof of Stake wird zu mehr als 50 Prozent von vier Staking-Pools dominiert – Lido Finance, Binance, Coinbase und Kraken. Außerdem sehen Beobachter:innen den freien Fluss der Transaktionen eben durch diese Staking-Validatoren beeinträchtigt. Denn diese Firmen können von Behörden etwa in den USA dazu gezwungen werden, Transaktionen von bestimmten Wallet-Adressen auf einer Blacklist nicht zu verifizieren – also zu zensurieren. Konkret bedeutet es, dass 3 US-Firmen bzw. Startups (Kraken, Coinbase und Lido Finance) viel Einfluss auf Ethereum haben.
Dazu gibt es eine eigene Tracking-Seite, die zeigt, wie viel Prozent der Ethereum-Transaktionen den Vorgaben der OFAC (Office of Foreign Assets Control), also der Kontroll- und Sanktionsbehörde des Finanzministeriums der Vereinigten Staaten übereinstimmen. Der Wert liegt mittlerweile bei 77 Prozent, was ein steiler Anstieg seit September (Umstieg auf PoS) ist. Parallel dazu ist die Zahl der sanktionierten bzw. blockierten Validatoren durch Slashing auf mehr als 200 gestiegen. Auch das zeigt die steigende Einflussnahme von Behörden auf Ethereum.