Die EU will Milliarden Euro für eine europäische Cloud. Aber ist das genug?
Um zu wissen, dass Europa bei Cloud-Diensten eine ziemlich untergeordnete Rolle spielt, muss man kein Branchenkenner sein. Seit Jahren dominieren die US-Riesen den Markt, Amazon (Amazon Web Services), Microsoft und Google kommen gemeinsam auf 56 Marktanteil. Nach dem Motto „besser spät als nie“ hat die EU-Kommission in ihrer neuen Digitalstrategie nun aufgezeichnet, wie sie die Marktmacht der Datenriesen zu brechen gedenkt.
Ziel für Europa soll sein, in den nächsten Jahren „Cloud-Infrastrukturen von Weltrang zum Wohle der Allgemeinheit“ aufbauen zu wollen. Die erwartbare Erkenntnis, dass „eine kleine Zahl von Akteuren riesige Datenmengen anhäufen“, dadurch „Wettbewerbsvorteile“ hätten und „in bestimmten Fällen den freien Marktzugang beeinträchtigen“, mündet nun also in der Entscheidung, europäische Cloud-Dienste stärken zu wollen.
„Cloud-Betreiber mit Sitz in der EU haben nur einen geringen Anteil am Cloud-Markt, was die EU in hohem Maße von externen Anbietern abhängig und anfällig gegenüber Bedrohungen von außen macht sowie das Investitionspotenzial der europäischen Digitalindustrie auf dem Datenverarbeitungsmarkt schmälert“, heißt es in dem Strategiepapier. Bis 2022 soll das alles anders werden.
Cloud-Marktplatz bis Ende 2022
Geplant sind nun folgende Maßnahmen:
- Unterzeichnung von Vereinbarungen mit den Mitgliedstaaten über den Cloud-Zusammenschluss, 3. Quartal 2020
- Schaffung eines europäischen Marktplatzes für Cloud-Dienste, der das vollständige Angebot von Cloud-Diensten umfasst, 4. Quartal 2022
- Schaffung eines EU-Cloud-Regelwerks (auch zur Selbstregulierung), 2. Quartal 2022
Um eine eigene europäische Cloud aufzubauen, soll nun Geld in die Hand genommen werden, mit dem auch Initiativen der Mitgliedstaaten wie Gaia-X gefördert werden sollen. Bei Gaia-X handelt es sich um um eine Initiative der deutschen Bundesregierung, bei der auch deutsche Größen wie Deutsche Telekom, SAP, Bosch, Siemens oder das Fraunhofer-Institut mitwirken. Ziel ist, bis Ende 2020 eine Daten-Cloud in den Testbetrieb zu nehmen. Auch der österreichischen Bundesregierung schwebt vor, eine Ö-Cloud ins Leben zu rufen, damit heimische Firmen auch auf heimischen Servern speichern können.
Glaubwürdig?
Zurück aber auf EU-Ebene. Damit das Projekt, eine EU-Cloud aufzubauen, auch „glaubwürdig“ ist, will die EU-Kommission Milliarden lockermachen. Aber wie viele Milliarden sind es denn?
„Von den Mitgliedstaaten und der Industrie wird erwartet, dass sie sich an den Investitionen in das Projekt beteiligen, sodass Finanzmittel in Höhe von insgesamt 4– 6 Mrd. EUR mobilisiert werden könnten; die Kommission könnte einen Zielbetrag von 2 Mrd. EUR aus unterschiedlichen Ausgabenprogrammen finanzieren, sofern eine Einigung über den nächsten mehrjährigen Finanzrahmen erzielt wird“, heißt es in dem Strategiepapier.
Bis zu sechs Milliarden Euro also. Klingt viel, aber ist es das auch? Hier lohnt der Vergleich zu den großen Cloud-Playern, deren Vorherrschaft gebrochen werden soll. Da zeigt sich folgendes Bild: Marktführer Amazon Web Services machte 2019 das Sechsfache an Umsatz, was die EU in die europäische Cloud zu investieren gedenkt.