EU-Justizausschuss stimmt für Einführung umstrittener Upload-Filter
Der Justizausschuss der EU hat heute eine richtungsweisende Entscheidung gefällt – und für die Einführung von Upload-Filtern bei Online-Plattformen gestimmt. Der Gesetzesentwurf, der noch von EU-Kommission, EU-Rat und EU-Parlament abgesegnet werden muss, sieht vor, dass kommerzielle Online-Plattformen schon während des Hochladens neuer Inhalte prüfen müssen, ob diese urheberrechtlich geschützt sind. Damit soll verhindert werden, dass Internetnutzer Videos, Fotos oder Musik veröffentlichen, über deren Urheberrechte sie aber nicht verfügen.
Außerdem hat der Justizausschuss für die Einführung eines Leistungsschutzrechts in der EU gestimmt. Dieses bedeutet, dass News-Aggregatoren (z.B. Suchmaschinen wie Google) für die Inhalte bezahlen müssen, die sie von Nachrichten-Seiten auslesen. Google News etwa zeigt so genannte Snippets (Vorschaubild mit Schlagzeile und kurzem Anrisstext) in seinen Suchergebnissen an. Dafür wollen Medienunternehmen entlohnt werden, auch wenn sie von Google bisher mit sehr viel Traffic versorgt werden.
Sowohl Leistungsschutzrecht als auch Upload-Filter sind Teil einer großen Reform zum Urheberrecht in der EU, die den Umgang mit geschützten Werken von Musikern, Filmproduzenten, Fotografen und Medien an die Gegebenheiten des ins 21. Jahrhunderts anpassen sollen. Bei Googles Video-Plattform YouTube oder bei Facebook sind so genannte Content-ID-Systeme bereits im Einsatz. Sie versuchen automatisiert, urheberrechtlich geschützte Werke zu erkennen und gegebenenfalls bei nicht erlaubter Veröffentlichung zu löschen.
Upload-Filter in der Kritik
Allerdings sind die Upload-Filter, die im Kern urheberrechtlich geschützte Werke vor einer unerlaubten Veröffentlichung durch Dritte absichern sollen, umstritten. Wie berichtet haben Datenschutzaktivisten und prominente Vertreter von Internet-Entwickler wie WWW-Erfinder Tim Berners-Lee, Kryptografie-Legende Bruce Schneier, Internet-Pionier Vint Cerf und Wikipedia-Gründer Jimmy Wales vor diesen Upload-Filtern gewarnt. Diese würden einer „Zensur-Maschine“ gleichkommen und das Internet „von einer offenen Plattform für Sharing und Innovation zu einem Werkzeug für die automatisierte Überwachung und Kontrolle seiner Benutzer“ verwandeln.
„Im Rahmen der Reform des Urheberrechts sollen Zensurmaschinen eingeführt werden. Damit werden alle Inhalte, die du auf Online-Plattformen wie Wikipedia, TripAdvisor, Tinder, GitHub, Facebook oder ähnlichen Online-Plattformen teilen willst, automatisch einer Vorabkontrolle unterzogen und möglicherweise gesperrt, bevor sie online gehen“, heißt es seitens Thomas Lohninger vom Verein epicenter.works.
Zahnloses Leistungsschutzrecht
Auch das geplante Leistungsschutzrecht (auch oft „Link-Steuer“ oder „Lex Google“ genannt) ist nicht unumstritten. Medienunternehmen in Europa ringen mit Google schon seit Jahren um Werbeeinnahmen im Internet und wollen einen Teil des Kuchens, den der US-Internetkonzern einnimmt. Doch einzelne Vorstöße in EU-Mitgliedstaaten in punkto Leistungsschutzrecht blieben bisher erfolglos.
In Deutschland ist ein Leistungsschutzrecht (LSR) für Presseverlage bereits am 1. August 2013 in Kraft getreten. Google holte sich danach aber einfach eine Zustimmung zur weiteren Gratis-Nutzung von Snippets bei den Verlagen. Diese stimmten zu, weil sie befürchteten, Einbrüche bei den Zugriffen auf ihre Online-Portale zu erleiden, wenn Google sie nicht mehr anzeigt. In Spanien, wo ebenfalls ein scharfes Leistungsschutzrecht für Medien eingeführt wurde, hat Google einfach seinen Dienst Google News abgedreht. Der US-Konzern beharrt auf seiner Meinung, nicht für Verlagsinhalte zu bezahlen. Abzuwarten bleibt, ob ein europaweites LSR das ändern kann.