Neue EU-Kommissarin für Startups ohne Track Record
Das EU-Parlament hat heute Mittag wie erwartet das Kollegium mit 27 EU-Kommissar:innen abgenickt – damit kann die EU-Kommission unter der neuen alten Präsidentin Ursula von der Leyen am 1. Dezember ihre Arbeit für die nächsten fünf Jahre aufnehmen. Unter den neuen EU-Kommissar:innen findet sich auch die neue EU-Kommissarin für Startups, Forschung und Innovation – die Bulgarin Ekaterina Zaharieva.
Die neue EU-Kommissarin erhält von Kommissionspräsidentin von der Leyen ein umfassendes Mandat zur Stärkung der europäischen Wettbewerbsfähigkeit durch Forschung, Innovation und Technologieentwicklung. Im Zentrum steht dabei die Schaffung optimaler Rahmenbedingungen für Forscher und Innovatoren in Europa.
„Wir müssen es einfacher machen, in Europa zu wachsen“
„Der Anteil Europas an den weltweiten Patentanmeldungen ist gleich hoch wie der der USA und Chinas. Aber nur ein Drittel davon wird kommerziell verwertet. Bei der Gründung von Startups sind wir ungefähr so gut wie die USA. Aber wenn es um Scale-ups geht, schneiden wir viel schlechter ab als unsere Konkurrenten. Diese Lücke müssen wir schließen“, so von der Leyen in ihrer Rede. „Wir wissen, was getan werden muss. Ein Startup aus Kalifornien kann überall in den Vereinigten Staaten expandieren und Geld beschaffen. Aber ein Startup in Europa muss sich mit 27 verschiedenen nationalen Hindernissen auseinandersetzen. Wir müssen es einfacher machen, in Europa zu wachsen.“
Und weiter: „Aus diesem und vielen anderen Gründen wird Ekaterina Zaharieva die allererste Kommissarin für Startups, Forschung und Innovation sein. Ihre Führungsqualitäten und ihre Erfahrung werden von unschätzbarem Wert sein, wenn es darum geht, mehr bahnbrechende Technologien aus den Labors auf den Markt zu bringen.“
Unumstritten ist Zaharieva nicht. Zum einen hat sie keinen Track Record im Bereich Startups und Innovation, zum anderen wurde ihr vorgeworfen, in der Vergangenheit in korrupte Machenschaften in Bulgarien verwickelt gewesen zu sein. 2018 war Zaharieva in einen Skandal im Zusammenhang mit dem Verkauf bulgarischer Staatsbürgerschaften verwickelt. Deswegen wurde bis zuletzt spekuliert, ob sie überhaupt als EU-Kommissarin angenommen wird. Das ist aber nun geschehen.
EU-Strategie für Startups und Scale-ups als Auftrag
Ein Kernpunkt ihrer Aufgaben ist die Entwicklung eines European Research Area Act, der die „fünfte Freiheit“ – die freie Bewegung von Forschern, wissenschaftlichem Wissen und Technologie – garantieren soll. Parallel dazu soll sie eine langfristige Strategie zur Förderung der europäischen Forschungsinfrastruktur entwickeln und die nächste Generation von Forschern unterstützen.
Im Bereich Innovation liegt der Fokus auf der Ausarbeitung eines European Innovation Act zur Vereinfachung des regulatorischen Rahmens und der Verbesserung des Zugangs zu Risikokapital. Eine spezifische EU-Strategie für Startups und Scale-ups soll die Rahmenbedingungen für innovative Unternehmen optimieren.
Besondere Aufmerksamkeit gilt zudem der Entwicklung einer multidisziplinären Strategie für European Life Sciences sowie eines Advanced Materials Act. Die Kommissarin soll außerdem die Einführung von KI in der europäischen Wissenschaft vorantreiben und einen European AI Research Council etablieren.
Im internationalen Kontext wird sie die Forschungs- und Innovationskooperation stärken, dabei aber auch die Forschungssicherheit im Auge behalten. Die effektive Implementierung und Mittelvergabe aus EU-Forschungs- und Innovationsprogrammen wie Horizon Europe gehört ebenfalls zu ihren Kernaufgaben.
Die Kommissarin wird unter der Leitung der Exekutiv-Vizepräsidenten für Wohlstand und Industriestrategie sowie für Technologiesouveränität, Sicherheit und Demokratie arbeiten. Ihre Arbeit wird durch die Generaldirektion für Innovation und Forschung, das Joint Research Centre und eine Taskforce für Startups unterstützt.
Keine erkennbaren Berührungspunkte zu Startups und Innovation
Zaharieva begann ihre berufliche Laufbahn als Anwältin nach ihrem Jurastudium an der Universität Plovdiv. Ihre Karriere im öffentlichen Dienst startete sie 2003 als Direktorin der Rechts- und Verwaltungsabteilung im Umweltministerium. Anschließend stieg sie zur stellvertretenden Ministerin für regionale Entwicklung auf und wurde später Kabinettschefin und Generalsekretärin des Präsidenten der Republik Bulgarien.
In den folgenden Jahren übernahm sie mehrere hochrangige Regierungsämter: Sie war zweimal stellvertretende Ministerpräsidentin mit unterschiedlichen Zuständigkeiten (Wirtschaftspolitik und Justizreform), Ministerin für regionale Entwicklung und öffentliche Arbeiten sowie Justizministerin. Den Höhepunkt ihrer politischen Karriere erreichte sie als Außenministerin Bulgariens von 2017 bis 2021. Seit 2017 ist sie zudem Mitglied des bulgarischen Parlaments.