EU kündigt Windkraftpaket an – das sind die Vorreiter und die Staaten mit Unterstützungsbedarf
Die Präsidentin der Europäischen Kommission, Ursula von der Leyen, hat die Einführung eines neuen europäischen Windenergiepakets angekündigt. In ihrer Ansprache zur Lage der Europäischen Union am Mittwoch unterstrich sie die „zentrale Rolle“ der Windindustrie bei der Verwirklichung des EU Green Deals, wies jedoch auch auf eine Reihe besonderer Herausforderungen hin, denen sie gegenüberstehe.
Windenergie gewinnt immer mehr an Bedeutung
Die Europäische Union möchte eines der ambitioniertesten Ziele weltweit im Ausbau erneuerbarer Energien verfolgen und arbeitet weiterhin an dem Ziel, bis 2030 42,5 % ihres Energiebedarfs aus erneuerbaren Quellen zu decken.
Seit den 1980er Jahren hat die Windenergie in der Stromerzeugung Europas kontinuierlich an Bedeutung gewonnen. Im Jahr 2022 deckte die Windkraft, seit dem Bau der ersten Windparks Ende des 20. Jahrhunderts, 17 Prozent des gesamten Stromverbrauchs auf dem europäischen Kontinent.
Herausforderungen im Bereich erneuerbare Energien
Die Europäische Union wird, passend dazu, demnächst ein Maßnahmenpaket zur Unterstützung ihrer Windkraftindustrie vorlegen, vor allem auch, da Unternehmen im Bereich erneuerbare Energien mit Herausforderungen wie der Inflation zu kämpfen hätten. Ursula von der Leyen sagte am Mittwoch konkret: „Die Branche steht derzeit vor einer Mischung von Herausforderungen. Deshalb werden wir ein europäisches Windkraftpaket vorlegen – in enger Zusammenarbeit mit der Industrie und den Mitgliedstaaten. Wir werden die Genehmigungen noch weiter beschleunigen. Wir werden die Auktionssysteme in der gesamten EU verbessern. Wir werden uns auf Kompetenzen, Zugang zu Finanzmitteln und stabile Lieferketten konzentrieren.“
Welche europäischen Länder sind Vorreiter bei der Umstellung auf Windenergie?
Dänemark, Deutschland und das Vereinigte Königreich gelten als langjährige Vorreiter in der Windenergiebranche. WindEurope, ein Verein zur Förderung der Nutzung der Windenergie in Europa, erklärte gegenüber Euronews, dass Dänemark im letzten Jahr mit 55 Prozent am meisten zur Windkraft im Energieverbrauch beitrug, gefolgt von Irland (34 Prozent), dem Vereinigten Königreich (28 Prozent) und Deutschland (26 Prozent).
Deutschland würde immer noch an der Spitze stehen, wenn es um zukünftige Windenergieprojekte geht, aber andere Länder sollen aufholen: So sind Schweden und Finnland besser als Deutschland, was Onshore-Windenergie betrifft, während das Vereinigte Königreich den Markt für Offshore-Windenergie dominiert. Dieser Erfolg soll laut Paweł Czyżak, leitender Energie- und Klimadatenanalyst beim Think Tank Ember, zum Teil auf „stabile Gesetze und klare Ziele für Windenergie“ in diesen Ländern zurückzuführen sein. „Die wichtigste Lehre, die ich aus Ländern wie Dänemark, Deutschland und dem Vereinigten Königreich ziehen würde, ist, dass man eine klare und stabile Strategie und ehrgeizige Ziele haben muss. Dann richtet man alle anderen Richtlinien und Raumplanungen und Genehmigungen sowie die Netzplanung usw. darauf aus“, so Czyżak zu den Details.
Umsetzung in vielen Ländern Europas noch ausbaufähig
Er wies auf andere Länder wie Lettland hin, die zwar ein hohes Potenzial für Windkraft hätten, aber keine klaren Ziele hätten, um ihre Pläne in die Realität umzusetzen. Auch in Italien würde es Probleme geben, da das Genehmigungsverfahren den Behörden ein Vetorecht einräume. Das führe häufig zu „abgebrochenen Projekten und schaffe eine unsichere Umgebung“.
Neue Technologien in der schwimmenden Windkraft, bei denen Turbinen nicht am Meeresboden verankert sind, hätten die Möglichkeiten für mehr Windenergie in Ländern wie Portugal, Spanien und Griechenland erweitert. In der Zwischenzeit müssten Länder wie Bulgarien, Rumänien, die Tschechische Republik und Lettland „auf die Entwicklungskarte“ gesetzt werden und mehr Anerkennung erhalten, meinte Czyżak.
Zusammenarbeit zwischen Mitgliedsstaaten entscheidend
Die Schwierigkeiten, Aufmerksamkeit, Investor:innen und Finanzierung in diesen Ländern zu gewinnen, wurden von ihm besonders angesichts der „Genehmigungshürden in größeren Akteursländern“ wie Deutschland betont. Daher sei es wichtig, das „ungenutzte Potenzial in Ländern zu nutzen“, in denen es weniger Hindernisse gibt.
Entscheidend sei insbesondere, dass alle EU-Länder zusammenarbeiten, um das EU-Ziel für erneuerbare Energien bis 2030 zu erreichen. Um das zu schaffen, müsste der EU-Block „jährlich mindestens 50 Prozent mehr Kapazitäten als ursprünglich geplant einsetzen, was 31 GW anstelle der erwarteten 19 bis 20 GW bedeutet“. Das würde laut dem Experten nur dann gelingen, wenn Länder wie Estland, Lettland, Litauen, Rumänien und Bulgarien, die ihr volles Windenergiepotenzial noch nicht ausgeschöpft haben, verstärkte Anstrengungen unternehmen und vermehrt auf Offshore-Windenergie setzen.
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