Kommentar

Die EU muss Open Source von den Zwängen des AI Act befreien

Roboter auf Höhenflug. © Midjourney / Trending Topics
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Mit dem 2. Februar 2025 ist der AI Act in der EU in eine neue Stufe in Kraft getreten. Nun sind KI-Systeme mit unannehmbarem Risiko verboten, und es gibt eine Regelung, dass Personen, die mit KI-Systemen arbeiten, über die notwendigen KI-Kompetenzen verfügen müssen. Das sind sicher sinnvolle Maßnahmen, nur beantworten sie nicht die große Frage: Wie sollen Unternehmen in der EU künftig gegen die übermächtigen AIs aus den USA oder China ankommen?

Die Antwort muss lauten: Open Source. Es gibt in Europa kaum Unternehmen, die mit US- und chinesischen Anbietern mithalten können. Mistral AI tut sich schwer, in einem von OpenAI, Anthropic, Google und Co dominierten Markt Fuß zu fassen, Silo AI wurde an den US-Chip-Hersteller AMD verkauft, Aleph Alpha aus Deutschland blieb weit hinter den Erwartungen zurück, Magic und Liquid AI sind in die USA abgewandert.

Was aber europäische Unternehmen, die selbst nicht das Kapital haben, große eigene AI-Modelle zu entwickeln, nutzen können, sind Open-Source-Modelle. DeepSeek aus China hat eindrucksvoll gezeigt, wie eine Open-Source-KI den Markt komplett auf den Kopf stellen kann. Nach dem DeepSeek-Schock haben Microsoft, Amazon und Perplexity nicht lange gezögert und das unter MIT-Lizenz erschienene AI-Modell schnurstracks in ihre Angebote integriert (mehr dazu hier).

DeepSeek verdeutlicht das Potenzial

Zum Verständnis: Wer DeepSeek über die offizielle App des chinesische Unternehmens bzw. deren API verwendet, der bekommt die zensierte Version des AI-Modells. Fragen nach politisch heiklen Themen wie Taiwan, das Tian’anmen-Massaker oder die uigurische Minderheit in Xinjiang werden nicht beantwortet oder im Stile der Politböro-Propaganda beschönigt.

Jedoch: Wer DeepSeek unter MIT-Lizenz lädt, der kann das AI-Modell ohne Zensur verwenden. Perplexity hat DeepSeek R1 bereits in seine App neben Claude 3.5 Sonnet von Anthropic, GPT-4o von OpenAI, Grok-2 von xAI und Llama von Meta integriert, und siehe da: DeepSeek R1 weiß sehr wohl, dass die Uiguren in China „Opfer systematischer Unterdrückung und schwerer Menschenrechtsverletzungen“ sind.

Das müssen sich auch europäische Unternehmen zunutze machen können. Für sie muss es so einfach wie möglich sein, Open-Source-AI nutzen zu können, und zwar ohne große bürokratische Hürden. DeepSeek wird auf keinen Fall das letzte Open-Source-Modell sein, dass es mit den proprietären AI-Modellen der großen Player aufnehmen kann – es zeichnet sich bereits ab, dass noch viele weitere folgen werden. Selbst OpenAI-CEO Sam Altman sagte bereits, dass das Unternehmen „on the wrong side of history“ in Bezug zu Open Source gewesen ist.

Bitpanda-CEO Eric Demuth: „Der AI Act sabotiert die Zukunft Europas“

AI Act bietet nur Pseudo-Ausnahmen für Open Source

Eigentlich hat der AI Act ja Ausnahmen für Open Source vorgesehen. Jedoch, wie berichtet, sind diese eher schwach ausgefallen. Denn tatsächlich gibt es zwar Ausnahmen, aber nur solange man damit nicht kommerziell unterwegs ist. So heißt es im AI Act:

„For the purposes of this Regulation, AI components that are provided against a price or otherwise monetised, including through the provision of technical support or other services, including through a software platform, related to the AI component, or the use of personal data for reasons other than exclusively for improving the security, compatibility or interoperability of the software, with the exception of transactions between microenterprises, should not benefit from the exceptions provided to free and open-source AI components.“

Damit fällt dann doch wieder jedes Unternehmen (von Natur aus kommerziell unterwegs) sofort wieder unter die strengen AI-Act-Regeln und wird gleich behandelt wie alle Anbieter von proprietären AI-Modellen. Und genau das wird europäischen Unternehmen hinderlich, die selber keine AI entwickeln können, aber zumindest die Chance haben, sich Open-Source-Modellen zu bedienen.

Das ist wichtig, weil Open-Source die Chance bietet, nicht in die Abhängigkeit von OpenAI, Google, Anthropic und Co zu geraten, die AI-Modelle via API zu ihren Bedingungen anbieten. Vereinfacht gesagt ermöglichen es DeepSeek und andere Open-Source-Modelle, diese auf dem eigenen Server oder in der eigenen Cloud zu installieren und ähnliche Ergebnisse zu erzielen wie bei OpenAI und Co.

EU braucht Millionen wettbewerbsfähige AI-powered KMU

Deswegen ist die EU gut beraten, die Ausnahmen für Open-Source-AI zu erweitern und auch kommerziellen Einsatz zu ermöglichen. Das könnte natürlich mit Obergrenzen einhergehen, um Big Tech – ähnlich wie beim Digital Markets Act (DMA) oder dem Digital Services Act (DSA) – aufgrund ihrer Marktmacht strenger zu regulieren, selbst wenn sie Open-Source-Technologien nutzen.

Die EU sollte Open-Source-AI als Chance begreifen, um im globalen AI-Wettbewerb mitzuhalten und besonders kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) sowie Startups den Zugang zu dieser Technologie zu erleichtern. Denn der in Bedrängnis geratene Kontinent muss seine kleinen und mittleren Unternehmen wettbewerbsfähiger machen – sie machen 99 Prozent der Unternehmen aus und beschäftigen 66 Prozent aller Arbeitnehmer:innen im Privatsektor.

Die EU braucht nicht fünf große Big Techs wie die USA, sondern Millionen wettbewerbsfähige kleine und mittlere Unternehmen – und Open Source AI ist ein Baustein dafür.

AI Act: Die Ausnahmen für Open Source sind keine echten Ausnahmen

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