Vor EuGH

EU-Taxonomie: Klage gegen „grüne“ Atomkraft und Erdgas könnte Erfolg haben, so Rechtsexperte

Der Kampf gegen die Entscheidung zu der EU-Taxonomie könnte Erfolg haben ©Markus Spiske /pexels
Der Kampf gegen die Entscheidung zu der EU-Taxonomie könnte Erfolg haben ©Markus Spiske /pexels
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In puncto EU-Taxonomie scheiden sich die europäischen Geister. Oder vielmehr: Über den zweiten delegierten Rechtsakt, mit dem die EU-Kommission Atomkraft und Gas mit in das Taxonomie-System aufnehmen will. Dementsprechend würden diese beiden Energieformen als „nachhaltige Investitionen“ gelabelt werden. Am 31.12.2021 versendete die EU-Kommission ihre Entscheidung zu der Taxonomie-Verordnung. In dieser sprechen sie sich für eine Einstufung von Investitionen in Atomkraft und Erdgas  – zumindest befristet und behaftet mit Auflagen – als nachhaltig ein.

Deutschland: Nein gegen Atomkraft, Ja für Gas

Kürzlich endete nun der Konsultationsprozess mit den europäischen Mitgliedsstaaten. In einer Pressemitteilung gaben der deutsche Bundeswirtschafts- und Klimaschutzminister Robert Habeck (Grüne) und die deutsche Umweltministerin Steffi Lemke (Grüne) bekannt, dass sie ihre „Ablehnung zur Einbeziehung von Atomenergie“ in einer an die EU-Kommission übermittelten Stellungsnahme „noch einmal deutlich“ zum Ausdruck gebracht hätten. Die Atomenergie sei den Politiker:innen zufolge zu “ risikobehaftet und teuer“. Dabei machen sie auch bei neuen Atomenergie-Ansätzen keinen Unterschied: „Auch neue Reaktorkonzepte wie Mini-Reaktoren bringen ähnliche Probleme mit sich und können nicht als nachhaltig eingestuft werden“, so der Bundeswirtschafts- und Klimaschutzminister Habeck und die Umweltministerin Lemke.

Die befristete Einstufung von Investitionen in Erdgaskraftwerke als nachhaltig unterstützt die deutsche Bundesregierung hingegen eingeschränkt. Medienberichten zufolge, ist gerade die Einstufung von Erdgas ein Kompromiss an Deutschland. Aktuell heißt es diesbezüglich von den beiden Minister:innen, dass „Präzisierungshinweise“ übermittelt wurden. Als abschließende Empfehlung geben sie bekannt, dass „sollte der delegierte Rechtsakt unverändert bleiben und die Kommission die kritischen Stellungnahmen etlicher Mitgliedstaaten und auch unsere unberücksichtigt lassen, sollte Deutschland ihn unserer Meinung nach ablehnen.“

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Experte: Gute Erfolgsaussichten für Klage

Österreich hat sich schon bereits vor der endgültigen Entscheidung der EU-Kommission mehrmals sehr klar gegen die Atomkraft und eine nachhalte Einstufung positioniert. Auch gab die Klimaschutzministerin Leonore Gewessler (Grüne) bereits vor Monaten an, im Bedarfsfall gegen die Entscheidung zu klagen. Diesem Weg hat sich Deutschland bisher nicht angeschlossen, lediglich Luxemburg unterstützt bisher den möglichen Klageweg. Damit könnten sie Erfolg haben. So zumindest die Einschätzung des Jurists Götz Reichert, Leiter der Abteilung für europäisches Energierecht am Centrum für europäische Politik (cep). So könnte die von der EU-Kommission vorgeschlagene EU-Taxonomie Verordnung zur Atomenergie und Erdgas vor dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) keinen Bestand haben.

Wie Reichert in einem Interview mit dem ‚Tagesspiegel‚ angibt, verbiete der Europavertrag  „wesentliche Aspekte“ durch einen delegierten Rechtsakt der EU-Kommission zu regeln. Sollte es zu einer Klage von EU-Staaten gegen die EU-Taxonomie kommen, müsse der EuGH sie für „nichtig“ erklären. So können durch delegierte Rechtsakte der EU-Kommission auf Basis des Artikels 290 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) nur „unwesentliche“ Änderungen oder Ergänzungen von Rechtsakten vollzogen werden.

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Keine rechtliche Grundlage für eine solche Entscheidung

„Die Europäische Kommission konnte europarechtlich überhaupt nicht ermächtigt werden, über die politisch hochumstrittene Frage der ökologischen Nachhaltigkeit zum Beispiel von Atomkraft zu entscheiden“, erläutert Reichert im ‚Tagesspiegel‘. Über solche ,wesentlichen’ Grundsatzfragen“ könnten wenn überhaupt das Europäische Parlament und der Europäische Rat entscheiden, so der Jurist. Dieser empfiehlt daher im Falle einer Klage sich auf diese Grundlage zu berufen, statt zu diskutieren, ob die Energiequelle nachhaltig sei oder nicht oder ob die Endlagerung des Atommülls geklärt sei. Für den morgigen Dienstag kündigte Reichert im Tagesspiegel auch die Veröffentlichung einer Studie zu dem Sachverhalt an.

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