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FAQ: Wie gut wird die EU-Urheberrechtsreform funktionieren?

Das EU-Parlament in Straßburg © Pixabay
Das EU-Parlament in Straßburg © Pixabay
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Das Urheberrecht ist in die Jahre (15!) gekommen und muss an moderne Gegebenheiten (wie das Internet) angepasst werden. Das ist zusammengefasst der Grundkonsens der von der EU eingeleiteten Urheberrechtsreform, die nach langen Verhandlungen nun zu einem Ergebnis kommt. An den Details scheiden sich allerdings nach wie vor die Geister. Konkret sorgen zwei Artikel wechselweise für Jubel, Wut und Warnungen.

Artikel 11 bringt ein strenges Leistungsschutzrecht, das die Verwendung von geschützten Werken oder Teilen davon ohne Zustimmung des Urhebers untersagt. Artikel 13 wiederum verpflichtet Online-Dienste dazu, Inhalte wie Videos bereits beim Upload auf Urheberrechtsverletzungen zu prüfen und könnte umstrittene Upload-Filter mit sich bringen.

Ab wann gilt die Urheberrechtsreform?

Genau genommen, ist sie noch nicht einmal beschlossen. Das wird erst für März oder April erwartet, wenn das EU-Parlament über die Verordnung abstimmt. Vize-Kommissionspräsident Andrus Ansip gab am Mittwoch eine Einigung zwischen dem EU-Parlament, den Mitgliedstaaten und der Europäischen Kommission bekannt. Der Zeitpunkt des Inkrafttretens des neuen Urheberrechts ist noch komplett unklar. Die Reform wird von der EU als Richtlinie herausgegeben, muss also noch in nationales Recht umgesetzt werden. Dafür gibt es üblicherweise eine Frist, die nicht selten ein bis zwei Jahre beträgt.

Kommen jetzt wirklich die berüchtigten Upload-Filter?

Theoretisch ja. Auch wenn die EU nicht ausdrücklich vorgibt, dass es Content-Filter geben muss, die urheberrechtlich geschütztes Material erkennen und blocken können, wird es in der Praxis darauf hinauslaufen. Denn Plattform-Betreiber werden dazu verpflichtet, Copyright-geschütztes Material erkennen und noch vor dem Upload zu löschen. Bei großen Plattformen wie YouTube und Facebook sind solche Content-ID-Systeme bereits im Einsatz (und ziemlich teuer). Andere kleinere Plattformen werden sich überlegen müssen, wie sie urheberrechtlich geschützte Inhalte erkennen können. Entweder kaufen sie sich die Technologie zu, oder sie finden einen anderen verlässlichen Weg.

Wird man überhaupt noch GIFs und Memes sharen können?

Ja, heißt es aus Brüssel. Das kostenlose Hochladen und Teilen von Werken als Zitat, zur Kritik, Karikatur oder Parodie soll weiter möglich sein.

Für wen gelten Upload-Filter und Leistungsschutzrecht?

Die EU nimmt mit den beiden Artikeln vor allem große Plattformen ins Visier, die durch Werbung Geld mit den Werken von Künstlern oder Journalisten verdienen. Konkret geht es also um Anbieter wie Google oder Facebook, aber natürlich sind auch alle anderen Internet-Plattformen, die mit Content arbeiten (z.B. Soundcloud, Spotify, Reddit, Twitter) davon betroffen.

“Mit dem Richtlinienentwurf soll sichergestellt werden, dass mehr Geld an Künstler und Journalisten als an die Aktionäre von Google geht. Dies ist eine Mittelübertragung, die sich immer positiv auf die Arbeitsplätze auswirkt”, heißt es dazu aus Brüssel.

Gibt es Ausnahmen für Startups?

Für Startups sieht die EU eine Ausnahme vor. Nämlich dann, wenn ein Unternehmen jünger ist als drei Jahre, weniger Umsatz macht als zehn Millionen Euro pro Jahr und weniger als fünf Millionen Nutzer pro Monat hat. Der Haken: Es müssen alle drei Kriterien erfüllt sein und zumindest das erste ist wohl recht schnell gesprengt (Trending Topics berichtete).

Ist das das Ende von Google News und News-Auszügen auf Facebook?

Die EU sagt nein, nicht notwendigerweise. Kurze Auszüge dürfen weiterhin, auch ohne Zustimmung des Urhebers, verwendet werden. Konkret schreibt die EU von “sehr kurzen Auszügen” oder “einzelnen Wörtern”. Vor allem Google sieht das Thema naturgemäß kritischer. Man habe nicht vor, Medien für die Darstellung von Auszügen zu bezahlen, stellte Google bereits wiederholt klar. Außerdem sei mit drastischen Zugriffseinbußen zu rechnen, weil bei einer knapperen Darstellung eben weniger geklickt werde.

Funktioniert das LSR überhaupt?

Welche Auswirkungen das Leistungsschutzrecht auf Angebote wie Google News hat, könnte stark von der jeweils nationalen Umsetzung der Mitgliedsstaaten abhängen. Dort entscheidet sich nämlich, ab welcher Länge ein Auszug gebührenpflichtig sein soll. Spanien und Deutschland haben sich bei ähnlichen Ansätzen bereits die Finger verbrannt. In Spanien wurde Google News abgedreht (auf Kosten kleinerer Verlage, die seither weniger Zugriffe auf ihre News-Seiten bekommen), und in Deutschland haben Verlage rund 8 Millionen Euro für das LSR ausgegeben, von Google bis dato aber 0 Euro bekommen.

Google drohte bereits damit, dass Online-Medien 45 Prozent der Google-Zugriffe wegfallen würden, wenn es nur mehr wenige Wörter und keine Bilder aus den Schlagzeilen verwenden darf (Trending Topics berichtete).

Wer findet das Leistungsschutzrecht eigentlich gut?

Auch inmitten der vielen Kritik gibt es natürlich auch Befürworter eines Europa-weiten LSR. Das oberösterreichische Startup Newsadoo etwa, das selbst einen News-Aggregator betreibt, findet das LSR positiv. “Das Leistungsschutzrecht gibt den Verlagen die Möglichkeit, mehr Selbstbestimmung zu bekommen und Einzelnen zu untersagen, mit ihren Werken Geld abzuschöpfen”, heißt es seitens Newsadoo.

Gibt es noch eine Chance auf Änderung der umstrittenen Artikel?

Theoretisch könnte das EU-Parlament die Urheberrechtsrichtlinie noch kippen. Das Parlament ist allerdings die letzte abstimmende Instanz und hat sich bereits jetzt in zähen Verhandlungen mit Kommission und Mitgliedsstaaten auf einen Text geeinigt. Dass die Abstimmung im März oder April positiv ausfällt, ist also wahrscheinlich. Änderungen in Details kann es aber noch bei der Umsetzung der Richtlinie in nationale Gesetze geben.

Könnte die Urheberrechtsreform negative Folgen haben?

Viele warnen vor den Upload-Filtern („Gefahr für die Meinungsfreiheit, Zensur!“) und dem LSR („weniger Traffic für Publisher!“). Doch in Brüssel gibt man Entwarnung. „Zum Beispiel behaupteten Telekommunikationsunternehmen, dass Telefonrechnungen als Folge von Roaming-Obergrenzen explodieren würden. Die Tabak- und Restaurantlobbies behaupteten, die Menschen würden aufgrund des Rauchverbots in Bars und Restaurants aufhören, in Restaurants und Bars zu gehen. Banken erklärten, sie müssten die Kreditvergabe an Unternehmen und Menschen einstellen, da die Gesetze strenger seien und die Duty-Free-Lobby behauptete sogar, Flughäfen würden infolge des Auslaufens des Duty-Free-Shoppings im Binnenmarkt geschlossen. Nichts davon ist passiert“, heißt es seitens eines EU-Sprechers.

Wie geht es jetzt weiter?

Im März oder April soll das EU-Parlament über die Reform abstimmen, der Ausgang ist nicht sicher. Was sicher ist: Bis zur Abstimmung wird die Lobby-Schlacht ordentlich weiter gehen.

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