EU-Waldschutzgesetz: Umweltschützer:innen orten Lücken „riesig wie die brandgerodeten Löcher im Amazonas“
Nach einem Sommer voller brennender Wälder in ganz Europa schauen Waldschützer:innen diese Woche ganz genau in Richtung EU-Parlament. Denn diese Woche steht eine Verordnung über entwaldungsfreie Produkte zur Debatte (Montag) bzw. zur Abstimmung (Dienstag). Die EU-Verordnung hat generell zum Ziel, dass es neue Vorschriften zur Bekämpfung der von der EU verursachten Entwaldung gibt. Der Hebel sollen Unternehmen sein, sie könnten bezüglich Holz eine neue Sorgfaltspflicht aufgebrummt bekommen.
Konkret steht zur Debatte, dass Firmen in der EU dazu verpflichtet werden sollen, zu überprüfen, dass die in der EU verkauften Waren nicht auf zuvor abgeholzten oder geschädigten Flächen hergestellt wurden. Es wird auch erwartet, dass Unternehmen nachweisen müssen, dass diese Waren in Übereinstimmung mit den Menschenrechtsbestimmungen in internationalen Abkommen hergestellt werden und die Rechte der indigenen Völker respektieren. Bedeutet unterm Strich also einen großen Mehraufwand für Firmen, die mit Holzprodukten aller Art ihr Geschäft machen.
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Eu konsumiert sehr viel Holz
Die EU ist ein sehr relevanter Treiber der Entwaldung. Laut EU-Parlament gingen zwischen 1990 und 2020 weltweit 420 Millionen Hektar Wald verloren – das ist eine Fläche größer als die EU. durch Entwaldung verloren gegangen sind. Schätzungen der The Food and Agriculture Organization (FAO) der UNO soll der EU-Verbrauch etwa 10 % der weltweiten Entwaldung ausmachen. Bereits 2020 hat das EU-Parlament die Kommission aufgefordert, neue Rechtsvorschriften vorzulegen, um die von der EU verursachte weltweite Entwaldung zu stoppen.
Umweltschutz-NGOs weisen aber schon seit Monaten darauf hin, dass dieses geplante EU-Waldschutzgesetz Lücken hat. Greenpeace ortete Schlupflöcher im Entwurf so „riesig wie die brandgerodeten Löcher im Amazonaswald“ und trat in einer Kampagne für strengere Regeln auf. Auch die NGO Südwind macht aktuell mobil. „Das EU-Waldschutzgesetz ist die einmalige Gelegenheit für eine echte Trendwende, um die weltweite Entwaldung zu stoppen. Damit Waldzerstörung und Menschenrechtsverletzungen aus unseren Regalen verbannt werden, müssen Supermärkte in die Verantwortung genommen werden“, so Joachim Raich, Südwind-Experte für Waldschutz, in einer Aussendung. „Die Position von Bundesminister Totschnig droht das wichtige EU-Waldschutzgesetz zur Unbrauchbarkeit zu verwässern.“
Südwind fürchtet, dass Supermärkte und große Handelskonzerne von Sorgfaltspflichten ausgenommen werden könnten. Aus einer Anfragebeantwortung durch den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Regionen und Wasserwirtschaft Norbert Totschnig geht hervor, dass das Ministerium lediglich eine „Sorgfaltsverpflichtung auf das erstmalige Inverkehrbringen bzw. den Import in den Binnenmarkt“ vertreten wird, nicht aber für jene Unternehmen, die später in der Kette kommen – also eben etwa Supermärkte oder Möbelhäuser. Diese sollen nur verpflichtet werden, „über die entsprechenden Referenznummern zu den erfolgten Sorgfaltspflichten zu verfügen“.
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