Euro/Dollar-Parität spiegelt die Schwäche Europas wider
Wer heute morgen die Währungsrechner im Internet anwirft, der kann sehr schnell feststellen: Die berühmt-berüchtigte Dollar-Euro-Parität ist erreicht. Seit 2022 ist es nicht mehr passiert, aber im Wechselkurs ist 1 Dollar nun wieder 1 Euro wert und umgekehrt. Das war 20 Jahre nicht so – da war 1 Euro immer mehr wert als 1 Dollar. Zu Bestzeiten im August 2008 bekam sogar 1,6 Dollar je Euro.
Doch seither hat sie die Lage gekehrt, und im Euroraum muss man bitterlich anerkennen, dass der Dollar weiter die starke Währung ist, während der Euro schwächelt und eine Weichwährung ist. Das betrifft aber nicht nur den Euro. Auch der britische Pfund hat gegenüber dem Dollar stark verloren. Daraus lesen viele eine besondere Stärke der US-Wirtschaft und eine Schwäche der EU.
Der Euro war aber auch schon mal viel weniger wert, und zwar in den Jahren 2001 und 2002, als der Euro nur als Buchgeld verfügbar war und die Einführung als Bargeld noch bevorstand. Erst danach konnte die neue Währung Vertrauen gewinnen, und der Kurs gegenüber dem Dollar stieg kontinuierlich. Reisenden kam das damals entgegen, da konnte man in den USA gefühlt günstiger einkaufen. Bis zur Finanzkrise 2008 stieg der Euro ordentlich.
Inflation und Ukrainekrieg
Nun steht die Entwicklung der immer noch zweitwichtigste Reservewährung der Welt unter anderen Vorzeichen. Der wichtigste Unterschied zu 2002 ist, dass derzeit die Inflation in der Eurozone grassiert wie schon lange nicht mehr. Die Inflationsrate lag im Juni bei 8,1 Prozent, und angesichts der dramatischen Entwicklungen an den Energiemärkten mit enormen Preissteigerungen für Gas mit Effekten auf die Produktion ist bis Jahresende kaum mit Besserung zu rechnen.
Mit Spannung erwartet wird die nächste Sitzung der EZB. Wobei, Spannung. Mittlerweile ist klar, dass die Zinswende eingeleitet werden wird. Bei der nächsten Sitzung der EZB ist am 21. Juli mit einer moderaten Zinserhöhung um 0,25 Punkte zu rechnen. Zu spät, sagen viele. Die US-Notenbank Federal Reserve hat bereits viel früher reagiert, dort wurde die Zinswende bereits eingeleitet. Zwar mit herben Folgen für die Aktienmärkte (v.a. zukunftsorientierte Tech-Werte fielen stark), jedoch kann der US-Dollar seine Stärke gegenüber dem Euro behaupten.
„Energie als Waffe“: Europa bereitet sich angstvoll auf den 21. Juli vor
Eurokurs kann weiter sinken
Währenddessen ist in Europa kaum abzusehen, wie lange der Ukrainekrieg am Kontinent noch dauert und wie intensiv der Energiekrieg Russlands, der sich vor allem gegen den europäischen Wirtschaftsmotor Deutschland richtet, werden wird. Mittlerweile bereitet man sich auf einen kompletten Gasstopp vor – und rechnet mit vielen Arbeitslosen, Wohlstandsverlust. Das Gebot der Stunde: Energiesparen, wo geht, um möglichst viel in den harten Winter zu retten. Zuletzt musste Deutschland zum ersten Mal seit vielen Jahren ein Defizit im Außenhandel eingestehen.
Wie sich der Euro-Kurs weiter entwickeln wird, hängt damit von den wesentlichen Faktoren Inflation, Russland und deutscher Wirtschaft ab. Die Parität könnte dabei noch nicht das Ende sein. Analyst:innen der Deutschen Bank etwa halten einen Kurs von 0,95 bis 0,97 Dollar dieses Jahr noch für möglich.