Europa droht eine satte Rezession
Gerade wollte die Wirtschaft aus der COVID-Krise hinaus beschleunigen, da schlägt bereits die nächste Krise zu. Mit satten Inflationsraten (7,5 Prozent im Euroraum, 7,2 Prozent in Österreich, 7,4 Prozent in Deutschland) steigen die Preise (v.a. für Energie), beschleunigt durch den Ukrainekrieg, dramatisch. In Österreich können zwölf Prozent der Haushalte die Fixkosten nicht mehr decken, 62 Prozent sorgen sich um ihre finanzielle Zukunft, 91 Prozent schränken sich im Alltag ein (mehr dazu hier).
„Stagflation“ (eine Kombination aus Stagnation und Inflation) hat als Schlagwort bereits die Runde gemacht – und jetzt sprechen es immer mehr noch deutlicher aus: Es droht sogar eine Rezession in Europa. „Sicherlich sehen wir eine große Rezession im Entstehen, aber das ist genau das, was wir sehen – sie ist im Entstehen. Es gibt immer noch einen Nachfrageüberhang aufgrund der COVID-Krise, die wir gerade hinter uns lassen“, so Stefan Hartung, CEO des deutschen Maschinenbau- und Technologieriesen Bosch, gegenüber CNBC.
Noch gibt es also in manchen Bereichen steigende Nachfrage nach Produkten und Dienstleistungen – und verzögerte Lieferketten (Beispiel Shanghai) sorgen dafür, dass die Nachfrage nicht überall komplett befriedigt werden kann. Das merkt man etwa bei langen Wartezeiten für E-Bikes oder Elektroautos. Doch zusätzlich zu den Problemen auf Seiten des Angebots kommt nun bereits eine Nachfragekrise dazu – eben weil Konsument:innen sich immer mehr Dinge nicht leisten können oder wollen und ihre Ausgaben einschränken.
Durchblicker: Acht von zehn Haushalte spüren Rekord-Inflation bereits
Leitzinserhöhung in Europa kommt erst
„Das bedeutet, dass für eine gewisse Zeit die Nachfrage noch da sein wird, auch wenn die Zinsen und die Preise steigen, aber irgendwann wird es nicht nur eine Angebots-, sondern auch eine Nachfragekrise geben, und dann befinden wir uns mit Sicherheit in einer tiefen Rezession“, so Hartung weiter. In punkto Zinsen hat die US-Notenbank Federal Reserve bereits reagiert – die Anhebung des US-Leitzinses hat erst in der Nacht auf Freitag Aktien- und Krypto-Kurse auf eine ordentliche Talfahrt geschickt (Trending Topics berichtete).
Derweil hat die Europäische Zentralbank (EZB) aus verschiedenen Gründen gezögert, ebenfalls den Leitzins im Euroraum zu erhöhen und damit die ultralockere Geldpolitik der letzten Jahren zu beenden. Grund dafür war unter anderem, um die Banken vor einer so genannten Inversion der Zinsstrukturkurve zu schützen. „Die Banken machen ihr Geschäft mit der Fristentransformation: Sie nehmen kurzfristig Geld von Einlagen und vergeben es langfristig als Kredite. Wenn sie kurzfristig einen hohen Zins zahlen müssen und langfristig einen niedrigen Zins bekommen würden, dann wäre ihr Geschäftsmodell tot“, so Fabio Rumler, Lead Economist in der Abteilung für volkswirtschaftliche Analysen der Österreichischen Nationalbank.
Längerer Bärenmarkt erwartet
Deswegen müssen zuerst die Ankaufprogramme der EZB (APP, kurz für Asset Purchase Programme) auslaufen, erst dann kann der Zins erhöht werden. Das wird nun für Juli oder August erwartet, konkrete Aussagen seitens EZB gibt es nicht. Würde sich die Anhebung des Euro-Leitzinses ähnlich auswirken wie die des US-Leitzinses, dann könnte man an den Märkten wiederholt größere Verwerfungen sehen. Weiterhin geht der Krieg in der Ukraine weiter, während europäische Staaten verzweifelt versuchen, Ersatz für bisher günstiges russische Öl und Gas zu finden.
Aktienexperte Frank Fischer spricht im aktuellen Interview mit „Die Presse“ bereits von einem Bärenmarkt, er würde sich auf Turbulenzen bis Mitte des nächsten Sommers 2023 einstellen. Laut Agenda Austria würde die österreichische Wirtschaft bei einem Gasstopp aus Russland bestenfalls stagnieren, in zwei anderen, negativeren Szenarien aber in eine Rezession kippen.
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