Kommentar

Geldschwemme: Europa droht der Scale-up-Ausverkauf

Sold out! © Claudio Schwarz on Unsplash
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Startup-Europa im Freudentaumel. Jeden Tag können wir über neue Mega-Investments in Startups, Scale-ups und Tech-Firmen berichten, üblicherweise begleitet von viel Social-Media-Jubel. Klarna, Revolut, Trade Republic, Celonis, Bolt, und so weiter und so fort – die Unicorns und Dekacorns sprießen allerortens (auch in Österreich) und lassen Investoren schon mal die Hände reiben angesichts der zu erwartenden Börsengänge.

Doch sind die vielen Milliarden, die in den Markt fließen und 2021, das weiß man jetzt schon, zu einem neuen Rekordjahr machen werden, uneingeschränkt zu begrüßen? Aus mehreren Gesprächen weiß ich (jaja, der Schlagzeilen-gierige Journalist), das sich immer mehr Branchenbeobachter um einen Tech-Ausverkauf Europas fürchten. Droht die Gefahr, dass Europa nächste Innovationswelle weg gekauft wird, fragte ich kürzlich Gründerin Magdalena Hauser im Interview. Ihre präzise Antwort: Ja.

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Tiger Global und Co. im Anmarsch

Wenn man sich die großen Finanzierungsrunden in Europas führende Tech-Newcomer ansieht, dann fallen immer wieder die selben Namen: Peter Thiel, Goldman Sachs, Softbank, Silver Lake, Sequoia Capital, Tiger Global, Mubadala Investment, Sequoia, Blackstone, Blackrock, TCV, Tencent, Target Global, Coatue, und so weiter und so fort. Sicher sind auch viele europäische Geldgeber an Bord, aber der Trend zeigt deutlich in eine Richtung: Ohne massive Kapitalspritzen aus den USA und auch aus Asien geht gar nichts mehr.

Der Trend hat sich schon seit 2018 abgezeichnet und dann verschärft. Europas Tech-Startups und -Scale-ups sind vermehrt das Ziel der ganz großen internationalen Investment-Firmen geworden. 2020 hatten bereits 42 Prozent aller Deals zumindest einen US-amerikanischen oder asiatischen Investor an Bord, zeigt der State of European Tech-Report für 2020. Immer noch mehrheitlich europäisch, möchte man meinen.

Ja, aber. Denn wenn man die großen Runden (+100 Millionen Dollar), dann kommt das Gros des Kapitals aus Nordamerika (ca. 44 Prozent), während Europa maximal 40 Prozent stemmt. Bei den ganz großen Runden kommt fast mehr Geld aus Asien als vom eigenen Kontinent. Wie die Balken und Graphen sich 2021 weiter entwickeln werden, lässt sich bereits erahnen.

Hart gesagt steht Europa einem Innovations-Ausverkauf. Internationale Investoren mit dicken Schecks können sich die Perlen am Markt kaufen, weil europäische Investoren mit ihrer Kapitalkraft bei weitem nicht mithalten können. Zwar gibt es in europäischen Ländern FDI-Screenings (a.k.a. Investitionskontrollen), die Deals verhindern können – viel davon hat man bisher am Markt aber noch nicht mitbekommen.

Schwachstelle Kapitalmarkt

Und das ist die Krux der Sache. Auf der einen Seite sind Gelder aus den USA, dem Mittleren Osten oder China manchmal kritisch zu sehen oder gar abzulehnen (so entschieden sich schon so manche Gründer gegen Softbank, weil da ziemlich viel Ölgeld aus Saudi-Arabien drin steckt); auf der anderen Seite gibt es in Europa (eigentlich ein reicher Kontinent) kaum Alternativen, um die ganz großen Runden von 100 Millionen oder mehr zu stemmen.

Hier lautet die Botschaft an die Politik: Wer ein Investitionskontrollgesetz in den Markt einführt, der muss auch Maßnahmen setzen, damit ein lebendiger und potenter Kapitalmarkt entstehen kann. Sonst bleiben die Kapitalspritzen aus Übersee und Fernost alternativlos.

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